Politik
Um die systematische Zerstörung der Ozeane zu verhindern, müssen wir uns gemeinsam dafür entscheiden.
Jeder für sich und alle zusammen als Teil von Politik und Wirtschaft.
Startschuss für Nature Restoration Law: Bedrohte Natur retten, Lebensqualität steigern
Pressemitteilung, NABU, 14. August 2024
Krüger: Konkrete Maßnahmen in der Hand der Bundesländer / Bestehende Gesetze dürfen Fortschritte nicht zunichtemachen
Berlin – Am kommenden Sonntag (18. August) tritt das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law) in Kraft. Das Gesetz soll Ökosysteme wie Moore, Wälder und Auen wieder in einen guten Zustand bringen und eine Trendwende beim Artenschwund einleiten. Inmitten der Natur- und Klimakrise weckt der Start des Gesetzes große Hoffnungen. Damit es zum Erfolg wird, sind nun vor allem die Bundesländer gefragt.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Von heute an kann sich vieles zum Positivem wenden, was in den vergangenen Jahren verloren ging: Stark gefährdete Feldvögel wie Braunkelchen oder Kiebitz wären wieder häufiger in der Landschaft zu sehen. In Deutschland selten gewordene Schmetterlingsarten wie der Rote Würfel-Dickkopffalter oder der Mauerfuchs könnten wieder häufiger über unsere Wiesen fliegen. Auch wir selbst profitieren direkt von einer lebendigeren Biodiversität: Mehr Stadtnatur schützt uns vor Hitzewellen, freier fließende Flüsse puffern drohende Hochwasser ab, vielfältige Bestäuber sichern unsere Lebensmittelproduktion – allesamt gute Gründe, die Wiederherstellung unserer natürlichen Lebensräume entschieden anzupacken!“
Was muss jetzt konkret geschehen? Laut NABU müssen einerseits konkrete Maßnahmen zur Renaturierung eingeleitet werden – etwa die Wiedervernässung von Mooren oder der Anschluss abgetrennter Flussaltarme. Andererseits braucht es eine nachhaltigere Nutzung von Wäldern, Feldern und Meeren. So vielfältig wie die Arten und Ökosysteme müssen dabei auch die Pläne und Strategien zur Wiederherstellung der Natur sein. Verantwortlich sind hierbei besonders die Bundesländer. Aber auch die Bundesregierung ist bei der Umsetzung in der Pflicht und muss ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stellen.
Gleichzeitig dürfen bestehende Gesetze und andere politische Instrumente den Zielen des EU-Gesetzes nicht entgegenstehen, warnt Krüger: „Mit Sorge blicken wir auf die Zerstörung von Riffen durch nicht benötigte LNG-Terminals oder die Abschwächung von Naturschutzstandards bei der Agrarförderung. Hier braucht es dringend ein Umdenken und Umlenken, damit Fortschritte des Naturschutzes nicht an anderer Stelle wieder zunichte gemacht werden.“
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Die Nature Restoration Law konnte nun nach langen Verhandlungen endlich in Kraft treten. Doch trotz des neuen EU-Gesetzes drohen den Meeren vor unserer Küste weiterhin ernsthafte Gefahren, wie der Bau neuer LNG-Terminals oder die Festlegung überhöhter Fangquoten.
CCS-Gesetz: Mit der Ampel in den Klima-Jurassic Park
Pressemitteilung, BUND, 29.05.2024
Zum Beschluss der Novelle des CCS-Gesetzes (KSpG) erklärt Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND):
„Heute knallen die Korken bei Shell, Exxon, Wintershall DEA, Equinor und Co: Die Koalition serviert ihnen mit dem heutigen Beschluss des CCS-Gesetzes ein flächendeckendes Kohlendioxid-Pipelinenetz und Klimamülldeponien unter dem Meer und an Land. So können Kraftwerke und die großen Industriekonzerne auch über 2045 hinaus Erdgas und Erdöl einsetzen. Genau dafür lobbyieren die internationalen Petrostaaten und -konzerne seit vielen Jahren. Der Beschluss der Ampel bestätigt ihren Erfolg. Die Energiewende wird ausgehebelt. Der Ausstieg aus den fossilen Energien, für den sich Deutschland noch auf der Weltklimakonferenz stark eingesetzt hat, ist plötzlich massiv gefährdet.
Ausgerechnet die klimazerstörende Gasindustrie wird im neuen CCS-Gesetz ermächtigt, im ganzen Land eine invasive Kohlendioxid-Entsorgungsinfrastruktur zu errichten. Die Nordsee, das Weltnaturerbe Wattenmeer sowie Wälder, Moore und Wiesen sind von neuer Industrialisierung bedroht. Dabei ist CCS eine gefährliche Scheinlösung, ein Bluff aus der Trickkiste der internationalen Öl- und Gaskonzerne, um den Ausstieg aus fossilen Energien und echte Lösungen zu verhindern. Mit CCS werden die Klimaziele unerreichbar.
Aus Sicht des BUND muss die Industrie ihre Verfahren elektrifzieren oder auf grünen Wasserstoff umstellen. In der Strom- und in der Wärmeerzeugung brauchen wir die Umstellung auf 100% Erneuerbare. Gleichzeitig müssen die Müllmengen reduziert und alternative Baustoffe entwickelt werden statt den Planeten mit immer mehr fossilem Plastik und Betonwüsten zu belasten.
Der BUND wird die besorgniserregende Entwicklung sowie die Entscheidungen des Gesetzgebers beobachten. Wir behalten uns weitere Schritte vor.“
Hintergrund
Der BUND kritisiert…
- die Bundesregierung dafür, dass sie den Paradigmenwechsel der CO2-Deponierung statt CO2-Reduktion trotz aller Evidenz vollzieht, dass in den entscheidenden kommenden Dekaden mit CCS kein mengenmäßig relevanter Beitrag zu den Klimazielen möglich ist
- dass im Gesetzesentwurf eine vollumfängliche Deregulierung von CCS umgesetzt wird. Alle Industriekunden können demnach einen Anschluss an die CO2-Pipeline haben. Womöglich wird sogar ein Anspruch darauf konstruiert („ein Netz das … grundsätzlich für die Versorgung jedes Kunden offensteht “ – KSpG, §3 Nr.5b). Der Import und Transit von CO2 aus jeglicher Quelle, auch aus der Kohleverstromung anderer Staaten, wird ermöglicht.
- die Einigung der Bundesregierung scharf, CCS für Gaskraftwerke sowie für die Energieerzeugung z.B. in der chemischen Industrie ermöglichen zu wollen. Die Abhängigkeit von fossilen Brenn- und Rohstoffen wird dadurch zementiert. So wird der Gasausstieg massiv gefährdet, die Energiewende ausgebremst.
- dass die Einstufung von Emissionen aus der Müllverbrennung als unvermeidbar eingestuft werden. Der BUND warnt, dass mit CCS für Bioenergie (BECCS) der Verwertungsdruck auf Wälder durch Holzverbrennung im industriellen Maßstab unkalkulierbar erhöht würde.
- dass CO2-Leitungen fälschlich ein öffentliches Interesse zuerkannt wir (z.B. für Enteignungen) und die in der Novelle angelegte Beschneidung von Beteiligungs- und Klagerechten.
- die inadequaten Sicherheitsregeln für CO2-Transportleitungen. Die Bevölkerung in USA protestiert bereits erfolgreich gegen solche Kohlendioxid-Leitungen.
- den Verzicht auf unabhängige Überwachung der CO2-Deponien und ungenügende Haftungsregeln. Faktisch bedeutet der Kabinettsbeschluss eine gravierende Lastenverschiebung auf künftige Generationen.
- dass es ein massiv zerstörerischer Eingriff in die Natur mit unkalkulierbaren Folgen für marines Leben, Grundwasser und Klima ist, wenn Millionen oder gar Milliarden Tonnen CO2 mit Beimischungen aus Industrieabgasen in Meeresböden oder Gesteinsschichten an Land gepresst werden. Die geplante Ratifzierung der aus der Zeit gefallenen Beschneidung des Meeresschutzabkommens (London Protokoll) von 2009 für CCS ist falsch.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim BUND.
Trotz des notwendigen Wandels hin zu erneuerbaren Energien setzen Ölkonzerne wie Shell und Exxon weiterhin auf fossile Ressourcen – und das mithilfe von CCS, einer Technik, die ihre Geschäftsmodelle künstlich am Leben erhält. Der BUND hat sich bereits 2022 entschieden gegen CCS ausgesprochen. Auch wir von DEEPWAVE kritisieren im Text „Unter die Erde kehren“ von unserem Gastautor Nico Czaja eindringlich, wie sehr diese vermeintliche „Lösung“ den dringend nötigen Ausstieg aus fossilen Energien behindert.
Jahrzehntelang vernachlässigter Meeresschutz rächt sich
Pressemitteilung, 29.05.2024, Pressemitteilung NABU
Krüger: Weitere Übernutzung der Meere verstärkt Klima- und Biodiversitätskrise
Berlin – Das Bundeskabinett befasst sich heute mit der Änderung des Kohlenstoffspeicherungs- und Transport-Gesetzes (KSPTG). Dies soll erstmals die Kohlenstoffspeicherung (CCS) auf dem Festlandsockel und der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) auf dem Meer sowie den internationalen Transport ermöglichen. Der NABU erkennt an, dass technische Lösungen beim Umgang mit unvermeidbaren Restemissionen eine Rolle spielen, warnt jedoch zugleich vor den ökologischen Folgen.
“Der Änderungsantrag zum KSPTG und die begleitende Carbon Management Strategie versäumen es, sich mit dem schon heute schlechten ökologischen Zustand unserer Meere und die mit dem Ausbau der CCS-Infrastruktur einhergehenden Risiken für die marine Biodiversität auseinanderzusetzen”, kritisiert NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. “Das ist ein weiterer Schritt in Richtung ‘Industriepark Nordsee’, also einer zunehmenden Ausbeutung des Meeres als Rohstoffquelle, Deponie und Energiepark”.
Laut NABU hat es die aktuelle Bundesregierung verpasst, nutzungsfreie Zonen in Meeresschutzgebieten zu etablieren und damit die Meere als wichtigste Kohlenstoffsenke zu stärken. Auch das Potenzial durch die Wiederherstellung und der Schutz natürlicher Senken wie Algenwälder, Seegras- und Salzwiesen bleibt ungenutzt. Das aber wäre die notwendige Voraussetzung für eine verantwortungsvolle nationale Carbon Management Strategie. Jetzt rächt sich das jahrelange Zögern in der Meeresschutzpolitik.
„Eine weitere Übernutzung der Meere steht den Zielen von Netto-Null und gesunden, artenreichen Meeren gegenüber und verstärkt die Biodiversitäts- und Klimakrise noch weiter”, so Krüger.
Zusätzlich zu Offshore-Windenergie und LNG-Infrastruktur drängt mit CCS ein weiterer technischer Faktor der Energie- und Industrietransformation in den längst stark übernutzten deutschen Meeresraum. Im Ergebnis darf aber eine politische Entscheidung für CCS, die mit weiteren Umweltbelastungen einhergeht, nicht die Umweltziele im Meer gefährden. So ist die Injektion und Speicherung von CO2 unter Meeresschutzgebieten klar abzulehnen. Sensible Bodenregionen sind für den Leitungsbau auszuschließen.
“Der Verlust natürlicher Funktionen der Meere hätte drastische Folgen für Natur- und Klima,” so NABU-Meeresschutzexperte Dr. Thorsten Werner. “Der schlechte Zustand der Nord- und Ostsee lässt aktuell kaum Spielraum für weitere Belastungen durch CCS. Vielmehr müssen zuerst andere Nutzungen reduziert und weitere Ausgleichsmaßnahmen ergriffen werden.” Nur so können Biodiversitäts- und Klimakrise gemeinsam bekämpft werden.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Was CCS überhaupt ist und was es für Folgen mit sich bringen kann, könnt ihr in unserem Gastbeitrag von Nico Czaja „Unter die Erde kehren“ nachlesen. Außerdem berichten wir über die Übernutzung der Nord- und Ostsee sowie über die Auswirkungen von LNG-Terminals. Gemeinsam mit 16 weiteren NGOs haben wir letztes Jahr unsere Kernforderungen für eine zukunftsfähige Meerespolitik gestellt.
Klimaschutzgesetz: Staffelstab wird vorzeitig weitergegeben
Pressemitteilung, NABU, 26.04.2024
Klimaschutzgesetz: Staffelstab wird vorzeitig weitergegeben
Krüger: Ampel könnte Hände in den Schoß legen
Berlin – Der Deutsche Bundestags hat heute die Novellierung des Klimaschutzgesetzes verabschiedet. Damit droht ein Riesen-Rückschritt für den Klimaschutz.
Die Änderung des Klimaschutzgesetzes bedeutet, dass die Ampel bis zur Bundestagswahl 2025 keine weiteren Maßnahmen vorlegen muss, wenn die Klimaziele wieder verfehlt werden. Dies wird auf die nächste Bundesregierung verschoben und schränkt auch die Möglichkeit ein, das Einhalten der Ziele einzufordern und einzuklagen.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Die Ampel stiehlt sich aus der Verantwortung. Bis zur Bundestagswahl 2025 könnte sie beim Klimaschutz faktisch die Hände in den Schoß legen. Es liegt jetzt an den Umweltverbänden und der gesamten Zivilgesellschaft, das zu verhindern. Auch wenn es nun schwieriger wird, Klimaschutz bei einer Zielverfehlung einzuklagen. Wie schon bei der Planungsbeschleunigung droht ein weiterer faktischer Abbau demokratischer Beteiligungsrechte.“
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Nicht nur die Bundesregierung, sondern auch die EU schwenkt beim Klima- und Meeresschutz um. Doch die jahrzehntelange Vernachlässigung des Meeresschutzes fordert nun ihren Tribut. In der „Meeresoffensive“ haben wir gemeinsam mit 16 weiteren NGOs detailliert zusammengefasst, welche konkreten Maßnahmen ergriffen werden müssen, um eine zukunftsfähige Meerespolitik führen zu können, und diese der Bundesregierung vorgelegt.
Solarpaket hebelt Diskussion zum naturverträglichen Ausbau der Offshore-Windenergie aus
Pressemitteilung, NABU, 23.04.2024
Solarpaket hebelt Diskussion zum naturverträglichen Ausbau der Offshore-Windenergie aus
Krüger: Stoppschild für Offshore-Paragraf 8a und Ausbau europarechtskonform gestalten
Berlin – Derzeit laufen in Bundestag und Bundesrat zwei Gesetzgebungsverfahren für den Ausbau der Offshore-Windenergie, um die europäische Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) umzusetzen. Die Novelle des Windenergie-auf-See-Gesetzes (WindSeeG) soll Offshore-Vorhaben beschleunigen, das überfällige Solarpaket die Nutzung der Sonnenenergie fördern. Beides wird nun durch das Wirtschaftsministerium vermischt, indem das Solarpaket in Paragraf 8a WindSeeG die Offshore-Vorhaben des Flächenentwicklungsplans pauschal zu Beschleunigungsflächen erklärt und damit der parlamentarischen Befassung zum WindSeeG vorgreift. In diesen Flächen drohen die Umweltverträglichkeitsprüfung und die artenschutzrechtliche Prüfung zu entfallen, selbst in ökologisch unverzichtbaren Flächen, auf Kosten von Seevögeln und Schweinswalen. Im Übrigen sieht das Solarpaket trotz eines laufenden Gesetzgebungsverfahrens auch für Windenergie an Land Regelungen zu Beschleunigungsgebieten vor.
Dazu NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger:
„Unter dem Radar und unter unnötigem zeitlichem Druck sollen Tatsachen geschaffen werden. Gemäß RED III können nur Flächen, die bereits nach nationalem Recht für einen beschleunigten Ausbau vorgesehen sind, als Beschleunigungsgebiete ausgewiesen werden. Doch die gibt es auf See nicht. Erneut schießt das Wirtschaftsministerium über europäische Vorgaben hinaus und macht Energiepolitik gegen Europarecht und gegen die Natur. Ohne beschleunigende Wirkung beschneidet das Solarpaket Umweltstandards nach dem Rasenmäherprinzip und schränkt die parlamentarischen Beteiligungsmöglichkeiten massiv ein. Genug ist genug. Der Bundestag muss ein Stoppschild aufstellen und § 8a WindSeeG aus dem Solarpaket streichen.“
Selbst in nachweislich kritischen Ausbauflächen der Offshore-Windenergie soll künftig auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet werden, ohne die dafür notwendigen Kriterien festzulegen und die durch RED III geforderten Sensitivitätsanalysen durchzuführen. Wie riskant das ist, zeigt eine Studie des NABU zur Anwendung des Ökosystemansatzes in der Raumplanung. Auch zahlreiche Unternehmen der Windenergiebranche plädieren seit längerem aus Gründen der Rechts- und Investitionssicherheit für die Beibehaltung der Umweltverträglichkeitsprüfung. Kritik kommt auch aus den Bundesländern.
„Die Hemdsärmeligkeit des Wirtschaftsministeriums leistet einen Bärendienst für die Energiewende und konterkariert demokratische Prozesse. Es ist jetzt an den Abgeordneten des Bundestags, einen transparenten Prozess mit ausreichend Zeit und Beteiligung einzufordern. Die Energiewende ist zu wichtig, um sie Aktionismus und Symbolpolitik zu opfern”, so Krüger.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Die Übernutzung unserer Meere ist keine lobenswerte Maßnahme gegen die Klimakrise, denn Klima- und Meeresschutz müssen Hand in Hand gehen. Eine ökosystembasierte Raumordnung ist unverzichtbar, um die Nord- und Ostsee langfristig gesund zu erhalten.
Historisches Urteil zum Schutz des Wattenmeeres vor Borkum
Pressemitteilung, 18.04.2024, Deutsche Umwelthilfe (DUH)
Historisches Urteil zum Schutz des Wattenmeeres: Deutsche Umwelthilfe gewinnt Klage gegen Ölkonzern One-Dyas zum Stopp der Gasbohrungen vor Borkum
Berlin/Den Haag, 18.4.2024: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßt die Entscheidung der Rechtbank Den Haag, die geplanten Baumaßnahmen des Öl- und Gaskonzerns One-Dyas in der Nordsee sofort zu stoppen. Damit hat die DUH heute gemeinsam mit der Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland, der niederländischen NGO Mobilisation for the Environment (MOB) und der Stadt Borkum einen historischen Erfolg mit ihrer Klage gegen neue Gasbohrungen in der Nordsee erzielt. Die DUH kündigt nun auch rechtliche Schritte gegen die Ölförderung Mittelplate im UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer an.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die Entscheidung der Rechtbank Den Haag markiert einen Wendepunkt im Kampf für Klimaschutz und den Erhalt unserer Natur. Sie ist ein klares Signal dafür, dass der Schutz des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer und anderer sensibler Ökosysteme Vorrang hat vor kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen. Staaten und Konzerne müssen sich jetzt klar machen: Klima- und Umweltschutz sind rechtliche Verpflichtungen und kein freiwilliger Luxus. Dieses Urteil ist ein historischer Schritt für eine Nordsee frei von schmutzigen fossilen Bohrplattformen und für den endgültigen Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern. Damit das Realität wird, machen wir weiter Druck und leiten nun auch rechtliche Schritte gegen die Öl-Förderung auf der Förderplattform Mittelplate im Nationalpark Wattenmeer ein.“
Jürgen Akkermann, Bürgermeister der Stadt Borkum: „Vor einigen Wochen bebte im Landkreis Diepholz zum wiederholten Male die Erde. Dadurch wurden Häuser beschädigt und die Bevölkerung verunsichert. Der Grund dafür war die nahegelegene Erdgasförderung. Für touristische Destinationen, die ausschließlich vom Tourismus und der Gesundheitsvorsorge leben, wie z.B. die ostfriesischen Inseln, wäre dies und die Belastung der Umwelt durch die Förderung verheerend. Wir freuen uns, dass mit diesem starken Signal aus Den Haag, eine wichtige Entscheidung für den Klima- und Umweltschutz, aber auch für den Küstenschutz der deutschen und niederländischen Inseln getroffen wurde.“
Bondine Kloostra, Rechtsanwältin: „Ich begrüße das Urteil ausdrücklich: Ein Teil der Genehmigung wurde für ungültig erklärt, weil die Gasbohrungen Stickstoffablagerungen in geschützter Natur verursachen. Das Gerichtsurteil unterstreicht, wie schlecht es um den Schutz der Natur in den Niederlanden bestellt ist. Es gibt noch viel zu tun, um unsere Natur und unsere Zukunft wirksam zu schützen und diesen Schutz konsequent rechtlich durchzusetzen.“
Bernd Meyerer, Sprecher der Bürgerinitiative ‚Saubere Luft Ostfriesland‘: „Zusammenarbeit zahlt sich aus! Dieser große Erfolg wurde möglich durch die grenzüberschreitende Bündelung von Engagement und Sacharbeit von vollkommen unterschiedlichen Organisationen. Sich für den Erhalt der Natur einzusetzen lohnt sich! Als nächste Schritte müssen nun die endgültige Absage der Genehmigung durch das deutsche LBEG und die Anerkennung und Unterschutzstellung der neu gefundenen Riffflächen durch die deutschen Naturschutzbehörden erfolgen.“
Stijn van Uffelen, Sprecher der niederländische NGO ‚Mobilisation for the Environment‘: „Dies ist sowohl ein Sieg für die Natur als auch für die Gerechtigkeit. Die Unternehmen der fossilen Energiewirtschaft können nicht einfach so weitermachen und müssen sich wie alle anderen an die Umweltvorschriften halten. Dennoch hat diese Klage einen üblen Beigeschmack. Es ist seltsam, über ein neues Bohrloch zu diskutieren, wenn sich die Regierung zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verpflichtet hat. Es ist uns ein Rätsel, warum neue Bohrungen noch nicht einem generellen Verbot unterliegen.“
Die DUH und die anderen Umweltorganisationen hoffen nun, dass das Urteil auch in Zukunft zu einem verstärkten Schutz der Nordsee, anderer Meeresgebiete und dem Einhalten von Klimazielen beiträgt.
Hintergrund
Mit einer neuen Förderplattform wollte One-Dyas ein Gasfeld in der Nordsee erschließen, das zur Hälfte in der niederländischen und zur Hälfte in der deutschen Nordsee liegt. Die Plattform liegt knapp 500 Meter vor der deutschen Seegrenze und in unmittelbarer Nähe des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer sowie mehrerer Natura-2000-Gebiete. Umweltverbände warnen, dass die Erdgasförderung im sensiblen Ökosystem Wattenmeer den Erhalt der Artenvielfalt gefährdet und den Klimazielen zuwiderläuft. Auch die Insel Borkum ist konkret bedroht. Die geringen jährlichen Fördermengen tragen selbst bei besten Förderbedingungen nicht mehr als 0,7 Prozent zum deutschen Erdgasverbrauch bei. Diesem Betrag stehen drohende CO2-Emissionen von bis zu 65 Millionen Tonnen gegenüber, wenn der Konzern seine Förderpläne in der Region umsetzt.
Diese Pressemitteilung findet ihr bei der DUH.
Dieses historische Urteil ist nicht die erste erfolgreiche Klage der DUH gegen die Gasbohrungen vor Borkum. Warum die Förderung von Erdöl und -gas so gefährlich ist, und wie sich DEEPWAVE dazu positioniert, könnt ihr hier nachlesen.
EU-Parlament schwenkt beim Meeresschutz um
Pressemitteilung, WWF, 18.01.2024
WWF: “Politik muss Gräben zwischen Fischerei, Klima- und Meeresschutz überbrücken“
Straßburg/Hamburg, 18.01.2024: Ginge es nach dem EU-Parlament, würde der Meeresschutz auf EU-Ebene ins Abseits geraten, warnt der WWF Deutschland. „Anstatt sich für eine nachhaltige Fischerei und die Erholung der Meere einzusetzen, versucht das Europäische Parlament, die Transformation zu einer schonenden und fairen Fischerei sowie die Umsetzung des europäischen Green Deal zu verwässern und zu verlangsamen“, kritisiert Stella Nemecky, Expertin für Fischereipolitik beim WWF Deutschland. „Doch intakte Ökosysteme in den Meeren sind unsere wichtigsten Verbündeten zur Bewältigung der Klimakrise – dem müssen die politischen Regelwerke Rechnung tragen“. Anlass für die Kritik ist die heute angenommene Position des EU-Parlaments, mit der die Abgeordneten Stellung zu progressiven Vorschlägen der EU-Kommission für besseren Schutz der Meere und umweltverträglichere Fischerei beziehen.
Bezogen auf den Aktionsplan Meeresschutz der Kommission („Marine Action Plan“) greift das Parlament zwar viele Bedenken der Kommission hinsichtlich des schlechten Zustands der Meere auf, weist aber die meisten Lösungsvorschläge zurück. Im Widerspruch zu seinem früheren Standpunkt, appelliert das Parlament an die EU-Mitgliedsstaaten schädliche Grundschleppnetze, die den Meeresboden zerstören, auch in diesen Schutzzonen nicht zu verbieten. Auch der Schutz empfindlicher Arten kommt viel zu kurz.
Das Parlament hat auch eine umfassende Vision über die Zukunft der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU angenommen. Das selbst gestecktes Ziel, die Überfischung bis 2020 zu beenden, hat die EU weit verfehlt. Angesichts dieses Versagens schlägt der Parlamentsbericht vor, die nötigen Instrumente dafür schlicht ganz abzuschaffen, etwa die Anlandepflicht, die verschwenderische Rückwürfe von Fisch und Meerestieren verhindern soll und ebenso das Fischereiprinzip des „maximalen Dauerertrags“, das notwendige Bestandgröße sichern soll. Dies sei eine beschämende Kehrtwende des Parlaments so der WWF.
In einem Punkt trifft das Europäische Parlament jedoch den Nagel auf den Kopf: Es ist an der Zeit, dass die EU einen übergreifenden Rechtsrahmen für alle „blauen“ Meerespolitiken schafft, um die Inkohärenz zwischen Naturschutz-, Fischerei- und Klimagesetzen endlich zu beseitigen. „Die europäischen Meeresökosysteme sind stark geschädigt. Um Jahrzehnte umweltschädlicher Fischereipraxis parallel zur Klima- und Naturkrise zu bewältigen, ist eine Politik erforderlich, die diese Lücke schließt. Mit Blick auf Nord- und Ostsee hat auch die Bundesregierung hier noch viel Arbeit vor sich,“, sagt Stella Nemecky. „Die Transformation zu einer nachhaltigen Fischerei steht nicht im Widerspruch zu sozialen oder Umweltzielen. Es sind zwei Seiten derselben Medaille.“
Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.
Unseren lokalen Fischbeständen geht es alles andere als gut. Trotzdem sind auch die für dieses Jahr beschlossene Fangquoten für die Nord– und Ostsee weitestgehend unzureichend und tragen weiterhin zur Überfischung wichtiger Bestände bei. Es bedarf einer Überarbeitung der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU.
LNG-Pläne für Rügen: Umweltverbände schlagen Alarm
Pressemitteilung, 16.01.2024, WWF
„Wachsende ökologische Schäden und Verfahrensfehler“
Die Umweltverbände BUND M-V, Deutsche Umwelthilfe (DUH), NABU M-V und das WWF-Büro Ostsee schlagen Alarm, weil durch die Aufnahme des Standortes Mukran in das LNG-Beschleunigungsgesetz und die Zerstückelung des Projekts in zehn einzelne Genehmigungsverfahren wesentliche Umweltvorgaben ausgehebelt werden. Ein heute veröffentlichtes Verbändepapier belegt, dass die ökologischen Folgen des geplanten LNG-Terminals vor Rügen immer gravierender werden, während der Nutzen schwindet. So ist inzwischen klar, dass das Terminal für die Energieversorgung in diesem Winter irrelevant ist. Zudem sind die Genehmigungsverfahren intransparent und fehlerhaft. Die Verbände fordern Bundesminister Habeck und Landesminister Backhaus deswegen auf, das LNG-Vorhaben auf Rügen endgültig zu stoppen und das LNG-Beschleunigungsgesetz mit Blick auf die beruhigte Erdgasversorgungslage außer Kraft zu setzen.
Corinna Cwielag, Landesgeschäftsführerin BUND M-V: „Das LNG-Beschleunigungsgesetz hebelt de facto Naturschutz aus, selbst wenn es um Schutzgebiete europäischen Ranges und vom Aussterben bedrohte Arten geht. Die aktuelle Verlängerung der Bauzeitenregelung ist fachlich und politisch ein Skandal. Gerade läuft ein weiteres Schnellverfahren für den Betrieb der zwei Regasifizierungsschiffe im Hafenbecken von Mukran. Deren Betrieb muss mit tausenden Kubikmetern Meerwasser gekühlt werden. Die Dimensionen sind gigantisch: Pro Stunde wird ein Wasserwürfel in der Größe von bis zu zwanzig Einfamilienhäusern angesaugt. Dabei werden große Mengen an Kleinstlebewesen im Ostseewasser angesaugt und gegebenenfalls erhitzt, die u.a. Fischen als Nahrung dienen. Dies soll über viele Jahre erfolgen. Ein angemessener Ausgleich für die Natur ist bisher nicht vorgesehen. Die Landesregierung muss diese Art der beschleunigten Genehmigungspraxis sofort einstellen.“
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer DUH: „Die Missachtung des Meeresschutzes beim LNG-Terminal Rügen ist skandalös. Mit der Genehmigung für Baggerarbeiten an der Anbindungspipeline in der Laichzeit mitten im wichtigsten Laichgebiet der Heringe hat das Bergamt Stralsund den Bogen nun überspannt! Mit unserem Eilantrag beim Bundesverwaltungsgericht haben wir erreicht, dass Gascade die Arbeiten vorläufig gestoppt hat. Das Bergamt, aber auch die Minister Backhaus und Habeck müssen diesen Baustopp nun zum Anlass nehmen, das Projekt neu zu bewerten. Dabei muss endlich auch berücksichtigt werden, dass die Erdgasversorgung auch ohne dieses zerstörerische Projekt gesichert ist.“
Dr. Rica Münchberger, Landesgeschäftsführerin NABU M-V: „Das so gefeierte Deutschlandtempo hat bisher nur dazu geführt, Natur zu zerstören. Ohne Not, ohne Bedarf wird die Nutzung fossiler Energieträger auf Jahrzehnte weiter zementiert auf Kosten sensibler Ökosysteme sowie auf Kosten des Klimas und unter Abbau zivilgesellschaftlicher Beteiligungsmöglichkeiten.“
Dr. Finn Viehberg, Leiter WWF-Büro Ostsee: „Die Verlegung der Nord-Stream-Pipelines und der Stromkabel haben die Riffe im Greifswalder Bodden bereits geschädigt. Die aktuellen Baumaßnahmen für die LNG-Pipeline verstärken den Schaden erheblich. Unter Schutz gestellte Tier- und Pflanzenarten leiden konstant unter den Eingriffen. Für jede einzelne Baumaßnahme wurden Ausnahmen von Naturschutzvorgaben genehmigt, ohne eine Umweltverträglichkeitsprüfung, die bei diesen Eingriffen Standard wäre. Als Ergebnis ist nun das Laichgebiet des Herings im Greifswalder Bodden gefährdet, Aale und Störe werden durch nach wie vor andauernde Arbeiten bei ihrer Wanderung durch die Schutzgebiete gestört. Wintervögel kommen in ihren Rastgebieten nicht zur Ruhe und die Seegraswiesen sind durch die Aufwirbelung von Sediment und Nährstoffen bedroht. Landes- und Bundespolitik haben sich Umweltschutz und Klimaschutz auf die Fahne geschrieben und tun stattdessen hier vor unserer Haustür alles, um ihn zu untergraben.“
Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.
Dass LNG auch beim Klimaschutz keine Lösung ist, ist schon lange bekannt. Bereits im letzten Jahr kam es zu einem Rechtsstreit zum LNG-Vorhaben vor Rügen.
Zukunft der Ostseefischerei: Leitbildkommission beendet Arbeit
Pressemitteilung, 18.12.2023, gemeinsame Pressemitteilung von BUND, DUH, NABU und WWF
Leitbildkommission zur Zukunft der Ostseefischerei schließt Arbeit ab
Beteiligte Umweltverbände: „Vereinbarte Maßnahmen schnell umsetzen“ / Fischerei kommt künftig aktivere Rolle im Meeresschutz zu
Berlin – Heute endet in Berlin die Arbeit der „Leitbildkommission zur Zukunft der Ostseefischerei“. Sie war beauftragt, im Spannungsfeld zwischen einem bedrohten Ökosystem und den Existenzsorgen der Fischerei Maßnahmenempfehlungen für die Transformation der Ostseefischerei zu erarbeiten. Die Verbände BUND, DUH, NABU und WWF vertraten in der Kommission den Umwelt- und Naturschutzsektor. Aus Verbändesicht bleibt als positives Ergebnis, dass die Fischerei künftig eine aktivere Rolle im Meeresnaturschutz übernehmen und das Fischereimanagement stärker an ökologischen Kriterien ausgerichtet werden soll. Auch nach Einigung auf einen Abschlussbericht betonen die Verbände, dass die Erholung der Fischpopulationen und damit der Fischerei grundsätzlich auf der Erholung der Meeresumwelt basiert. Aufgrund des dramatisch schlechten ökologischen Zustands der Ostsee und den zusammengebrochenen Populationen von Dorsch und Hering besteht dringender Handlungsbedarf.
Jetzt komme es darauf an, wie effektiv und wie schnell die vereinbarten Maßnahmen umgesetzt werden. Für den Meeresnaturschutz ist es gelungen, das Bekenntnis zum Ökosystemansatz im Fischereimanagement im Bericht zu verankern. Auch die nationale Verteilung von Fangquoten soll überprüft/reformiert werden, um in Zukunft ökologische und soziale Kriterien einzubeziehen, anstatt bisher ausschließlich die historische Teilhabe. Der Fischerei wird bei der Umsetzung von Maßnahmen zum Schutz von Arten und Lebensräumen der Ostsee eine aktivere Rolle als bisher zugeschrieben.
„Seit Jahren ist es offensichtlich, dass sich die Ostseefischerei wandeln muss. Um dem Fischereisektor dabei zu helfen, muss er sich aktiver beteiligen und auch die eigene Verantwortung für den schlechten Zustand der Fischpopulationen und des Ökosystems anerkennen“, so BUND, DUH, NABU und WWF.
Darüber hinaus verweist der Bericht klar auf die EU-Biodiversitätsstrategie, nach der zehn Prozent der deutschen Meeresfläche in Ost- und Nordsee anhand ökologischer Kriterien identifiziert und bis zum Jahr 2030 unter strengen Schutz gestellt werden müssen. “Das sind Errungenschaften, hinter die wir nicht zurückfallen dürfen. Im nächsten Jahr wird aus der Leitbildkommission Ostseefischerei die Zukunftskommission Fischerei für Nord- und Ostsee. Wir erwarten, dass unsere Ergebnisse dort als Ausgangspunkt genommen und nicht in Frage gestellt werden”, betonen die Verbände.
Für die Zukunftskommission sehen die vier Umweltverbände vor allem das zuständige Bundeslandwirtschaftsministerium in der Pflicht. Das BMEL müsse die Ansätze der Fischerei zur kritischen Selbstreflexion unterstützen, die Diskussionen zur Fischereipolitik im Lichte europäischer Verpflichtungen zum Meeresnaturschutz fortsetzen und die Erkenntnisse aus dem Prozess der Leitbildkommission konstruktiv nutzen.
„Die Bedürfnisse für Umwelt, Mensch und Fischerei sind klar, die Gesprächsbereitschaft ist gegeben und die Instrumente sind bekannt, jetzt muss die Politik die Voraussetzung dafür schaffen, dass die Transformation stattfinden kann.“ Mit diesem Appell der Umweltverbände wird heute der Endbericht an die zuständige Staatssekretärin des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung, Silvia Bender, übergeben.
Hintergrund:
Die Leitbildkommission war vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung eingesetzt und hatte den Auftrag, in einem partizipativen Prozess ein Leitbild zu erarbeiten, wie die Zukunft der deutschen Ostseefischerei aussehen sollte. Entsprechend des partizipativen Ansatzes waren Vertreter*innen der Umwelt- und Fischereiverbände, der Wissenschaft, Verwaltung und der Gesellschaft Teil der Kommission. Das insgesamt 30-köpfige Gremium arbeitete seit November 2022 und traf zu insgesamt zehn Präsenzsitzungen zusammen.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Die Ostsee wird durch Übernutzung, Eutrophierung und Überfischung stark belastet, selbst in Meeresschutzgebieten. So kritisiert auch die Deutsche Umwelthilfe die deutschen Ostsee-Fangquoten als unzureichend. Laut NABU müssten die mindestens die Hälfte der Schutzgebiete in Nord- und Ostsee nutzungsfrei werden, um das Artensterben und den Lebensraumverlust in unseren Meeren aufzuhalten.
DUH kritisiert beschlossene Nordsee-Fangquoten der EU
Pressemitteilung, 12.12.2023, Pressemitteilung DUH
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- Fangquoten-Beschlüsse der EU reichen nicht aus, um wichtige Populationen wie Nordseehering und Nordseekabeljau zu schützen
- EU-Kommission will gesetzliche Anordnung von Fangstopps abschaffen: DUH fordert EU-Parlament auf, Änderung der Bewirtschaftungspläne zu verhindern
- DUH fordert ökosystembasiertes Fischereimanagement mit deutlich niedrigeren Fangmengen, wirksame Maßnahmen gegen illegale Rückwürfe und selektivere Fanggeräte
Berlin, 12.12.2023: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert die heute veröffentlichten Nordsee-Fangquoten der EU für 2024 als völlig unzureichend für den Schutz wichtiger Fischpopulationen. Die EU-Ministerinnen und -minister verpassen damit erneut die Chance, die kurzsichtige Fischereipolitik auf einen nachhaltigen Pfad zu bringen. Besonders alarmierend ist außerdem der überraschende Vorschlag der EU-Kommission zur Streichung einer wichtigen Schutzklausel in den mehrjährigen Bewirtschaftungsplänen. Demnach soll die gesetzliche Anordnung von Fangstopps für bedrohte Populationen in der gemeinsamen Fischereipolitik ersatzlos gestrichen werden.
Dazu Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Weil die EU seit Jahren miserable Fischereipolitik betreibt, will sich die Kommission nun mit der Streichung des gesetzlich vorgesehenen Fangstopps für bedrohte Populationen aus der Verantwortung ziehen. Die Regel wurde bereits bei den Ostseefangquoten im Oktober gebrochen, jetzt soll sie kurzerhand ganz abgeschafft werden. Die Folgen wären katastrophal für Fischpopulationen, die ohnehin bereits kurz vor dem Kollaps stehen. Hätte die EU-Kommission Erfolg mit ihrem Vorschlag, wäre dies ein Offenbarungseid für die EU, die eigentlich bis zum Jahr 2020 die Überfischung beenden wollte. Die EU muss aufhören, kurzfristige Profite über die langfristige Stabilität des Ökosystems zu stellen. Wir rufen das EU-Parlament dazu auf, die Streichung der Schutzklausel nicht zuzulassen.“
Bei den diesjährigen Verhandlungen haben die EU-Fischereiministerinnen und -minister einmal mehr unzureichende Fangquoten beschlossen. Nordseehering- und Kabeljau sind für die deutsche Fischerei besonders wichtig. Die Quote für Nordseekabeljau liegt deutlich über der wissenschaftlichen Empfehlung. Dies ist kritisch, da diese Quote verschiedene Sub-Populationen zusammenfasst, von denen die südliche Population vor der deutschen Küste besonders gefährdet ist. Die Quote für den Nordseehering liegt zwar unter der wissenschaftlichen Empfehlung, aber auch hier wurde die Vermischung mit einer stark dezimierten Heringspopulation aus der Ostsee nicht ausreichend berücksichtigt.
Katja Hockun, DUH-Meeresschutzexpertin: „Die heutigen Beschlüsse sind enttäuschend, denn sie zeigen, dass die Prinzipien des ökosystembasierten Fischereimanagements immer noch nicht konsequent angewandt werden. Die Fangmengen für viele Populationen liegen über wissenschaftlichen Empfehlungen, außerdem wurden Nahrungsnetzbeziehungen und der Druck der Klimakrise nur unzureichend berücksichtigt. Wirksame Maßnahmen gegen illegale Rückwürfe und zur Vermeidung von Beifang bleiben aus. Das sind schlechte Nachrichten sowohl für die Nordsee als auch für die Fischerei, denn beide brauchen gesunde Fischpopulationen.“
Hintergrund:
Die EU Kommission hat am 7. Dezember 2023 vorgeschlagen, Artikel 4.6 aus den mehrjährigen Bewirtschaftungsplänen für Nord- und Ostsee zu streichen: Dieser Klausel nach sollen Fangquoten in jedem Fall so festgesetzt werden, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Populationsgröße unter einen kritischen Grenzwert („Blim“) fällt, weniger als 5 Prozent beträgt.
Diese Pressemitteilung findet ihr bei der DUH.
Nicht nur die Nordsee-, sondern auch die Ostsee-Fangquoten sind laut Deutscher Umwelthilfe unzureichend. Die europäische und deutsche Fischereipolitik braucht einen Neuanfang, welcher auf einem ökosystembasierten Ansatz aufgebaut ist und veraltete, rein wirtschaftlich orientierte Denkweisen ersetzt.