Politik

Um die systematische Zerstörung der Ozeane zu verhindern, müssen wir uns gemeinsam dafür entscheiden.
Jeder für sich und alle zusammen als Teil von Politik und Wirtschaft.

Progress in Marine Conservation 2023

Zwei große Röhrenwürmer sind aufgefächert

© Victor Micallef / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Auf der vom Bundesamt für Naturschutz in Kooperation mit dem Deutschen Meeresmuseum/OZEANEUM in Stralsund ausgerichteten internationalen Tagung „Progress in Marine Conservation 2023: How to stop biodiversity loss – from knowledge to action“ haben sich rund 200 Expert:innen eine Woche lang getroffen, um sich zum Ist-Zustand der Meere auszutauschen und in Workshops Action Points zu erarbeiten, die als Handlungsempfehlungen für die Meeresstrategie der Bundesregierung am Ende der Tagung  einer Vertreterin des BMUVs übergeben wurden.

Für DEEPWAVE war Anna Groß eine Woche vor Ort und hat in den Workshops zu Impact mitigation and management of bottom trawl fisheries, focus North Sea und Ecological Effectiveness of MPAs an den Action Points mitgearbeitet.

Wir gehen trotz all der detaillierten Hiobsbotschaften zum Zustand unserer Meere zuversichtlich an die Aufgaben, die vor uns liegen, weil wir in Stralsund deutlich sichtbar und spürbar erlebt haben, wie viele Menschen sich mit ganz neuen Perspektiven, Mut und ansteckendem Gemeinschaftssinn den sehr herausfordernden Themen widmen, die unsere Zukunft als Teil der Natur dieses Blauen Planeten betreffen.

Beim BfN findet ihr die Note of the Chairs 6th International Conference on Progress in Marine Conservation, das Programm und die Abstracts der Vorträge.

CO2-Speicherung darf Ausstieg aus fossilen Energien nicht behindern

Ein Plakat, dass CCS kritisiert.

© Matt Hrkac / Wikimedia Commons (CC BY 2.0)

Pressemitteilung, 25.09.2023, Umweltbundesamt

Neues UBA-Papier: CCS-Technik bei Abfallverbrennung erproben – Moore, Wälder und andere natürliche Senken haben Vorrang

Das Umweltbundesamt (UBA) rät in einem neuen Positions-Papier dazu, das Abscheiden und Speichern von CO2 (kurz CCS, für Englisch „Carbon Capture and Storage“) in der Abfallwirtschaft zu erproben. UBA-Präsident Dirk Messner sagte: „Wir brauchen CCS vor allem im globalen Maßstab. CCS ist aber kein Allheilmittel für den Klimaschutz. Wenn wir es nicht schaffen, von den fossilen Energieträgern wegzukommen, wird uns CCS nichts nützen. Wir haben in Deutschland viel zu wenig Speicher, um das Kohlendioxid sicher für Mensch und Klima zu speichern. Nur bei wirklich unvermeidbaren CO2-Emissionen sollten wir CCS nutzen.“ Das UBA schlägt daher vor, die Technik zunächst in Müllverbrennungsanlagen zu testen, in denen aus nicht recycelbarem Abfall Wärme und Strom erzeugt wird, aber auch CO2 anfällt. So könnten erste Erfahrungen mit der Technik gesammelt und Umweltrisiken beurteilt werden.

Für die Abscheidung von CO2 (Carbon Capture) gibt es verschiedene Techniken. Einmal abgeschieden, wird das CO2 unter Druck verflüssigt und unterirdisch eingelagert (Storage). Eine Speicherung ist unter anderem in leeren Gas- oder Erdöllagerstätten, in salzwasserführenden Gesteinsschichten oder im Meeresuntergrund möglich. Sowohl Transport als auch Lagerung müssen dauerhaft sicher und dicht sein, um ein Entweichen des für Mensch und Umwelt in hohen Konzentrationen schädlichen CO2 zu verhindern. Wird CO2 etwa in den Meeresuntergrund verpresst, muss die marine Umwelt vor ⁠Versauerung⁠ geschützt werden. Diesen Nachweis muss die Technik noch erbringen.

Bei allen ungeklärten Fragen hält es das ⁠UBA⁠ für wichtig, die ⁠CCS⁠-Technik CCS-Technik zu erproben. Für einen Testbetrieb schlägt das UBA Müllverbrennungsanlagen vor. Das dort freigesetzte CO2 entsteht am Ende einer langen Wertschöpfungskette und könnte dann abgeschieden und gespeichert werden. Dieses so genannte Waste-CCS (WACCS) hat für die Umwelt zudem den Vorteil, dass für den dort verbrannten Müll kaum zusätzliche fossile Energieträger zum Einsatz kommen und die Abwärme genutzt wird.

Dem Einsatz von CCS-Anlagen in anderen Industriezweigen wie der Zementindustrie oder gar in der Energiewirtschaft steht das UBA kritisch gegenüber. In der Energiewirtschaft würde der Einsatz von CCS fossile Techniken verfestigen und den Ausbau der erneuerbaren Energien behindern. Auch in anderen Branchen würde CCS klimafreundlichere Alternativen erschweren – etwa mehr Holzbau, alternative Bindemittel oder Baustoffe. Um keine negativen Effekte bei der Transformation der Energiewirtschaft, der Industrie und der Bauwirtschaft hervorzurufen, sollte die Technik dort nicht priorisiert werden.

Die EU hat sich verpflichtet, bis zum Jahr 2050 treibhausgasneutral zu werden. Deutschland will das Ziel schon 2045 erreichen. Da jedoch selbst bei ambitionierter Klimapolitik unvermeidbare fossile Restemissionen von 40 bis 60 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr bleiben, sind natürliche CO2-Speicher wie Wälder, Moore, aber auch die verstärkte Holznutzung als Baustoff wichtig, um diese Emissionen aufzunehmen. „Der Ausbau und der Schutz von Mooren, Wäldern und anderen natürlichen Senken sollte unsere erste Priorität sein. CCS und andere technische Senken könnten die natürlichen Senken dann ergänzen“, so Messner. Für CCS bei der Abfallverbrennung hält das UBA eine Kompensation von bis zu 20 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr für möglich.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim UBA.

Hier findet ihr das UBA-Positionspapier „Carbon Capture and Storage (CCS)“.

Dass es sich bei CCS und den damit verbundenen Technologien um ein zu Recht umstrittenes Thema handelt, macht auch diese Pressemitteilung vom UBA deutlich. In unserem Gastbeitrag von Nico Czaja wird die Problematik noch einmal besonders ausführlich aufgeschlüsselt.

NABU zur Agrarministerkonferenz: Fischerei braucht keine Reform, sondern einen Neuanfang

Ein traditioneller Krabbenkutter für die Fischerei von Krabben in der Nordsee

© Joachim Müllerchen / Wikimedia Commons (CC BY-SA 2.0)

Pressemitteilung, 22.09.2023, NABU

Krüger: Gegeneinander von Politik schadet Fischerei und Meer

Berlin – Anlässlich der heute endenden Agrarministerkonferenz in Kiel fordert der NABU ein entschlossenes Signal für einen Neuanfang in der Fischereipolitik in Deutschland. Als wichtiger erster Schritt gilt es den EU-Aktionsplan für eine nachhaltige Fischerei mit wirksamen Maßnahmen und einem ambitionierten Zeitplan zu unterstützen.

„Nach Jahren verfehlter Fischereipolitik, dem politischen Geschachere um Fangquoten, der Blockade notwendiger Meeresschutzmaßnahmen und einem immer schlechteren Umweltzustand unserer Meere brauchen wir einen Neuanfang. Bund und Länder müssen Position beziehen. Fischereien und die Lebensgemeinschaften in Nord- und Ostsee stehen mit dem Rücken zur Wand. Populationen von Hering und Dorsch in der Ostsee sind eingebrochen. Die Klimakrise und zu hohe Nährstofffrachten aus der Landwirtschaft verhindern eine Erholung. Es ist keine Zeit zur Symptombehandlung, die Politik muss an die Ursachen“, fordert NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger.

Das hat auch die EU-Kommission erkannt und fordert die Mitgliedsstaaten in dem „Aktionsplan zum Schutz und Wiederherstellung von Meeresökosystemen für eine nachhaltige und widerstandsfähige Fischerei“ auf, einen Fahrplan zu erarbeiten, um eben diese Ziele zu erreichen. Dazu gehört auch die grundberührende Fischerei in Meeresschutzgebieten zu beenden. Mit diesen und weiteren Maßnahmen sollen Fischbestände aufgebaut, aber auch wichtige Lebensräume wie artenreiche Riffe, Meeressäugetiere und Seevögel gegen menschliche Einflüsse und die Folgen der Klimakrise besser geschützt werden.

„Es fehlt Politik und Fischerei immer noch an der Bereitschaft für Veränderungen. Die pauschale Ablehnung des EU-Aktionsplans durch die deutschen Agrarministerien der Küstenländer aber auch des Bundeslandwirtschaftsministers ist nur ein Beispiel. Auf der Agrarministerkonferenz muss die Zukunft des Fischereisektors mit den Zielen des Meeresschutzes, der Wiederherstellung wichtiger Lebensräume, mit der Lenkungswirkung von Landwirtschafts- und Subventionspolitik zusammengebracht werden. Genau dort müssen Ursache und Wirkung verknüpft und der Weg in eine verantwortungsvolle und kohärente Politik beschritten werden“, ergänzt NABU-Meeresschutzexperte Dr. Kim Detloff.

Konkret wünscht sich der NABU von der Agrarministerkonferenz ein Bekenntnis zum EU-Aktionsplan, zur EU-Wiederherstellungsverordnung und damit einem ökosystembasierten Fischereimanagement. Die Landwirtschaftspolitik, allen voran der Düngemitteleinsatz an der Küste braucht einen verbindlichen Auftrag zum Erreichen des guten Umweltzustands in Nord- und Ostsee beizutragen. Die Förderung klimaneutraler Fangfahrzeuge sowie Zahlungen an die Fischerei in Härtefällen oder bei starken Fangeinschränkungen müssen an klare Nachhaltigkeitskriterien gebunden sein. Alles Elemente, mit denen ein Neuanfang der Fischerei gelingen kann, für die Fischerei und für eine gesunde Nord- und Ostsee.

Hintergrund:

Nach der EU-Biodiversitätsstrategie ist Deutschland verpflichtet, zehn Prozent der deutschen Nord- und Ostsee wirksam zu schützen. Das sagt auch der Koalitionsvertrag. Und das fordert der NABU mit seiner aktuellen Kampagne für Meeresschutzgebiete, die schützen („Meeresschutzgebiete müssen schützen!“). Dazu gehört auch die Regulierung der Grundschleppnetzfischerei wie es der EU-Aktionsplan fordert.

Der NABU beteiligt sich aktuell an Forschungsprojekten zur Entwicklung naturverträglicher Fanggeräte in Zusammenarbeit mit der Fischerei, der Fischereiforschung und dem Naturschutz und ist darüber hinaus Mitglied der Leitbildkommission Ostseefischerei. Hier werden Perspektiven für die Fischerei von morgen erarbeitet.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Durch die Grundschleppnetzfischerei wird nicht nur der Meeresboden nachhaltig zerstört, sie ist auch extrem klimaschädlich. Warum sich die für Fischerei zuständigen Landwirtschaftsministerien in Norddeutschland trotzdem zunächst gegen den EU-Aktionsplan ausgesprochen haben, könnt ihr in der Pressemitteilung des NABU vom März diesen Jahres nachlesen.

Deutsche Umwelthilfe deckt auf: LNG-Terminal vor Rügen für sichere Energieversorgung von Ostdeutschland und Osteuropa nicht notwendig

Mehrere ungenutzte Gasröhren auf Rügen

© Josef Streichholz / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Pressemitteilung, 22.09.2023, Deutsche Umwelthilfe (DUH)

  • Studie des DIW Berlin im Auftrag der DUH zeigt: LNG-Projekt vor Rügen steht nachhaltiger Regionalentwicklung im Wege, ist klimapolitisch kontraproduktiv und behindert die Energiewende
  • Flüssigerdgas-Terminal vor Rügen ist nicht zur Vermeidung von Kapazitätsengpässen nach Ostdeutschland und Osteuropa notwendig, Engpässe können durch Flussumkehr auf bestehenden Pipelines beseitigt werden
  • DUH fordert Bundesregierung auf, Finanzmittel stattdessen für energiewendekompatible Projekte zu nutzen

Berlin, 22.9.2023: Eine von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) in Auftrag gegebene Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) deckt auf, dass ein Flüssigerdgas-Terminal vor Rügen angesichts der stabilen Ausgangslage zum Winter 2023/24 auch für die Versorgung von Ostdeutschland und Osteuropa nicht notwendig ist. Die derzeit hohen Speicherfüllstände sowie bestehende Importkapazitäten gewährleisten eine ausreichende Versorgung, selbst in kalten Wintermonaten. Die Studie berücksichtigt die Versorgungssituation in ganz Europa, dies gilt auch für osteuropäische Nachbarstaaten. Außerdem bestehen laut Gutachten keine strukturellen Netzengpässe, die die Versorgung Ostdeutschlands gefährden. Mögliche Netzengpässe innerhalb Deutschlands können schnell und deutlich günstiger durch Flussumkehr auf ehemals in Ost-West-Richtung betriebenen Verbindungsleitungen beseitigt werden. Zusätzlich gibt es genügend Flexibilität bei der Nutzung bereits bestehender Flüssigerdgas-Importkapazitäten.

Die im Auftrag der DUH erstellte Studie zeigt somit auf, dass es weder eine energiewirtschaftliche noch industriepolitische Notwendigkeit für das LNG-Projekt in Mukran gibt. Die DUH fordert die Bundesregierung auf, Finanzmittel stattdessen für energiewendekompatible Projekte zu nutzen und die nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in der Region zu fördern.

Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Das LNG-Projekt auf Rügen bekämpft ein Gespenst, das es nicht gibt. Unsere gemeinsame Studie belegt erneut, dass die Versorgung Ostdeutschlands und Osteuropas gesichert ist. Die Bundesregierung muss sich mit diesen Resultaten auseinandersetzen. Die Errichtung von LNG-Terminals vor Rügen hat mit faktenbasierter und verantwortungsbewusster Politik nichts zu tun.“

Claudia Kemfert, Abteilungsleiterin Energie-Verkehr-Umwelt am DIW: „Das fossile LNG-Projekt Mukran ist energiewirtschaftlich nicht notwendig und wird weiterhin nicht dringend zur Vermeidung einer Gasmangellage im Winter 2023/24 benötigt. Es ist klimapolitisch kontraproduktiv, da es den Lebensraum der Ostsee gefährdet, zusätzliche klimaschädliche Emissionen verursacht und eine nachhaltige regionale Wirtschaftsentwicklung auf Rügen behindert.“

Christian von Hirschhausen
, Forschungsdirektor am DIW: „Die Bundesregierung sollte den Ausbau der LNG-Infrastruktur stoppen und die verfügbaren Finanzmittel stattdessen für energiewende-kompatible Projekte verwenden.“

Diese Pressemitteilung findet ihr bei der DUH.

Hier findet ihr den Link zur Studie des DIW Berlin.

Durch die regelmäßige Missachtung von Umweltauswirkungen, welche durch das Beschleunigungsgesetz der Bundesregierung weiter gefördert wird, haben bereits einige Umweltverbände vor den irreparablen Schäden für die Meeresumwelt gewarnt.

Bedeutender Erfolg für den Schutz der Meere

Dunkelblaue Wellen brechen

© Thomas Fuhrmann / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Pressemitteilung, 21.09.2023, BMUV

Deutschland unterzeichnet als einer der ersten Staaten das UN-Hochseeschutzabkommen in New York

Deutschland hat gestern Abend das UN-Hochseeschutzabkommen BBNJ (Biodiversity Beyond National Jurisdiction) unterzeichnet. Außenministerin Annalena Baerbock und Bundesumweltministerin Steffi Lemke haben gemeinsam an der Unterzeichnung in New York teilgenommen. Zuvor hatte die internationale Staatengemeinschaft das Abkommen im Juni im Konsens angenommen. Deutschland hatte sich jahrelang für einen erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen eingesetzt. Sobald 60 Staaten das Abkommen ratifiziert haben, tritt es 120 Tage später in Kraft. Ziel ist, dass dies bis zur nächsten UN-Ozeankonferenz 2025 in Frankreich geschieht. Die zügige Ratifizierung hat für Deutschland hohe Priorität. Durch das Abkommen können erstmals weltweit anerkannte Schutzgebiete auf Hoher See ausgewiesen werden, um Ruheräume für die Meeresnatur zu schaffen.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Das UN-Hochseeschutzabkommen ist ein wegweisender Schritt für den internationalen Meeresschutz – und ein bedeutender Erfolg für den Multilateralismus. Deutschland hat heute das Abkommen als einer der ersten Staaten unterzeichnet und wird es auch finanziell unterstützen. Das sind wichtige Signale, damit wir jetzt ins Handeln kommen. Erstmals gibt es nun Regeln zum Schutz der Biodiversität in den Weltmeeren. Wir sind auf gesunde Meere bei der Bekämpfung der Klimakrise, der Verschmutzungskrise und der Krise des Artenaussterbens angewiesen. Nun gilt es zügig Schutzgebiete auf der Hohen See auszuweisen, um 30 Prozent der Weltmeere unter strengen Schutz zu stellen. Ich werde mich dafür einsetzen, dass dieses Abkommen Realität wird. Es geht beim Schutz der Meere um nicht weniger als um den Schutz der Lebensgrundlagen der gesamten Menschheit.“

Außenministerin Annalena Baerbock: „Das Abkommen zum Schutz der Hochsee ist ein Hoffnungsschimmer für die ganze Welt. Bisher war es so, dass die Hohe See im Umweltbereich de facto ein rechtsfreier Raum war, auch wenn 2/3 der Ozeane die Hohe See umfassen. Gerade mit Blick auf den Schutz von Biodiversität konnten wir aufgrund dieser Regelungslücke nicht gemeinsam unsere Hohe See schützen. Das ändert sich jetzt mit diesem Abkommen. Und zugleich ist dieses Abkommen auch ein Hoffnungsschimmer für die Vereinten Nationen. Ja, dieser Prozess war lang. 15 Jahre hat es gedauert. Dieser Prozess hat aber auch gezeigt, wie wichtig es ist, dass wir gemeinsam in den Vereinten Nationen gerade bei schwierigen Themen um Lösungen ringen und bereit sind, dicke Bretter zu bohren. Am Ende können dann Abkommen im Sinne der gesamten Welt zustande kommen.“

Das UN-Hochseeschutzabkommen gilt für ein Gebiet, das circa 40 Prozent der Erdoberfläche ausmacht. Es ermöglich, dass Schutzgebiete auf der Hohen See und im sogenannten „Gebiet“ (hoheitsfreier Tiefseeboden) ausgewiesen werden können. In diesen Gebieten wird die menschliche Nutzung eingeschränkt. Dies kann zum Beispiel die Fischerei, die Schifffahrt, oder auch den Tiefseebergbau betreffen. Die Vertragsstaatenkonferenz wird hierfür unter anderem mit Organisationen wie der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO), der internationalen Meeresbodenbehörde (IMB) oder regionalen Fischereiorganisationen zusammenarbeiten. Die marine Biodiversität leidet unter dem fortschreitenden Nutzungsdruck auf die Meere, sowie den Auswirkungen des Klimawandels. Die Temperatur der Weltmeere ist dieses Jahr auf ein Rekordhoch gestiegen. Durch Ruhe- und Rückzugsräume können Schutzgebiete als Klimaschutzinstrumente eingesetzt werden, um unter anderem die Resilienz der Ozeane zu stärken. Das Hochseeschutzabkommen ist somit ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der VN-Nachhaltigkeitsziele (SDG 13 [Klimaschutz] und SDG 14 [Leben unter Wasser]).

Daneben verpflichtet das UN-Hochseeschutzabkommen Staaten zu Umweltverträglichkeitsprüfungen für relevante menschliche Aktivitäten auf der gesamten Hohen See, um die Auswirkungen auf die Meeresumwelt möglichst gering zu halten. Weiterhin regelt es den Vorteilsausgleich für die Nutzung maringenetischer Ressourcen der Hochsee sowie den Kapazitätsaufbau und Transfer von Meerestechnologie für Entwicklungsländer.
Besonders erfreulich ist, dass das Abkommen es ermöglicht, Meeresschutzgebiete ggf. auch mit Dreiviertelmehrheit auszuweisen, wenn ein Konsens nicht erreichbar ist, und dass es unmittelbare rechtliche Pflichten der Staaten enthält, die gegebenenfalls auch mithilfe der bewährten Streitbeilegungsmechanismen des UN-Seerechtsübereinkommens geklärt werden können (zum Beispiel vor dem Internationalen Seegerichtshof in Hamburg, dem IGH oder Schiedsgerichten).

Hintergrund

Die Hohe See umfasst 2/3 der gesamten Meeresgebiete und liegt außerhalb nationaler Hoheitsbefugnisse einzelner Staaten. Mit dem UN-Hochseeschutzabkommen werden detaillierte Regelungen zum Schutz der Biodiversität getroffen und eine Governance-Lücke geschlossen.

Das UN-Hochseeschutzabkommen tritt nach 120 Tagen in Kraft, sobald 60 Staaten das Abkommen ratifiziert haben. Der Ratifizierungsprozess schließt sich an die Unterzeichnung an. Nach Angaben der UN werden rund 20 Staaten das Abkommen bereits in den ersten Tagen unterzeichnen. Für DEU ist ein Umsetzungsgesetz erforderlich, was die Beteiligung des Bundestags voraussetzt.

Nachdem das Abkommen in Kraft getreten ist, wird eine Vertragsstaatenkonferenz (englisch COP – Conference of Parties) eingerichtet werden. Die Vertragsstaatenkonferenz kann unter anderem Beschlüsse zur Ausweisung von Schutzgebieten auf der Hohen See treffen und Empfehlungen an andere internationale Organisationen, wie zum Beispiel die Internationale Seeschifffahrtsorganisation zum Schutz der Biodiversität abgeben. Daneben entscheidet die Vertragsstaatenkonferenz zum Beispiel auch über die Einrichtung eines ständigen Sekretariats für das UN-Hochseeschutzabkommen und über dessen Sitz. Deutschland wird die Umsetzung des UN-Hochseeschutzabkommens durch die Internationale Klimaschutzinitiative (IKI) fördern. Daneben hat Deutschland eine Meeresoffensive gestartet, die sich sowohl international als auch national gegen die Umweltverschmutzung der Meere und für den besseren Umgang mit der Artenvielfalt einsetzt.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim BMUV.

Neben den vielen überwältigenden Hiobsbotschaften über die Klima- und Biodiversitätskrise freuen wir uns, euch zur Abwechslung  ein paar „Good News“ präsentieren zu können. Auch gegen die Plastikflut liegt seit Anfang September ein Entwurf für ein globales Plastikabkommen vor und im Juli hat das Europäische Parlament für das Nature Restauration Law gestimmt.

Naturschutzverbände fordern Einlösung der Verdopplung der internationalen Naturschutzfinanzierung Deutschlands

Ein Naturschutz-Infoschild steht an einem Wanderweg

© Rosa-Maria Rinkl / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Pressemitteilung, 20.09.2023, Gemeinsame Pressemitteilung von BUND, CfN, DNR, DUH, FUE, Greenpeace, NABU, Pro Wildlife, WWF, ZGF

Berlin – Genau auf den Tag vor einem Jahr, kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz am Rande der UN-Vollversammlung an, dass die Bundesregierung bis spätestens 2025 1,5 Milliarden Euro jährlich in den weltweiten Erhalt der Natur und der Ökosysteme investieren wird. Die versprochene Erhöhung der finanziellen Mittel war ein politisch wichtiges Signal für die Weltnaturkonferenz in Montreal. Ohne das Vertrauen der Länder des globalen Südens, dass für die Umsetzung ausreichende finanzielle Ressourcen verfügbar sein werden, wäre das Abkommen vermutlich gescheitert. Im aktuellen Haushaltsentwurf scheint die Mittelerhöhung jedoch nicht eingeplant zu sein, was den deutschen Naturschutzverbänden große Sorge bereitet.

„Sollte Bundeskanzler Scholz sein Wort brechen, ginge das mit einem massiven Vertrauensverlust der Länder im globalen Süden einher, in denen der Großteil der noch verbleibenden Artenvielfalt liegt und die fest mit den zugesagten Finanzmitteln rechnen, um die historischen Ziele der Weltnaturkonferenz umzusetzen. Es wäre ein fatales Signal an die Welt. Ohne globale Solidarität lassen sich die größten Bedrohungen für die Menschheit, wie dem Verlust unserer natürlichen Lebensgrundlagen nicht lösen. Der Bundeskanzler würde damit nicht nur ein Scheitern des Abkommen von Montreal in Kauf nehmen, er riskiert damit auch die Zukunft der Menschen in Europa und überall in der Welt.

Rund 800 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich wären bis 2025 nötig, um den versprochenen Betrag einzuhalten. Ohne eine entsprechende schrittweise Erhöhung, die bereits in diesem Bundeshaushalt enthalten sein müsste, ist das nicht realistisch umzusetzen. Die Befürchtung: Eine schlagartige Verdopplung der Mittel könnte 2025 der Ressortabstimmung zum Opfer fallen. Doch sowohl der reduzierte Haushaltentwurf 2024 als auch die deutlichen Kürzungen in der Finanzplanung für das Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) bis 2027, lassen befürchten, dass der rigide Sparkurs von Bundesfinanzminister Lindner ausgerechnet die Bewahrung unserer Lebensgrundlagen vernachlässigt – mit fatalen Folgen. Das rasant fortschreitende Artensterben und die Zerstörung der Ökosysteme bedrohen alle Aspekte unserer Gesellschaft, darunter Wohlstand, Gesundheit, Wohlbefinden, Wirtschaft und Sicherheit aller Menschen.

Deutschland, die EU und andere Industrieländer haben bei der Finanzierung eine besondere Verantwortung, auch weil ihre Wirtschafts- und Handelsaktivitäten weltweit massiv zur Zerstörung der Natur beitragen. Insgesamt sind mindestens 30 Prozent des Verlustes von Arten direkt verbunden mit der Herstellung und dem Handel von Produkten, die in den Industriestaaten konsumiert werden.

„Wenn wir jetzt nicht alles für die Erhaltung der Biodiversität geben, wird das Anthropozän – das Zeitalter des Menschen – zur kürzesten Epoche der Erdgeschichte! Wie von mehr als 1700 Wissenschaftlern*innen in der „Berliner Erklärung“ 2021 gefordert, muss Deutschland als viertgrößte Volkswirtschaft seiner besonderen Verantwortung für den Verlust Biologischer Vielfalt gegenüber dem globalen Süden gerecht werden und die Finanzmittel kurzfristig mindestens verdoppeln und mittelfristig auf acht Milliarden Euro pro Jahr erhöhen“, so Prof. Dr. Klement Tockner, Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung.

Die Biodiversitätskrise gehört laut World Economic Forum (WEF) neben der Klimakrise zu den größten Risiken für die Zukunft der Menschheit. Sie hat zudem weitreichende Konsequenzen für die Weltwirtschaft und Unternehmen. Daher fordern auch führende Ökonomen sofortige Investitionen und Maßnahmen in den Schutz der Biodiversität, denn die Kosten der Untätigkeit beim Verlust der biologischen Vielfalt sind hoch. Zwischen 1997 und 2011 verlor die Welt laut OECD schätzungsweise 4 bis 20 Billionen US-Dollar pro Jahr an Ökosystemleistungen.

Wir fordern den Bundeskanzler auf, in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung am 22. September auf die Dringlichkeit der ausreichenden Finanzierung des Weltnaturabkommens hinzuweisen. Dafür muss die Verdopplung des deutschen Beitrags bestätigt und im diesjährigen Bundeshaushalt realisiert werden. Kanzler Scholz muss gleichzeitig an alle Industrieländer appellieren, ihre finanziellen Beiträge gegenüber den Ländern des globalen Südens ebenfalls zu erhöhen, um den auf der Weltnaturkonferenz in Montreal vereinbarten Betrag von insgesamt 20 Milliarden pro Jahr bis 2025 sicherzustellen.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Das Weltnaturabkommen hat das Ziel, bis 2030 mindestens 30 Prozent der Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen – dazu hat sich auch Deutschland verpflichtet. Dies ist insbesondere für die Zukunft der stark übernutzten Nord- und Ostsee entscheidend.

Rechtsstreit um LNG-Vorhaben vor Rügen: Natur steht als Verlierer da

Kormorane fliegen über den Greifswalder Bodden

© Archiv Frank Liebig / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0 DE)

Pressemitteilung, 19.09.2023, NABU

Bundesverwaltungsgericht lehnt Eilantrag ab/ Beschleunigungsgesetzgebung führt zu bitterer Entscheidung für Greifswalder Bodden

Berlin/Schwerin – Enttäuscht hat der NABU die ablehnende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig im Eilverfahren zur LNG-Pipeline vor Lubmin im Greifswalder Bodden zur Kenntnis genommen. Diese ist am gestrigen Abend zugestellt worden. Der NABU-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern hatte unter anderem einen Baustopp beantragt, um insbesondere Baggerarbeiten an gesetzlich geschützten Riffen zu verhindern. „Die Argumentation des Gerichts ist für uns an vielen Stellen nicht nachvollziehbar“, so NABU-Landesgeschäftsführerin Dr. Rica Münchberger. „Zumal die Entscheidung bereits vor Ablauf unserer Begründungsfrist ergangen ist und wir bislang keine Einsicht in verfahrensrelevante Akten nehmen konnten. Unter diesen Bedingungen und mit den sehr kurzen Fristen, wird es für Umweltverbände nahezu unmöglich erfolgreiche Entscheidungen im Eilverfahren zu erstreiten.”

Es werde der gesetzliche Biotopschutz vom Tisch gewischt und der Habitatschutz vernachlässigt. „Das Gericht argumentiert, wir hätten eine erhebliche Beeinträchtigung der Riffe nicht substantiiert dargelegt“, so Dr. Rica Münchberger. „Die Leipziger Richter*innen ignorieren dabei die fehlende Akteneinsicht und stellen die Beweisführungspflicht auf den Kopf: Eigentlich darf eine Behörde ein Vorhaben nämlich nur dann zulassen, wenn sie zuvor Gewissheit darüber erlangt hat, dass dieses sich nicht nachteilig auf das Gebiet auswirkt.”

Diese erforderliche Gewissheit liegt nach der Rechtsprechung aber nur dann vor, wenn aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel an der Annahme besteht, dass solche Auswirkungen nicht auftreten werden. Nach Überzeugung des NABU sind diese Zweifel aber vorhanden, weil wertvolle Riffe dauerhaft zerstört werden und beispielsweise Laichhabitate und Rückzugsräume inmitten eines Meeresschutzgebietes verloren gehen. Auch die ausführlichen Kapazitätsberechnungen zur Versorgungslage werden in der Entscheidung vollständig ausgeblendet. Die alternative Nutzungsmöglichkeit der vorhandenen Nord-Stream-2-Rohre ebenso.

„Insgesamt führt die Entscheidung zu einer Niederlage für die Natur. Der Beschleunigungsrausch der Bundesregierung wirkt sich in Verfahren wie dem vorliegenden in gravierender Weise auf den Rechtsschutz aus”, stellt Dr. Rica Münchberger fest. Der NABU als größter deutscher Umweltverband sieht sich in der Verantwortung, das Verfahren als Anlass zu nehmen, um sich weiterhin vertieft mit den Auswirkungen der Beschleunigungsgesetzgebung zu befassen und auf daraus resultierende Missstände aufmerksam zu machen.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Bereits mehrfach in diesem Jahr hat der NABU MV gemeinsam mit anderen Umweltverbänden vor den irreparablen Umweltschäden der LNG-Pipeline durch den Greifswalder Bodden sowie weiterer geplanter küstennaher und küstenferner LNG-Standorte bei Rügen gewarnt. Neben den Auswirkungen für Flora und Fauna trägt das Gas außerdem nicht zum Klimaschutz bei – der CO2-Austoß der Schiffe, die LNG verwenden, verringert sich kaum, der Methanausstoß erhöht sich sogar.

Schutz der Weltmeere braucht mehr Tempo und internationale Kooperation

Eine grüne Meeresschildkröte schwimmt über einem Korallenriff

© Brocken Inaglory / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Pressemitteilung, 13.09.2023, NABU

Krüger: Bundesregierung sendet Signal zum Schutz der marinen Biodiversität

Berlin – Die Bundesregierung hat heute dem historischen UN-Abkommen „Biodiversität jenseits nationaler Gesetzgebung“ (BBNJ) offiziell zugestimmt. Das Abkommen soll fast 60 Prozent der Weltmeere abseits von Staatsgrenzen schützen. Die Verhandlungen über den ersten internationalen Vertrag zum Schutz der Hohen See hatten mehr als 15 Jahre gedauert. Gleichzeitig zeigt ein neuer Bericht, wie schlecht es um die Nordsee und den angrenzenden Atlantik steht.

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Die Bundesregierung sendet mit der Zustimmung zum UN-Hochseeabkommen ein wichtiges Signal. Weite Teile der Meere waren bisher ein nahezu rechtsfreier Raum, ihre Nutzung alles andere als nachhaltig. Mit dem Abkommen besteht die berechtigte Hoffnung, dass die internationale Staatengemeinschaft beim Meeresschutz künftig besser kooperiert und rechtsverbindliche Meeresschutzgebiete auf der Hohen See ausweist, die das Überleben unzähliger Arten sichern. Jetzt kommt es darauf an, dass weitere Staaten nachziehen, damit das Abkommen in Kraft treten und schnell umgesetzt werden kann.“

Auch der heute veröffentlichte Bericht zum Zustand des Nordost-Atlantiks des Regionalabkommen OSPAR macht deutlich, dass der internationale Schutz der Meere mehr Tempo braucht. Denn trotz nationaler und internationaler Anstrengungen nimmt die Artenvielfalt im Nordost-Atlantik weiter ab. Meeresvögel, wie Meeresenten, Eissturmvögel und Dreizehenmöwen, sind in einem erschreckend schlechten Zustand und viele Fischbestände stehen massiv unter Druck. Der Einfluss von Fischerei, Schifffahrt und Infrastrukturvorhaben verändert ganze Nahrungsnetze, wichtige Funktionen gehen verloren. Das Ökosystem Nordsee droht sich dadurch dauerhaft zu verändern.

„Auch wenn das Verständnis über die Auswirkungen unseres Handelns immer besser wird, so scheitern wir doch weiterhin daran, diese endlich ausreichend zu regulieren und die marine Artenvielfalt zu schützen. Hinzu kommen die bereits jetzt messbaren Auswirkungen des Klimawandels“, warnt NABU-Meeresschutzexperte Thorsten Werner. „Um einen Kurswechsel für unsere Meere herbeizuführen, brauchen wir endlich streng geschützte Meeresschutzgebiete.“

Der NABU fordert insbesondere die Umsetzung des von der EU-Kommission empfohlenen Verbots der grundberührenden Fischerei in Meeresschutzgebieten und eine räumliche Neuordnung des Seeverkehrs. Dazu gehört auch die Umstellung auf klimafreundliche und schallarme Schiffsantriebe.

Hintergrund:

Das Regionalabkommen OSPAR (Oslo-Paris-Kommission) veröffentlicht alle zehn Jahre einen Zustandsbericht des Nordost-Atlantiks (OSPAR Quality Status Report). Basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen werden dabei sowohl der aktuelle Zustand der Meeresumwelt und der marinen Arten und Lebensräume als auch die Wirksamkeit der Maßnahmen zum Schutz und Erhalt des Nordost-Atlantiks bewertet. Somit liefert der Bericht wichtige Erkenntnisse über Fortschritte und Erfolge aber auch Schwächen und Misserfolge beim Schutz der marinen Biodiversität des Nordost-Atlantiks.

Das BBNJ-Abkommen liefert zum ersten Mal ein umfassendes und rechtsverbindliches Rahmenwerk für den Schutz der Hohen See und ist die Konsequenz der Weltbiodiversitätskonferenz (CBD) vom Dezember 2022. Es macht detaillierte Vorgaben für Umweltverträglichkeitsprüfungen, Monitoring und berücksichtigt auch das Zusammenwirken menschlicher Aktivitäten. 60 Unterzeichnerstaaten müssen das BBNJ-Abkommen ratifizieren, bevor es in Kraft treten kann.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Das BBNJ-Abkommen stellt erstmals die Weichen für die Einrichtung von rechtsverbindlichen Meeresschutzgebieten außerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone von Staaten. Das ist nicht nur für den Meeres- und Artenschutz, sondern auch für den Klimaschutz von großer Bedeutung.

Umfassender Entwurf für ein globales Plastikabkommen liegt vor

Ein Strand voll mit Plastikflaschen und anderem Müll

© Pete Linforth / Pixabay

Pressemitteilung, 05.09.2023, WWF

WWF fordert rechtlich bindende Maßnahmen, globale Solidarität und ausreichende Finanzierung

Seit gestern liegt der erste Entwurf für ein globales Abkommen gegen die Plastikflut vor. Dieser sogenannte “Zero Draft” bildet die Grundlage für die bevorstehenden Vertragsverhandlungen im November. Der WWF begrüßt den umfassenden Entwurf und hält es für einen wichtigen Schritt, dass sich die Weltgemeinschaft trotz vieler unterschiedlicher Sichtweisen auf einen ersten gemeinsamen Text einigen konnte. Der konstante Einsatz des Bundesumweltministeriums und Umweltministerin Steffi Lemke leistete dazu einen wichtigen Beitrag.

“Viele Jahre haben wir um das Verhandlungsmandat für ein globales Plastikabkommen gerungen. Der Entwurf ist endlich der Startpunkt für die ersten konkreten Textverhandlungen in Nairobi. Sie sind der schwierigste Teil auf dem Weg zum Abkommen“, erklärt Florian Titze, Experte für internationale Politik beim WWF Deutschland.

Der erste Entwurf beinhaltet eine Reihe effektiver Lösungen, um die globale Plastikkrise zu adressieren. Darunter sind weltweite Verbote und Reduktionsmaßnahmen für Kunststoffe mit hohem Verschmutzungsrisiko, wie beispielsweise Einwegplastikprodukte, Mikroplastik in Kosmetika oder auch Geisternetze. In Fällen, in denen ein umgehendes Verbot schädlicher Produkte nicht möglich ist, muss das Abkommen sicherstellen, dass diese Produkte bis spätestens 2035 vollständig aus dem Verkehr gezogen werden.

Der WWF mahnt allerdings, dass viele der beinhalteten Lösungen noch nicht konkret genug seien. „Der Text enthält noch viele unwirksame Optionen und Scheinlösungen, die vor allem von ölproduzierenden und –verarbeitenden Staaten gefordert werden. Das muss sich ändern. Außerdem müssen globale Kontrollmaßnahmen rechtlich bindend im Vertrag festgelegt werden und auch global gelten. Beschließen wir nur freiwillige Maßnahmen, wird das die Plastikflut nicht aufhalten. Das hätte verheerende Folgen für Mensch, Natur und Artenvielfalt“, so Florian Titze.

Darüber hinaus fordert der WWF noch mehr globale Solidarität und ausreichende Finanzierung für die Umsetzung des Abkommens in allen Ländern. Bis Ende 2024 müssen sich die Staaten auf wirksame und für alle Länder geltende globale Maßnahmen einigen.

Hintergrund

Im März 2022 haben die UN-Mitgliedstaaten einstimmig den historischen Beschluss gefasst, die weltweite Plastikkrise zu stoppen und ein Abkommen zum Beenden der globalen Plastikverschmutzung zu verhandeln. Mit dem gestern veröffentlichten „Zero Draft“ liegt zum ersten Mal ein Verhandlungstext vor, über den die Mitgliedstaaten im November in Nairobi, Kenia, beraten werden. Dies wird die dritte (INC-3) von fünf Verhandlungsrunden sein. Das finale UN-Plastikabkommen wird Ende 2024 erwartet.

Obwohl Kunststoff haltbar und vielseitig einsetzbar ist, werden aus fast der Hälfte des produzierten Plastiks kurzlebige oder Einwegartikel hergestellt, deren Zerfall – wenn sie in die Natur geraten – Hunderte von Jahren dauern kann. Die meisten dieser Produkte werden in Ländern mit hohem und mittlerem Einkommen verbraucht. Untersuchungen zeigen, dass 2015 bereits 60 Prozent aller jemals produzierten Kunststoffe ihr Lebensende erreicht hatten und weggeworfen wurden. Weltweit wurden weniger als 10 Prozent des Plastikmülls recycelt. Der Rest wurde entweder verbrannt, auf Mülldeponien gelagert oder so schlecht gehandhabt, dass er in die Umwelt gelangt.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.

Der Runde Tisch Meeresmüll, der seit nunmehr sieben Jahren Handlungsempfehlungen gegen die Plastikverschmutzung von Nord- und Ostsee erarbeitet, kann als bereits bestehendes nationales Netzwerk die Umsetzung des globalen Plastikabkommens auf lokaler Ebene unterstützen.

Brand der Fremantle Highway muss Konsequenzen für Schutz des Wattenmeers haben

Der ausgebrannte Frachter Fremantle Highway wird abgeschleppt

© Uberprutser / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Pressemitteilung, 02.08.2023, NABU

Miller: Schutzgebiete stärken und Schiffsverkehr in der Nordsee neu ordnen

Berlin – Der noch immer brennende Frachter „Fremantle Highway“ mit rund 3.800 Autos an Bord hat seinen vorläufigen Ankerplatz rund 16 Kilometer nördlich der Wattenmeerinsel Schiermonnikoog erreicht. Dort soll er zunächst einige Tage bleiben, bevor er in einen Hafen geschleppt wird. Nach wie vor besteht die Gefahr, dass das Schiff unkontrolliert sinkt und 1,6 Millionen Liter Schweröl ins Wattenmeer fließen. NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller kommentiert die Ereignisse der letzten Tage wie folgt:

„Wir können durchatmen, doch die konkrete Gefahr für das Weltnaturerbe Wattenmeer ist noch nicht gebannt. Es gilt, weiter die Umweltkatastrophe zu verhindern. Wir vertrauen auf die Rettungskräfte und gleichzeitig braucht es jetzt politische Konsequenzen. Es ist fahrlässig, eine der meistbefahrenen Schifffahrtstraßen der Welt, die Route ‚Terschelling German Bight‘ so nah an diesem einzigartigen Ökosystem entlangzuführen. Drei schwere Zwischenfälle seit 2017 verlangen Antworten der Politik, allen voran vom Bundesverkehrsministerium. Tanker, große Containerschiffe und Gefahrguttransporte – zu denen ab sofort auch Autotransporte gehören sollen – müssen zwingend auf das weiter nördlich liegende Verkehrstrennungsgebiet ausweichen. So gewinnt die Küstenwache im Havariefall kostbare Zeit.“

Der Schutz des Wattenmeers muss endlich Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen haben, fordert der NABU. Der Seeverkehr ist neu zu ordnen und der Transport von batteriegetriebenen Fahrzeugen hat unter deutlich strengeren Transport- und Brandschutzauflagen zu erfolgen. Deutschland muss im Schulterschluss mit den Niederlanden und auch Dänemark eine aktive Rolle in der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation einnehmen und entsprechende Standards für zukünftige Autotransporte und die Verkehrslenkung in der südlichen Nordsee erarbeiten.

Grundsätzlich sieht der NABU großen Nachholbedarf der Bundesregierung beim Schutz von Nord- und Ostsee. „Es ist ja kein Einzelfall, dass Schifffahrtslinien quer durch Meeresschutzgebiete gehen, gleich fünf zerstückeln das Naturschutzgebiet ‚Sylter Außenriff – Östliche Deutsche Bucht‘“, so Kim Detloff, Leiter NABU-Meeresschutz. „Wir fordern die Bundesregierung auf, mindestens die Hälfte aller Meeresschutzgebiete der Natur vorzubehalten. Nur so wird Deutschland den Verpflichtungen der EU-Biodiversitätsstrategie gerecht, halten wir Klimakrise und Artensterben vor unserer Haustür auf. Unseren offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz für wirksame Meeresschutzgebiete haben schon 23.000 Menschen unterzeichnet.“

Für die zweite Hälfte der Legislatur erwartet der NABU von der Ampel-Koalition, die versprochene Meeresoffensive zum Schutz der Meeresnatur endlich entschlossen anzugehen. Der Moment ist jetzt da, angesichts der dramatischen Bilder eines brennenden Autofrachters auf der Nordsee.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Um Katastrophen wie die des brennenden Frachters Fremantle Highway vorzubeugen, forderten Umweltverbände zur 14. trilateralen Wattenmeer-Konferenz, einen Großteil des Wattenmeers unter strengeren Schutz zu stellen.

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