Politik
Um die systematische Zerstörung der Ozeane zu verhindern, müssen wir uns gemeinsam dafür entscheiden.
Jeder für sich und alle zusammen als Teil von Politik und Wirtschaft.
How to shape a future without mining
Pressemitteilung, 10.06.2021, Seas At Risk
A new paper published today by Seas At Risk warns about the disastrous environmental consequences of a new mining boom while showing how it can be prevented. Opening more mines on land and pushing mining into fragile ecosystems like the deep sea to fuel economic growth is not a realistic way forward. Concrete alternatives to this model already exist and can make mining unnecessary.
‘Breaking Free From Mining – A 2050 blueprint for a world without mining on land and in the deep sea’ shows the steps needed to move away from patterns that aggravate the environment and climate crises, and shift towards a more sustainable society equipped to tackle them and break free from its dependence on finite resources.
Mining is one of the world’s most polluting industries and a main contributor to climate change. The production of seven metals (iron, aluminium, copper, zinc, lead, nickel and manganese) is responsible for 7% of all greenhouse gas emissions and a major cause of biodiversity loss, human rights violations, political instability and forced displacements in the Global South.
As the environment and climate crises intensify, the much-needed transition to a carbon-neutral economy has focused mostly on technology and innovation fixes such as the large-scale deployment of renewable energy infrastructure, electric vehicles and digitalisation, all of which are metal-intensive. However, relying only on the ‘green economy’ transition without moving away from overconsumption and the paradigm of infinite economic growth requires vast amounts of metals and minerals for batteries, electronic devices or energy infrastructure. “Technology and innovation are an important part of the solution to the ongoing climate and biodiversity breakdown. But we also need much deeper social and economic change”, says Ann Dom, Senior Policy Advisor at Seas At Risk, “and this involves shaping a different narrative for a sustainable future”.
Without it, the expected growth in demand for metals would lead to more mines being opened on land and resource extraction being pushed into new frontiers such as the deep sea, the ecosystem that sustains all life on earth. Hundreds of new mines are being planned across Europe, while several European countries currently hold deep-sea mining exploration licences in international waters and could start mining operations as early as 2023 [1]. “Unless we bring about change”, explains Monica Verbeek, Executive Director at Seas At Risk, “metals are on course to becoming the fossil fuels of the 21st century”.
The paper sets out alternative pathways to a different society and economy, projecting the reader to 2050 and a world in which we have moved away from over-exploitation of natural resources, where primary metal extraction has become a thing of the past, and the deep sea has been safeguarded from ecosystem destruction.
Using a science- and fact-based approach, the paper identifies 2020 as a tipping point for mining and the beginning of the transition to a post-growth society. It discusses existing and emerging alternatives – including the end of planned obsolescence and the rise of repair, reuse and remanufacturing of goods; the shift to distributed energy generation; and mobility systems less reliant on private cars, among many others – and how they are to become instrumental in a fundamental transformation towards a society based on needs rather than growth, on wellbeing, and on the use of resources within the limits of our planet.
Sacrificing entire ecosystems on land and in the deep sea to fuel a new mining boom would not only exacerbate the planetary crisis, but is also unnecessary, as the fact-based alternative narrative presented in the paper showcases. As we work towards a world without fossil fuels, we can also imagine one without mining.
NOTES
[1] For more information on European countries’ involvement in deep-sea mining see Seas At Risk’s report ‘At a crossroads: Europe’s role in deep-sea mining’.
Diese Pressemitteilung findet ihr bei Seas At Risk.
Deutschland hat im Winter 2022 bei den Verhandlungen im Rahmen des Rates der Internationalen Meeresbodenbehörde eine „precautionary pause“ beim Tiefseebergbau gefordert. Mehr darüber erfahrt ihr auf unserem Politik– und Tiefseeblog.
NABU: Meeresschutz ist Klimaschutz
Pressemitteilung, 07.06.2021, NABU
Internationaler Tag der Meere / Krüger: Meere sind nicht nur Wirtschaftsraum sondern unverzichtbar für Klima- und Artenschutz
Berlin – Mit ambitionierter Meeresschutzpolitik gegen die Klima- und Artenkrise: Zum Internationalen Tag der Meere am 8. Juni appelliert der NABU an die Politik, unsere Meere besser zu schützen. Nord- und Ostsee sind aufgrund der vielfältigen Belastungen in keinem guten Zustand, haben aber große Bedeutung für natürliche Klimaschutzmaßnahmen, den „Nature Based Solutions“.
Die Meere sind die stabilisierende Kraft des Klimasystems und als Sauerstoffproduzenten und Kohlenstoffsenken unverzichtbar. Durch den historischen Raubbau und die zunehmende Industrialisierung der Nord- und Ostsee drohen diese wichtigen Funktionen verloren zu gehen. „Meerespolitik ist längst kein Nischenthema mehr. Während Weltbiodiversitäts- und Weltklimarat in den Schutz der Ozeane die größte Hoffnung setzen, sieht Deutschland in den Meeren vor der Haustür vorrangig Raum für wirtschaftliche Nutzungen wie Fischerei, Schifffahrt und Offshore Windenergie“, moniert NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger, „Wir ignorieren die Verpflichtungen des Natur- und Artenschutzes wie auch die Funktionen und Leistungen von Seegraswiesen, Salzwiesen, Riffen und der mariner Vielfalt für den Klima- und Küstenschutz.“
Je höher die Artenvielfalt und Biomasse im Meer und je gesünder das System, desto effektiver ist seine Klimafunktion als Kohlenstoffsenke. Nur 0,2 Prozent der Meeresfläche binden 50 Prozent des globalen Kohlendioxids in Sedimenten. Salzwiesen sind die effektivsten Klimaschützer. Sie entziehen der Atmosphäre langfristig CO2, mit bis zu 245 Gramm pro Quadratmeter und Jahr mehr als Moore. Sie wachsen mit dem steigenden Meeresspiegel mit und sind so gleichzeitig eine natürliche Klimaschutzmaßnahme. Ebenso Seegraswiesen, die als Kinderstuben der Meere gelten. In Deutschland aber ist deren Fläche in den letzten Jahrzehnten um mehr als 1000 Quadratkilometer zurückgegangen.
„2020 hat Deutschland das Ziel der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie verfehlt, einen guten Umweltzustand von Nord- und Ostsee zu erreichen. Gleichzeitig treibt die Bundesregierung über die neue marine Raumordnung die Industrialisierung der Nord- und Ostsee weiter voran. Damit muss Schluss sein. Der Schutz mariner Arten und Lebensräume sowie ihrer Funktionen ist eine zentrale Zukunftsaufgabe der künftigen Bundesregierung. Deutschland hat für die Meerespolitik weder einen nachhaltigen Plan, noch eine eigene Strategie“, kritisiert NABU-Meeresschutzexperte Kim Detloff.
Die EU-Biodiversitätsstrategie fordert, mindestens 15 Prozent der geschädigten Meeresflächen wiederherzustellen, zehn Prozent sollen streng geschützt werden. Auch davon ist Deutschland weit entfernt. Selbst in den Meeresschutzgebieten wird gefischt, werden Rohstoffe abgebaut. Die Europäische Kommission hat kürzlich ein Vertragsverletzungsverfahren wegen unzureichender Umsetzung des Natura-2000-Schutzgebietsnetzwerks an Land und im Meer gegen Deutschland eröffnet – ein notwendiger Warnschuss.
„Das Nichtstun von heute kann später sehr teuer werden – nicht nur aufgrund drohender Strafzahlungen aus Brüssel. Investitionen in den Schutz der Meere und in die Renaturierung klimarelevanter Ökosysteme sind eine notwendige Investition in unsere Zukunft. Und das Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts hat uns gezeigt, dass diese Zukunftsgerechtigkeit im Zweifelsfall auch einklagbar ist. Das muss die Politik erkennen“, so Krüger.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
DEEPWAVE und weitere Umweltverbände fordern in einer gemeinsamen Stellungnahme zum Entwurf der Marinen Raumordnung eine nachhaltige Nutzung der deutschen Meere ohne Gefährdung von Schutzgebieten. Mehr dazu erfahrt ihr in unserem Politikblog.
NABU zum Tag des Ostseeschweinswals: Jeder tote Wal ist einer zu viel
Pressemitteilung, 14.05.2021, NABU
Krüger: Sofortprogramm zur Räumung von Munition im Meer überfällig
Berlin – Zum Internationalen Tag des Ostseeschweinswals am 16. Mai fordert der NABU mehr politische Verantwortung und effektive Maßnahmen zum Schutz von Deutschlands einzigem heimischen Wal. Aktuell sorgt sich der NABU insbesondere um Unterwassersprengungen von Munitionsaltlasten. Sie sind am Montag, den 17. Mai Thema im Umweltaussschuss des Deutschen Bundestages. Der NABU ist als Sachverständiger dazu geladen.
In der zentralen Ostsee leben nur noch 500 Schweinswale. Der kleine Meeressäuger gilt als vom Aussterben bedroht. Seit Jahren wird um Maßnahmen zum Schutz des Schweinswals in der Fischerei oder beim Bau von Windenergieanlagen gerungen. Trotzdem nimmt der Bestand ab. „Deutschland versagt bislang beim Schweinswalschutz. Ob ertrunken im Stellnetz oder getötet bei der Sprengung von versenkter Weltkriegsmunition: Jeder tote Schweinswal ist einer zu viel. Die Politik muss entschlossen handeln,“ sagte NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger.
2019 waren nach Minensprengungen eines NATO-Flottenverbandes unter deutscher Beteiligung im Naturschutzgebiet Fehmarnbelt vermutlich mehr als zehn Schweinswale getötet worden. Vor wenigen Wochen konnte nach Intervention des NABU und des Bundesumweltministeriums eine Sprengung für den geplanten Fehmarnbelttunnel in letzter Minute verschoben werden bis ein Blasenschleier verfügbar ist. „Munition unter Wasser ohne technischen Schallschutz zu sprengen muss aufhören. Dieses Vorgehen verstößt gegen geltendes Naturschutzrecht. Das eigentliche Problem liegt aber viel tiefer. Seit Jahrzehnten versäumt es die Politik, eine Strategie zum Umgang mit Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee zu entwickeln. Das Zögern der Bundesregierung rächt sich jetzt,“ erläutert NABU-Meeresexperte Kim Detloff.
Mehr als 1,6 Millionen Tonnen Weltkriegsmunition verrotten am Grund der deutschen Nord- und Ostsee. Giftige Schadstoffe wie TNT oder Schwermetalle werden frei und finden sich in Fischen und Muscheln. Immer wieder werden Wasserbomben oder Minen beim Pipeline- oder Windparkbau gefunden und gesprengt. Nachdem im April die Umweltministerkonferenz auf die zunehmende Gefahr aufmerksam gemacht hatte, wurden zwei Anträge zum Thema in den Bundestag eingebracht – der Antrag von CDU/CSU und SPD ist bereits beschlossen. Ein weiterer von FDP und Bündnis90/DIE GRÜNEN wird noch im Umweltausschuss diskutiert.
„Der fraktionsübergreifende Konsens ist da. Jetzt muss gehandelt werden. Neben dem Aufbau eines Kompetenzzentrums von Bund und Ländern fordert der NABU ein 100 Millionen Euro Sofortprogramm zum Start einer Pilotkampagne zur umweltverträglichen Räumung von Munitionsaltlasten in der Ostsee und den Aufbau mobiler Entsorgungskapazitäten. Das hilft nicht nur dem Schweinswal, sondern auch dem Forschungs- und Industriestandort Deutschland“, so Krüger.
Das Sofortprogramm Munitionsräumung und andere Forderungen richtet der NABU im Wahljahr 2021 an die Parteien. Weitere Informationen dazu hier: Microsoft Word – 210217_NABU_Kernforderungen_Bundestagswahl
Mehr Informationen zu Munitionsaltlasten: Munition im Meer – NABU
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Welche Auswirkungen Lärm auf die Meeresbewohner hat, könnt ihr hier nachlesen. Die Forderungen vom NABU zum Tag des Ostseeschweinswals 2020 findet ihr in unserem Politikblog.
NABU klagt gegen Weiterbau von Nord Stream 2
Pressemitteilung, 03.05.2021, NABU
Krüger: Schäden am Meeresökosystem müssen kompensiert werden – Zeit des Freikaufens ist vorbei
Berlin/Hamburg – Der NABU hat am 3. Mai Klage gegen die vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) ausgestellte Genehmigung der Gaspipeline Nord Stream 2 eingereicht. Die Klage betrifft den noch nicht fertiggestellten Pipelineabschnitt in der Ausschließlichen Wirtschaftszone Deutschlands. Der Klage vorausgegangen war ein Widerspruchsverfahren, das seit dem Jahr 2018 lief und nach der zweiten Änderungsgenehmigung zuletzt im März 2021 erweitert wurde. Diesen Widerspruch hatte das BSH am 1. April 2021 abgewiesen. Deshalb bleibt nun nur der Klageweg, um den Schaden an der Ostsee zu begrenzen. Wegen der eingereichten Klage darf vorerst nicht im deutschen Teilabschnitt weitergebaut werden.
„Mit unserem vorausgegangen Widerspruchsverfahren haben wir erreicht, dass in der besonders sensiblen Winterrastzeit im Vogelschutzgebiet nicht gebaut werden konnte. Doch Nord Stream 2 zerstört auch direkt Lebensräume am Meeresboden auf einer Fläche von über 16 Fußballfeldern, der Einflussbereich insgesamt ist mehr als zehn Mal so groß“, so NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger, „Eingriffe in Ökosysteme müssen laut Naturschutzrecht vorrangig durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert werden. Das Bundesamt für Naturschutz hatte deshalb gefordert, geschädigte Riffe wiederherzustellen. Doch Nord Stream 2 soll sich stattdessen mit einem Ersatzgeld freikaufen können. Das wird dem kritischen Zustand der Ostsee keinesfalls gerecht. Daneben stellt sich immer drängender die Frage, ob wir diese Pipeline überhaupt brauchen. Das Projekt ist ein Dinosaurier fossiler Infrastruktur und gefährdet beispielsweise laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung die Energiewende.“
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Weitere Kritikpunkte des NABU bezüglich der Verletzung des Natur- und Klimaschutzes durch den Bau von Nord Stream 2 könnt ihr in unserem Politikblog nachlesen.
Revision des NABU zum Offshore Windpark Butendiek am Bundesverwaltungsgericht erfolgreich
Pressemitteilung, 30.04.2021, NABU
Krüger: Entscheidung macht den Weg frei für den Schutz der Seetaucher
Berlin/Leipzig – Das Bundesverwaltungsgericht hat am 29. April im Rechtsstreit des NABU um den Offshore Windpark Butendiek das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Hamburg aufgehoben und das Verfahren zurückverwiesen. Die Verpflichtung zum Einschreiten der Genehmigungsbehörde, dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), auf Grundlage der Seeanlagenverordnung müsse neu bewertet werden. Das Hamburger Gericht meinte noch, eine zeitweise Abschaltung der Windkraftanlagen sei nicht möglich, da die Legalisierungswirkung der Ursprungsgenehmigung aus dem Jahr 2002 dem entgegenstehe. Diese Auffassung sahen die Leipziger Richter als nicht vereinbar mit dem Bundesrecht und verwiesen auf die dynamischen Betreiberpflichten. Dazu NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger:
„Das Urteil ist ein wichtiger Etappensieg in einem komplizierten Rechtsstreit um einen Windpark am falschen Ort. Wir begrüßen, die Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich, hilft sie doch, das andauernde ‚Schwarze-Peter-Spiel‘ um Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zu beenden. Der Schaden im Vogelschutzgebiet ist heute unstrittig. Die Entscheidung macht den Weg für effektive Maßnahmen zum Schutz der Seetaucher frei. Dringend notwendig ist eine Teilabschaltung der Windenergieanlagen in den Monaten März und April, um jährlich wiederkehrende Lebensraumverluste im Vogelschutzgebiet zu verringern.“
Seit 2014 ist der NABU gezwungen, gleich zwei Umweltschadensklagen gegen den Windpark Butendiek zu führen. Während das BSH allein für die Abwehr von Umweltschäden verantwortlich sein soll, ist nach aktueller Rechtsprechung das Bundesamt für Naturschutz (BfN) für die Schadenssanierung zuständig. Eine Zersplitterung in der Umsetzung der europäischen Umwelthaftungsrichtlinie, die nicht nur den Klageweg des NABU verkompliziert, sondern insbesondere die Entwicklung von Schutzmaßnahmen erschwert. Durch den Windpark Butendiek haben die streng geschützten Stern- und Prachttaucher mindestens 265 Quadratkilometer des für sie ausgewiesen Schutzgebiets verloren. Die Vögel meiden die sich drehenden Turbinen bis in einer Entfernung von 16 Kilometern. Auch das BfN befürchtet einen Rückgang der lokalen Seetaucher-Population und hat jüngst räumliche Schutzmaßnahmen eingeleitet, die nach NABU-Meinung unzureichend sind.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Mehr Informationen zu der Klage des NABU gegen den Offshore Windpark Butendiek findet ihr in unserem Politikblog.
Historischer Erfolg für Klima-Verfassungsbeschwerde
Pressemitteilung, 29.04.2021, Germanwatch Kompakt
Karlsruhe erklärt Klimaschutzgesetz teilweise für verfassungswidrig und stärkt Rechte der jungen Generation
Berlin (29. April 2021). Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem heutigen Beschluss die Verfassungsbeschwerde von neun Jugendlichen für eine menschenwürdige Zukunft in weiten Teilen akzeptiert: Die Freiheits- und Grundrechte werden bereits heute durch unzureichenden Klimaschutz verletzt. Der Gesetzgeber muss das Klimaschutzgesetz bis Ende nächsten Jahres nachbessern.
Rechtsanwältin Dr. Roda Verheyen (Hamburg), die die jungen Menschen vertritt, kommentiert die Entscheidung: „Das Bundesverfassungsgericht hat heute einen global beachtlichen neuen Maßstab für Klimaschutz als Menschenrecht gesetzt. Es hat die extreme Krisensituation beim Klimaschutz erkannt und die Grundrechte generationengerecht ausgelegt. Der Gesetzgeber hat jetzt einen Auftrag für die Festlegung eines schlüssigen Reduktionspfads bis zur Erreichung der Treibhausgasneutralität. Abwarten und verschieben von radikalen Emissionsreduktionen auf später ist nicht verfassungskonform. Klimaschutz muss heute sicherstellen, dass zukünftige Generationen noch Raum haben.”
Sophie Backsen, eine der jungen Beschwerdeführer:innen, erlebt schon heute die Folgen der Klimakrise auf ihrer Heimatinsel Pellworm: „Die Entscheidung der Gerichts ist ein Riesenerfolg für uns junge Menschen, die wir schon jetzt von der Klimakrise betroffen sind – ich freue mich sehr! Es ist klar geworden, dass wesentliche Teile des Klimaschutzgesetzes nicht mit unseren Grundrechten vereinbar sind. Wirksamer Klimaschutz muss jetzt beginnen und umgesetzt werden – nicht erst in zehn Jahren. Nur so kann meine Zukunft auf meiner Heimatinsel gesichert werden. Die Entscheidung gibt mir Rückenwind, weiterzukämpfen.”
Luisa Neubauer von Fridays for Future ist ebenfalls eine Beschwerdeführerin: „Klimaschutz ist nicht nice-to-have – gerechter Klimaschutz ist Grundrecht, das ist jetzt offiziell. Ein Riesen Erfolg – für alle und besonders für uns junge Menschen, die seit über zwei Jahren für ihre Zukunft klimastreiken. Wir werden nun weiter kämpfen, für eine generationengerechte 1,5 Grad Politik.”
Germanwatch hat die Verfassungsbeschwerde unterstützt.
Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch:
„Das bahnbrechende Urteil des Bundesverfassungsgerichts legt den Schutz der Grundrechte endlich generationengerecht aus. Die Freiheit und Grundrechte von morgen dürfen nicht durch unsere Emissionen heute verheizt werden – es gibt die Verpflichtung, diesen Schutz durch ein wissenschaftsbasiertes Klimaschutzgesetz zu gewährleisten. Der Grundrechtsschutz gilt auch für betroffene Menschen im globalen Süden. Dieses Urteil wird ein zentraler Bezugspunkt für alle Klimaklagen, die weltweit anhängig sind.“
Die insgesamt vier Verfassungsbeschwerden richten sich gegen das 2019 verabschiedete Klimaschutzgesetz der deutschen Bundesregierung. Die Kläger:innen sind Jugendliche und Erwachsene aus dem In- und Ausland. Sie werden unterstützt vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und dem Solarenergie-Förderverein Deutschland, von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sowie von Greenpeace, Germanwatch und Protect the Planet. Mit ihren Verfassungsbeschwerden verleihen sie ihrer Kritik Nachdruck, dass die Ziele und Maßnahmen des Klimaschutzgesetzes nicht ausreichen, um ihre Grundrechte wirksam vor den Folgen der Klimakrise zu schützen sowie die Verpflichtungen aus dem Pariser Klima-Abkommen zu erfüllen. Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin war vorausgegangen – und lieferte wichtige Grundlagen für das heutige Urteil.
Aktenzeichen: 1 BvR 288/20
Diese Pressemitteilung findet ihr bei Germanwatch.
Auch in Portugal haben Jugendliche aufgrund der Verletzung ihrer Menschenrechte durch die Klimakrise 33 Staaten verklagt. Mehr dazu könnt ihr in unserem Klima– und Politikblog nachlesen.
NABU: Absage der Munitions-Sprengungen im Fehmarnbelt gute Entscheidung
Pressemitteilung, 23.03.2021, NABU
Krüger: Zeit für ein umweltschonendes Bergungskonzept für Kriegsaltlasten
Berlin – Die für heute geplante Sprengung auf der dänischen Trasse des geplanten Fehmarnbelttunnels findet nicht statt. Ursprünglich sollten so Wasserbomben und weitere Munitionsaltlasten entsorgt werden. Das dafür zuständige dänische Verkehrsministerium sagte das Vorhaben nach Informationen des Bundesumweltministeriums ab. NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger kommentiert:
„Das ist eine gute Entscheidung im Sinne des Meeresnaturschutzes und für den vom Aussterben bedrohten Schweinswal. Wir danken dem Bundesumweltministerium für seinen Einsatz. Jetzt gilt es, am Beispiel des Fehmarnbelt ein Konzept zu erarbeiten, um Kriegsaltlasten im Meer sprengungsfrei zu bergen. Für den Fall unvermeidbarer Sprengungen muss der Einsatz technischer Schallschutzmaßnahmen verbindlich sein. Es ist Zeit für ein einheitliches umweltschonendes Vorgehen beim Umgang mit dem gefährlichen Erbe der Weltkriege.“
Allein in der deutschen Nord- und Ostsee liegen bis zu zwei Millionen Tonnen Munitionsaltlasten. Wie gefährlich derartige Unterwassersprengungen sind zeigte sich im Sommer 2019 als nach Minensprengungen eines NATO-Verbandes zahlreiche Schweinswale im Naturschutzgebiet Fehmarnbelt getötet wurden.
Im Rechtsstreit mit dem NABU hatte sich Femern A/S als Vorhabenträger des Fehmarnbelttunnes zwar dazu verpflichtet, Unterwassersprengungen nur unter Einsatz eines sogenannten Blasenschleiers durchzuführen. Das Unternehmen sah sich dazu allerdings nur auf deutscher Seite des Fehmarnbelt verpflichtet. Die jetzt vollzogene Kehrtwende sollte nach Ansicht des NABU Anfang für gute Lösungen sein.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Weitere Informationen über die Auswirkungen der Fehmarnbeltquerung auf die Tier- und Pflanzenwelt der Ostsee könnt ihr in unserem Politikblog nachlesen.
Weltwassertag: NABU fordert Gewässerpolitik von der Quelle bis zum Meer
Pressemitteilung, 19.03.2021, NABU
Missmanagement des Hamburger Hafens und Grubenwasser aus Erzgebirge gefährden Elbe und Wattenmeer
Berlin – Zum Weltwassertag der Vereinten Nationen am 22. März appelliert der NABU an die Regierungen von Bund und Ländern, ökologische Zusammenhänge zu berücksichtigen und Gewässerpolitik von der Quelle der Flüsse bis zum Meer zu denken.
Dass dies dringend nötig ist, zeigt das Beispiel des Hamburger Hafens. Getrieben durch Dürresommer und Elbvertiefung droht ein ganzes System zu kippen. „Hier zeigt sich, wie eng der Zustand des Meeres von den Aktivitäten im Fluss abhängt“, so NABU-Meeresschutzexperte Kim Detloff, „Wenn die Elbe vertieft oder mit Schwermetallen belastetes Grubenwasser aus dem Erzgebirge eingeleitet wird, wirkt sich das auch auf die Nordsee und das Weltnaturerbe Wattenmeer aus. Falsche Entscheidungen können ganze Ökosysteme ins Wanken bringen.“
Der NABU sorgt sich auch um Deutschlands Ästuare und fordert eine bessere Politik für Elbe, Ems und Oder. Sie sind die Lebensadern ganzer Regionen und wirken sich positiv wie negativ auf den Zustand der Nord- und Ostsee aus. Die extremen Dürresommer der letzten Jahre haben Hamburg und die Elbe zusammen mit der neunten Elbvertiefung in eine fast ausweglose Sackgasse geführt. Der Fluss stirbt, wichtige Flachwasserbereiche gehen verloren, der Sauerstoffgehalt sinkt und der Stint-Bestand ist eingebrochen. Während die Verschlickung der Elbe und des Hamburger Hafens weiter zunehmen und Kosten explodieren, drohen durch den weltweiten klimabedingten Meeresspiegelanstieg verstärkte Hochwasser und Sturmfluten bis weit ins Landesinnere.
Der NABU warnt bereits seit Jahren vor den Folgen der Elbvertiefung. Hamburg sucht aktuell mit Hochdruck nach zusätzlichen Möglichkeiten, um den belasteten Hafenschlick in der Nordsee und an der Grenze zum UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer zu verklappen. „Das Meer ist keine Müllkippe des Hamburger Hafens und kein Endlager des Bergbaus in Sachsen“, mahnt Aline Kühl-Stenzel, NABU-Referentin für Meeres- und Wattenmeerschutz, „Wir brauchen endlich ganzheitliche Konzepte für Fluss-, Ästuar- und Sedimentmanagement. Die Elbe darf nach der Ems nicht ein weiterer toter Fluss werden. Wir fordern eine Gesamtstrategie der Küstenländer und des Bundes für nachhaltiges Fluss-, Seehafen- und Küstenschutzmanagement. Angesichts von Klimakrise und der internationalen Verschiebung der Hauptumschlaghäfen aus dem Norden Europas gen Mittelmeer ist kein Platz für sektorale Irrläufe und Kleinstaaterei.“
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Weitere Informationen zur Elbvertiefung findet ihr in unserem Politikblog.
NABU: Entscheidung zu Windpark Butendiek enttäuscht auf ganzer Linie
Pressemitteilung, 12.03.2021, NABU
Krüger: Urteil des OVG Münster setzt unüberwindbare Hürden für Umweltschadens- und Verbandsklagerecht
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat am 11. März über die Klage des NABU zur Sanierung des Umweltschadens durch den Offshore-Windpark Butendiek entschieden. Durch den Windpark gehen streng geschützten Seevögeln mehr als acht Prozent des für sie ausgewiesenen Vogelschutzgebiets verloren – ein unersetzbarer Lebensraum entlang des fischreichen Jütlandstroms westlich von Sylt. Die Richter lehnten dennoch die Berufungsklage des NABU in zweiter Instanz mit der Begründung ab, es gebe Lücken in den sehr umfangreichen frühen Anträgen des NABU auf Untersagung des Baus und Betriebs von Butendiek aus den Jahren 2014/15. Diese angeblichen Defizite wurden von der Vorinstanz am Verwaltungsgericht Köln ebenso wenig bemängelt wie von dem verantwortlichen Bundesamt für Naturschutz (BfN). Dazu NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger:
„Das heutige Urteil setzt die Anwendung des Umweltschadensrechts im Sinne des Biodiversitätsschutzes außer Kraft: Es formuliert für den Nachweis eines Umweltschadens extrem hohe Anforderungen, die praktisch nicht erfüllbar sind. Hier ist der Maßstab verrutscht. Nach Auffassung der Münsteraner Richter ist die Definition eines Umweltschadens nicht erfüllt, wenn eine geschützte Art in einem für sie ausgewiesenen Schutzgebiet weiträumig Lebensraum verliert. So führen wir die Anwendung europäischen Naturschutzrechts ad absurdum. Wenn dann noch der Vorwurf folgt, der NABU hätte im seinen frühen Anträgen trotz vorgelegter Rechts- und Fachgutachten den Umweltschaden nicht in ausreichender Tiefe glaubhaft gemacht, stellt sich tatsächlich die Frage, ob hier nicht das Umweltschadensrecht unbrauchbar und die Verbandsklage unmöglich gemacht werden soll.“
Das OVG hat sogar die Revision am Bundesverwaltungsgericht abgelehnt, Dagegen wird der NABU mit einer Nichtzulassungsbeschwerde vorgehen und versuchen, die Frage der Glaubhaftmachung eines Umweltschadens auch dem Europäischen Gerichtshof vorlegen zu lassen.
Aus NABU-Sicht besonders irritierend ist der Vorwurf, veraltete Daten am Beispiel des einzig verfügbaren Standard-Datenbogens des Vogelschutzgebiets aus dem Jahr 2004 und keine eigenen und aktuellen Monitoringdaten zur Verfügung gestellt zu haben. „Den Aufwand, ein schiffs- oder fluggestütztes Monitoring durchzuführen, können und müssen Behörden und Betreiber leisten. Das kann nicht Aufgabe eines Naturschutzverbandes sein. Doch eben diese Monitoringdaten muss der NABU seit Jahren in einem Parallelverfahren erstreiten. Viele Windparkbetreiber blockieren die Herausgabe mit Verweis auf Urheberrechte der Gutachter. Ganz offensichtlich hat das OVG Münster nach einem Weg gesucht, nicht über die komplexe Frage des Verschuldens und der Sanierung entscheiden zu müssen“, kritisiert NABU-Meeresschutzexperte Kim Detloff.
Diese Pressemitteilung und weitere Informationen zur Klage gegen den Windpark findet ihr beim NABU.
Der Offshore-Windpark Gennaker liegt, genauso wie Butendiek, in einem Vogelschutzgebiet und auch Zugvögel können bei falscher Planung in Konflikt mit den Windparks kommen. Mehr dazu könnt ihr in unserem Politikblog nachlesen.
NABU: Europa muss Vorreiter beim Klimaschutz werden
Pressemitteilung, 11.03.2021, NABU
Krüger: EU-Klimaziel anpassen und natürliche Kohlenstoffsenken stärken
Berlin/Brüssel – Am Freitag gehen EU-Parlament und EU-Mitgliedsstaaten in die vierte Verhandlungsrunde zum EU-Klimagesetz. NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger kommentiert: „Morgen gilt es die monatelangen Verhandlungen für ein neues EU-Klimaziel endlich zu einem guten Ergebnis zu führen. Für wirksamen Klimaschutz wäre eine Emissionsminderung von mindestens 60 Prozent ohne Senken notwendig – so wie es auch das EU-Parlament fordert. Ein separates Ziel von fünf Prozent für die Nettominderung durch den Ausbau von Kohlenstoffsenken wie Wälder, Moore, Ozeane, Feuchtgebiete und Humusbildung in der Landwirtschaft ist das Mindeste, was beschlossen werden sollte. Die Bundesregierung, unter deren Präsidentschaft der Europäische Rat seinen Beschluss zum EU-Klimaziel 2030 gefasst hat, ist hier in besonderer Verantwortung.“ Die EU hat den Vereinten Nationen zwar im Dezember ein neues Klimaziel gemeldet, aber die Verhandlungen dazu sind nicht abgeschlossen.
„Das EU-Klimaschutzgesetz kann durch die Restaurierung und Stärkung natürlicher Senken wie Wälder, Moore, Feuchtgebiete, Ozeane und anderen Ökosysteme auch einen wichtigen und notwendigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt leisten. Natürliche Kohlenstoffsenken sollten in dem Gesetz gesondert behandelt werden: Durch ein separates natürliches Senkenziel und verbindliche Restaurierungsziele würden sie dauerhaft gestärkt. Neben Natur- und Klimaschutz fördern wir dadurch auch die Anpassung der Gesellschaft an die Klimakrise. Dank dieser Synergien ist der Schutz von Senken kostengünstiger als technische Scheinlösungen.“, so Krüger weiter.
„Es muss darum gehen, der deutschen und europäischen Wirtschaft einen klaren Rahmen zu geben und Langfristlösungen zu finden. Dafür muss das Gewicht des neuen EU-weiten Klimagesetzes ausstrahlen auf eine substanzielle Erhöhung des deutschen 2030-Klimaziels. Auch die Lastenteilung, die Gebäude, Landwirtschaft und kleinere Industrie und Energieanlagen abdeckt, muss für mehr Fairness an das neue EU-Zielniveau angepasst werden. Einige europäische Mitgliedsstaaten sind in einer viel schlechteren Ausgangsposition. Deutschland muss für seine historischen Emissionen als Industriestandort aufkommen “, so Verena Bax, Referentin für EU-Klimaschutz.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Mehr Informationen über die Klimakrise, und wie die teilnehmenden Länder die Pariser Klimaziele (nicht) umsetzen, könnt ihr in unserem Klima- und Politikblog nachlesen.