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Pressemitteilung, NABU, 14.02.2020
Krüger: 103 Windräder mitten im Vogelzugkorridor – erschreckendes Beispiel für Versagen der Planungspraxis
Berlin – Der NABU hat Widerspruch gegen die Baugenehmigung des Offshore-Windparks Gennaker in den Küstengewässern Mecklenburg-Vorpommerns eingelegt. Die Naturschützer befürchten massive Umweltschäden durch die rund 103 Windenergieanlagen zehn Kilometer nördlich des Darß, insbesondere für Zug- und Rastvögel.
„Gennaker offenbart leider das Totalversagen der Windkraft-Landesplanung. Trotz massiver Naturschutzbedenken und fehlender Netzanbindung wurde der Windpark genehmigt. Dabei würde er eine der wichtigsten Vogelzuglinien in der südlichen Ostsee abschneiden. Mit schlecht geplanten Anlagen wie diesen riskieren wir die gesellschaftliche Akzeptanz der Windkraft“, sagte NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger.
Gefahr für Schweinswale, Meeresenten und Zugvögel
Der NABU hatte bereits 2015 das vom Land Mecklenburg-Vorpommern festgelegte Vorranggebiet Windenergie als nicht geeignet abgelehnt. Die Fläche liegt in unmittelbarer Nähe gleich mehrerer Fauna-Flora-Habitat-(FFH)- und Vogelschutzgebiete, darunter dem Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft. Hier leben seltene Schweinswale, laut Bundesamt für Naturschutz ist es zudem eines der wichtigsten Konzentrationspunkte für den Vogelzug in der gesamten Ostsee. Im Mai 2019 genehmigte das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern ausgerechnet dort den Bau der 103 Windenergieanlagen.
„Es gibt kaum einen ungeeigneteren Ort für einen Windpark. Die Rügen-Schonen-Linie ist zentraler Flugkorridor für Millionen Zug- und Rastvögel, darunter Kraniche, Trauer- und Eisenten sowie unzählige Singvögel. Die zu erwartenden Kollisionszahlen und Lebensraumverluste sind nicht mit dem Natur- und Artenschutzrecht vereinbar. Die Genehmigung ist rechtswidrig“, kritisiert Stefan Schwill, Landesvorsitzender des NABU Mecklenburg-Vorpommern. „Schon im Raumordnungsverfahren des Windparks Baltic 1 in direkter Angrenzung an Gennaker wurde festgestellt, dass ein Zubau weiterer Anlagen hier nicht umweltverträglich möglich ist.“
Fehler früherer Offshoreprojekte werden wiederholt
Der NABU kritisiert weitreichende Mängel bei der Genehmigung, die bereits bei unvollständigen Verfahrensunterlagen beginnen. Besonders kritisch ist die Unverträglichkeit des Windparks mit den Zielen angrenzender Vogelschutzgebiete. Während aktuelle Studien zeigen, dass Meeresvögel Windräder in einem Radius von über zehn Kilometern meiden, rechnen die Gennaker-Planer mit lediglich zwei Kilometern. Damit werden die Lebensraumverluste in zwei EU-Vogelschutzgebieten massiv unterschätzt. Zudem wurde bei der Prognose möglicher Kollisionsopfer getrickst, mögliche Verluste streng geschützter Vogelarten kleingerechnet.
Das Projekt Gennaker gehört zur gleichen Gruppe wie der Windpark Butendiek westlich von Sylt, gegen den der NABU 2014 Klage eingereicht hat. Auch er vertreibt Tausende Seevögel aus einem für sie ausgewiesenen Vogelschutzgebiet in der deutschen Nordsee. „Beide Projekte schweben als dunkle Wolken über der naturverträglichen Energiewende. Fehler, die vor Butendiek gemacht wurden, wurden hier eins zu eins wiederholt. Leider lässt die Lernkurve der Windpark-Projektentwickler in Sachen Naturschutz immer noch zu wünschen übrig“, kritisiert NABU-Meeresschutzexperte Kim Detloff. Es sei an der Zeit, den Ausbau der Offshore-Windkraft endlich im Rahmen ökologischer Belastungsgrenzen von Nord- und Ostsee zu planen.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU