Politik
Um die systematische Zerstörung der Ozeane zu verhindern, müssen wir uns gemeinsam dafür entscheiden.
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Historischer Erfolg für Klima-Verfassungsbeschwerde
Pressemitteilung, 29.04.2021, Germanwatch Kompakt
Karlsruhe erklärt Klimaschutzgesetz teilweise für verfassungswidrig und stärkt Rechte der jungen Generation
Berlin (29. April 2021). Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem heutigen Beschluss die Verfassungsbeschwerde von neun Jugendlichen für eine menschenwürdige Zukunft in weiten Teilen akzeptiert: Die Freiheits- und Grundrechte werden bereits heute durch unzureichenden Klimaschutz verletzt. Der Gesetzgeber muss das Klimaschutzgesetz bis Ende nächsten Jahres nachbessern.
Rechtsanwältin Dr. Roda Verheyen (Hamburg), die die jungen Menschen vertritt, kommentiert die Entscheidung: „Das Bundesverfassungsgericht hat heute einen global beachtlichen neuen Maßstab für Klimaschutz als Menschenrecht gesetzt. Es hat die extreme Krisensituation beim Klimaschutz erkannt und die Grundrechte generationengerecht ausgelegt. Der Gesetzgeber hat jetzt einen Auftrag für die Festlegung eines schlüssigen Reduktionspfads bis zur Erreichung der Treibhausgasneutralität. Abwarten und verschieben von radikalen Emissionsreduktionen auf später ist nicht verfassungskonform. Klimaschutz muss heute sicherstellen, dass zukünftige Generationen noch Raum haben.”
Sophie Backsen, eine der jungen Beschwerdeführer:innen, erlebt schon heute die Folgen der Klimakrise auf ihrer Heimatinsel Pellworm: „Die Entscheidung der Gerichts ist ein Riesenerfolg für uns junge Menschen, die wir schon jetzt von der Klimakrise betroffen sind – ich freue mich sehr! Es ist klar geworden, dass wesentliche Teile des Klimaschutzgesetzes nicht mit unseren Grundrechten vereinbar sind. Wirksamer Klimaschutz muss jetzt beginnen und umgesetzt werden – nicht erst in zehn Jahren. Nur so kann meine Zukunft auf meiner Heimatinsel gesichert werden. Die Entscheidung gibt mir Rückenwind, weiterzukämpfen.”
Luisa Neubauer von Fridays for Future ist ebenfalls eine Beschwerdeführerin: „Klimaschutz ist nicht nice-to-have – gerechter Klimaschutz ist Grundrecht, das ist jetzt offiziell. Ein Riesen Erfolg – für alle und besonders für uns junge Menschen, die seit über zwei Jahren für ihre Zukunft klimastreiken. Wir werden nun weiter kämpfen, für eine generationengerechte 1,5 Grad Politik.”
Germanwatch hat die Verfassungsbeschwerde unterstützt.
Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch:
„Das bahnbrechende Urteil des Bundesverfassungsgerichts legt den Schutz der Grundrechte endlich generationengerecht aus. Die Freiheit und Grundrechte von morgen dürfen nicht durch unsere Emissionen heute verheizt werden – es gibt die Verpflichtung, diesen Schutz durch ein wissenschaftsbasiertes Klimaschutzgesetz zu gewährleisten. Der Grundrechtsschutz gilt auch für betroffene Menschen im globalen Süden. Dieses Urteil wird ein zentraler Bezugspunkt für alle Klimaklagen, die weltweit anhängig sind.“
Die insgesamt vier Verfassungsbeschwerden richten sich gegen das 2019 verabschiedete Klimaschutzgesetz der deutschen Bundesregierung. Die Kläger:innen sind Jugendliche und Erwachsene aus dem In- und Ausland. Sie werden unterstützt vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und dem Solarenergie-Förderverein Deutschland, von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sowie von Greenpeace, Germanwatch und Protect the Planet. Mit ihren Verfassungsbeschwerden verleihen sie ihrer Kritik Nachdruck, dass die Ziele und Maßnahmen des Klimaschutzgesetzes nicht ausreichen, um ihre Grundrechte wirksam vor den Folgen der Klimakrise zu schützen sowie die Verpflichtungen aus dem Pariser Klima-Abkommen zu erfüllen. Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin war vorausgegangen – und lieferte wichtige Grundlagen für das heutige Urteil.
Aktenzeichen: 1 BvR 288/20
Diese Pressemitteilung findet ihr bei Germanwatch.
Auch in Portugal haben Jugendliche aufgrund der Verletzung ihrer Menschenrechte durch die Klimakrise 33 Staaten verklagt. Mehr dazu könnt ihr in unserem Klima– und Politikblog nachlesen.
NABU: Absage der Munitions-Sprengungen im Fehmarnbelt gute Entscheidung
Pressemitteilung, 23.03.2021, NABU
Krüger: Zeit für ein umweltschonendes Bergungskonzept für Kriegsaltlasten
Berlin – Die für heute geplante Sprengung auf der dänischen Trasse des geplanten Fehmarnbelttunnels findet nicht statt. Ursprünglich sollten so Wasserbomben und weitere Munitionsaltlasten entsorgt werden. Das dafür zuständige dänische Verkehrsministerium sagte das Vorhaben nach Informationen des Bundesumweltministeriums ab. NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger kommentiert:
„Das ist eine gute Entscheidung im Sinne des Meeresnaturschutzes und für den vom Aussterben bedrohten Schweinswal. Wir danken dem Bundesumweltministerium für seinen Einsatz. Jetzt gilt es, am Beispiel des Fehmarnbelt ein Konzept zu erarbeiten, um Kriegsaltlasten im Meer sprengungsfrei zu bergen. Für den Fall unvermeidbarer Sprengungen muss der Einsatz technischer Schallschutzmaßnahmen verbindlich sein. Es ist Zeit für ein einheitliches umweltschonendes Vorgehen beim Umgang mit dem gefährlichen Erbe der Weltkriege.“
Allein in der deutschen Nord- und Ostsee liegen bis zu zwei Millionen Tonnen Munitionsaltlasten. Wie gefährlich derartige Unterwassersprengungen sind zeigte sich im Sommer 2019 als nach Minensprengungen eines NATO-Verbandes zahlreiche Schweinswale im Naturschutzgebiet Fehmarnbelt getötet wurden.
Im Rechtsstreit mit dem NABU hatte sich Femern A/S als Vorhabenträger des Fehmarnbelttunnes zwar dazu verpflichtet, Unterwassersprengungen nur unter Einsatz eines sogenannten Blasenschleiers durchzuführen. Das Unternehmen sah sich dazu allerdings nur auf deutscher Seite des Fehmarnbelt verpflichtet. Die jetzt vollzogene Kehrtwende sollte nach Ansicht des NABU Anfang für gute Lösungen sein.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Weitere Informationen über die Auswirkungen der Fehmarnbeltquerung auf die Tier- und Pflanzenwelt der Ostsee könnt ihr in unserem Politikblog nachlesen.
Weltwassertag: NABU fordert Gewässerpolitik von der Quelle bis zum Meer
Pressemitteilung, 19.03.2021, NABU
Missmanagement des Hamburger Hafens und Grubenwasser aus Erzgebirge gefährden Elbe und Wattenmeer
Berlin – Zum Weltwassertag der Vereinten Nationen am 22. März appelliert der NABU an die Regierungen von Bund und Ländern, ökologische Zusammenhänge zu berücksichtigen und Gewässerpolitik von der Quelle der Flüsse bis zum Meer zu denken.
Dass dies dringend nötig ist, zeigt das Beispiel des Hamburger Hafens. Getrieben durch Dürresommer und Elbvertiefung droht ein ganzes System zu kippen. „Hier zeigt sich, wie eng der Zustand des Meeres von den Aktivitäten im Fluss abhängt“, so NABU-Meeresschutzexperte Kim Detloff, „Wenn die Elbe vertieft oder mit Schwermetallen belastetes Grubenwasser aus dem Erzgebirge eingeleitet wird, wirkt sich das auch auf die Nordsee und das Weltnaturerbe Wattenmeer aus. Falsche Entscheidungen können ganze Ökosysteme ins Wanken bringen.“
Der NABU sorgt sich auch um Deutschlands Ästuare und fordert eine bessere Politik für Elbe, Ems und Oder. Sie sind die Lebensadern ganzer Regionen und wirken sich positiv wie negativ auf den Zustand der Nord- und Ostsee aus. Die extremen Dürresommer der letzten Jahre haben Hamburg und die Elbe zusammen mit der neunten Elbvertiefung in eine fast ausweglose Sackgasse geführt. Der Fluss stirbt, wichtige Flachwasserbereiche gehen verloren, der Sauerstoffgehalt sinkt und der Stint-Bestand ist eingebrochen. Während die Verschlickung der Elbe und des Hamburger Hafens weiter zunehmen und Kosten explodieren, drohen durch den weltweiten klimabedingten Meeresspiegelanstieg verstärkte Hochwasser und Sturmfluten bis weit ins Landesinnere.
Der NABU warnt bereits seit Jahren vor den Folgen der Elbvertiefung. Hamburg sucht aktuell mit Hochdruck nach zusätzlichen Möglichkeiten, um den belasteten Hafenschlick in der Nordsee und an der Grenze zum UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer zu verklappen. „Das Meer ist keine Müllkippe des Hamburger Hafens und kein Endlager des Bergbaus in Sachsen“, mahnt Aline Kühl-Stenzel, NABU-Referentin für Meeres- und Wattenmeerschutz, „Wir brauchen endlich ganzheitliche Konzepte für Fluss-, Ästuar- und Sedimentmanagement. Die Elbe darf nach der Ems nicht ein weiterer toter Fluss werden. Wir fordern eine Gesamtstrategie der Küstenländer und des Bundes für nachhaltiges Fluss-, Seehafen- und Küstenschutzmanagement. Angesichts von Klimakrise und der internationalen Verschiebung der Hauptumschlaghäfen aus dem Norden Europas gen Mittelmeer ist kein Platz für sektorale Irrläufe und Kleinstaaterei.“
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Weitere Informationen zur Elbvertiefung findet ihr in unserem Politikblog.
NABU: Entscheidung zu Windpark Butendiek enttäuscht auf ganzer Linie
Pressemitteilung, 12.03.2021, NABU
Krüger: Urteil des OVG Münster setzt unüberwindbare Hürden für Umweltschadens- und Verbandsklagerecht
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat am 11. März über die Klage des NABU zur Sanierung des Umweltschadens durch den Offshore-Windpark Butendiek entschieden. Durch den Windpark gehen streng geschützten Seevögeln mehr als acht Prozent des für sie ausgewiesenen Vogelschutzgebiets verloren – ein unersetzbarer Lebensraum entlang des fischreichen Jütlandstroms westlich von Sylt. Die Richter lehnten dennoch die Berufungsklage des NABU in zweiter Instanz mit der Begründung ab, es gebe Lücken in den sehr umfangreichen frühen Anträgen des NABU auf Untersagung des Baus und Betriebs von Butendiek aus den Jahren 2014/15. Diese angeblichen Defizite wurden von der Vorinstanz am Verwaltungsgericht Köln ebenso wenig bemängelt wie von dem verantwortlichen Bundesamt für Naturschutz (BfN). Dazu NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger:
„Das heutige Urteil setzt die Anwendung des Umweltschadensrechts im Sinne des Biodiversitätsschutzes außer Kraft: Es formuliert für den Nachweis eines Umweltschadens extrem hohe Anforderungen, die praktisch nicht erfüllbar sind. Hier ist der Maßstab verrutscht. Nach Auffassung der Münsteraner Richter ist die Definition eines Umweltschadens nicht erfüllt, wenn eine geschützte Art in einem für sie ausgewiesenen Schutzgebiet weiträumig Lebensraum verliert. So führen wir die Anwendung europäischen Naturschutzrechts ad absurdum. Wenn dann noch der Vorwurf folgt, der NABU hätte im seinen frühen Anträgen trotz vorgelegter Rechts- und Fachgutachten den Umweltschaden nicht in ausreichender Tiefe glaubhaft gemacht, stellt sich tatsächlich die Frage, ob hier nicht das Umweltschadensrecht unbrauchbar und die Verbandsklage unmöglich gemacht werden soll.“
Das OVG hat sogar die Revision am Bundesverwaltungsgericht abgelehnt, Dagegen wird der NABU mit einer Nichtzulassungsbeschwerde vorgehen und versuchen, die Frage der Glaubhaftmachung eines Umweltschadens auch dem Europäischen Gerichtshof vorlegen zu lassen.
Aus NABU-Sicht besonders irritierend ist der Vorwurf, veraltete Daten am Beispiel des einzig verfügbaren Standard-Datenbogens des Vogelschutzgebiets aus dem Jahr 2004 und keine eigenen und aktuellen Monitoringdaten zur Verfügung gestellt zu haben. „Den Aufwand, ein schiffs- oder fluggestütztes Monitoring durchzuführen, können und müssen Behörden und Betreiber leisten. Das kann nicht Aufgabe eines Naturschutzverbandes sein. Doch eben diese Monitoringdaten muss der NABU seit Jahren in einem Parallelverfahren erstreiten. Viele Windparkbetreiber blockieren die Herausgabe mit Verweis auf Urheberrechte der Gutachter. Ganz offensichtlich hat das OVG Münster nach einem Weg gesucht, nicht über die komplexe Frage des Verschuldens und der Sanierung entscheiden zu müssen“, kritisiert NABU-Meeresschutzexperte Kim Detloff.
Diese Pressemitteilung und weitere Informationen zur Klage gegen den Windpark findet ihr beim NABU.
Der Offshore-Windpark Gennaker liegt, genauso wie Butendiek, in einem Vogelschutzgebiet und auch Zugvögel können bei falscher Planung in Konflikt mit den Windparks kommen. Mehr dazu könnt ihr in unserem Politikblog nachlesen.
NABU: Europa muss Vorreiter beim Klimaschutz werden
Pressemitteilung, 11.03.2021, NABU
Krüger: EU-Klimaziel anpassen und natürliche Kohlenstoffsenken stärken
Berlin/Brüssel – Am Freitag gehen EU-Parlament und EU-Mitgliedsstaaten in die vierte Verhandlungsrunde zum EU-Klimagesetz. NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger kommentiert: „Morgen gilt es die monatelangen Verhandlungen für ein neues EU-Klimaziel endlich zu einem guten Ergebnis zu führen. Für wirksamen Klimaschutz wäre eine Emissionsminderung von mindestens 60 Prozent ohne Senken notwendig – so wie es auch das EU-Parlament fordert. Ein separates Ziel von fünf Prozent für die Nettominderung durch den Ausbau von Kohlenstoffsenken wie Wälder, Moore, Ozeane, Feuchtgebiete und Humusbildung in der Landwirtschaft ist das Mindeste, was beschlossen werden sollte. Die Bundesregierung, unter deren Präsidentschaft der Europäische Rat seinen Beschluss zum EU-Klimaziel 2030 gefasst hat, ist hier in besonderer Verantwortung.“ Die EU hat den Vereinten Nationen zwar im Dezember ein neues Klimaziel gemeldet, aber die Verhandlungen dazu sind nicht abgeschlossen.
„Das EU-Klimaschutzgesetz kann durch die Restaurierung und Stärkung natürlicher Senken wie Wälder, Moore, Feuchtgebiete, Ozeane und anderen Ökosysteme auch einen wichtigen und notwendigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt leisten. Natürliche Kohlenstoffsenken sollten in dem Gesetz gesondert behandelt werden: Durch ein separates natürliches Senkenziel und verbindliche Restaurierungsziele würden sie dauerhaft gestärkt. Neben Natur- und Klimaschutz fördern wir dadurch auch die Anpassung der Gesellschaft an die Klimakrise. Dank dieser Synergien ist der Schutz von Senken kostengünstiger als technische Scheinlösungen.“, so Krüger weiter.
„Es muss darum gehen, der deutschen und europäischen Wirtschaft einen klaren Rahmen zu geben und Langfristlösungen zu finden. Dafür muss das Gewicht des neuen EU-weiten Klimagesetzes ausstrahlen auf eine substanzielle Erhöhung des deutschen 2030-Klimaziels. Auch die Lastenteilung, die Gebäude, Landwirtschaft und kleinere Industrie und Energieanlagen abdeckt, muss für mehr Fairness an das neue EU-Zielniveau angepasst werden. Einige europäische Mitgliedsstaaten sind in einer viel schlechteren Ausgangsposition. Deutschland muss für seine historischen Emissionen als Industriestandort aufkommen “, so Verena Bax, Referentin für EU-Klimaschutz.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Mehr Informationen über die Klimakrise, und wie die teilnehmenden Länder die Pariser Klimaziele (nicht) umsetzen, könnt ihr in unserem Klima- und Politikblog nachlesen.
NABU: Bundesamt für Naturschutz mit fragwürdigem Rettungsversuch für Butendiek
Pressemitteilung, 04.03.2021, NABU
Krüger: Butendiek hat keine Zukunft / Meeresschutzgebiete müssen für Windparks tabu sein
Berlin – Der NABU hat heute in seiner Stellungnahme das Ausnahmeverfahren für den Offshore-Windpark Butendiek inmitten des Vogelschutzgebiets „Östliche Deutsche Bucht“ westlich von Sylt scharf kritisiert. Auf Aufforderung des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) hatte die Betreibergesellschaft wpd eine Ausnahmeprüfung beantragt. Nach Ansicht des NABU ist das ein fragwürdiger Winkelzug auf Kosten streng geschützter Seevögel.
Nachdem das BfN im November 2020 eine erhebliche Beeinträchtigung der Schutzgebietsziele und drohende Populationsrückgänge von Stern- und Prachttauchern festgestellt hat, soll über ein sogenanntes Dispensverfahren die Stilllegung, der (Teil-)Rückbau oder auch nur die zeitweise Abschaltung des Windparks verhindert werden. Die oberste deutsche Naturschutzbehörde hatte den Standort Butendiek zwar auch früh kritisiert, will nun aber die Grenzen des Schutzgebiets anpassen und so den eingetretenen Umweltschaden kompensieren. NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Die fragwürdigen Rettungsversuche lassen am Selbstverständnis des BfN zweifeln. Butendiek ist zu einem Projekt geworden, bei dem es nur Verlierer gibt. Der Streit beschädigt den Ausbau der erneuerbaren Energien ebenso wie die verantwortlichen Behörden, von der Vogelwelt ganz zu schweigen. Wir müssen dieses traurige Kapitel der Energiewende endlich abschließen. Butendiek hat keine Zukunft – Meeresschutzgebiete müssen für Windparks tabu sein.“
Der NABU hatte 2014 vor Baubeginn in einem Rechtsgutachten auf die eklatanten Fehler der Genehmigung hingewiesen und Klage eingereicht. Seit dem wird gestritten, am Umweltschaden besteht heute kein Zweifel mehr. „Die Vögel meiden die Turbinen in einer Entfernung von bis zu 16 Kilometern. Sie ziehen sich zurück. Butendiek beeinträchtigt streng geschützte Stern- und Prachttaucher auf einem Drittel des für sie ausgewiesenen Vogelschutzgebietes. Fast zehn Prozent ihres Lebensraums sind komplett verloren. Jetzt die Schutzgebietsgrenzen an den Rückzug der vertriebenen Vögel anzupassen, ist rechtlich und aus Naturschutzsicht äußerst fragwürdig“, kritisiert NABU-Meeresexperte Kim Detloff.
Weder wurde die für ein Dispensverfahren notwendige FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt, noch liegen Maßnahmen auf dem Tisch, welche die Vögel vor Rohstoffabbau, Schifffahrt oder der militärischen Nutzung innerhalb der neuen Schutzgebietsgrenzen schützen können. „Hier soll offenbar die Vertreibung der Vögel in suboptimale Lebensräume per Ausnahme legitimiert werden. Dieser Versuch kommt zeitgleich mit der Ankündigung der Europäischen Kommission, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen unzureichender Natura-2000-Umsetzung zu eröffnen. Ein trauriges Kapitel für den deutschen Meeresnaturschutz – dieses Vorgehen darf auf keinen Fall Schule machen“, mahnt Detloff.
Offensichtliches Ziel des Winkelzugs ist nach Auffassung des NABU, die für den 11. März angesetzte Verhandlung am Oberverwaltungsgericht Münster zu beeinflussen und den langjährigen Rechtsstreit weiter zu komplizieren. In Münster soll in zweiter Instanz über die notwendige Sanierung des Umweltschadens, die Schuldfrage und die Zuständigkeiten der beiden Bundesbehörden BfN und Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) verhandelt werden. Seit Jahren bemühen sich beide Behörden jedoch weniger um eine Aufarbeitung der Naturschutzproblematik, sondern um die gegenseitige Abwälzung der Verantwortung. Fatal, denn Deutschlands Ziele für die Offshore-Windenergie sind ambitioniert. Bis 2040 soll sich die Anzahl der Windräder verfünffachen. Dabei sind die deutsche Nord- und Ostsee schon heute überlastet, die marine Raumordnung zeigt, dass es zu wenig Platz für die vielfachen industriellen Interessen gibt.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Der Offshore-Windpark Gennaker liegt, genauso wie Butendiek, in einem Vogelschutzgebiet und auch Zugvögel können bei falscher Planung in Konflikt mit den Windparks kommen. Mehr dazu könnt ihr in unserem Politikblog nachlesen.
Hafenschlick bedroht die Elbvertiefung
Das Dilemma der Elbvertiefung geht weiter. Neben der Umweltproblematik wird ein neues Problem öffentlich gemacht: der Schlick. Eigentlich trägt das Elbwasser wieder viel Sand zurück in die Nordsee, aber durch wenig Regen und Hitzewellen der letzten Jahre führt die Elbe aktuell so wenig Wasser, wie nie zuvor. Folglich lagert sich immer mehr Sediment im Hamburger Hafen ab. Wenn die Elbe weiter vertieft wird, geht der Kreislauf weiter. Dann kann das Wasser schneller einfließen und noch mehr Sand von der Nordsee eintragen. Aber wohin mit dem ganzen überschüssigen Sediment? Das Abkommen mit Schleswig-Holstein, Schlick südlich von Helgoland zu verklappen, ist bald ausgeschöpft. Zusätzlich kippt Hamburg Schlick bei der kleinen Insel Neßsand an der Landesgrenze in die Elbe, welcher direkt wieder in den Hafen gespült wird. Sinnvolle Alternativen, die weder den Nationalparks Hamburgisches Wattenmeer und Schleswig-holsteinisches Wattenmeer, oder dem Schiffsverkehr in die Quere kommen, sind bis jetzt nicht in Sicht. Das Sediment einfach in die Nordsee zu kippen, erfordert die Einhaltung strenger Vorlagen. Laut der städtische Hafenverwaltung Hamburg Port Authority braucht Hamburg bis März 2021 eine zusätzliche Verbringstelle, um den Schlick effektiv abbauen zu können, sonst muss die Elbvertiefung vorerst auf Eis gelegt werden.
Den zugehörigen Artikel von Oliver Hollenstein und Marc Widmann vom 23.09.2020 findet ihr bei Spiegel Online.
Es wird vermutet, dass das ungewöhnliche Fischsterben an der Nordseeküste in diesem Sommer auch mit der Elbvertiefung zusammenhängt. Mehr darüber könnt ihr in unserem Politikblog nachlesen.
Update vom 29.03.22: Scheitert das Großprojekt am Schlick? Immer mehr Baggerschiffe sind unterwegs und kippen Schlick, nicht nur aus der Unterelbe sondern inzwischen auch aus dem Hamburger Hafen, in die Elbmündung. Entgegen dem eigentlichen Ziel der Elbvertiefung, dass größere Schiffe tidenunabhängig den Hafen erreichen können, verstopft der Schlick zunehmend die Fahrrinne.
Den zugehörigen Artikel „Elbvertiefung: Scheitert das Großprojekt am Schlick“ von Stefan Buchen vom 29.03.22 findet ihr beim NDR.
Fischsterben in der Nordsee: Naturschützer stellen Strafanzeige
An der Nordseeküste zeigt sich derzeit ein unheimliches Bild. Hunderte tote und geschwächte Fische sind in den letzten Tagen an verschiedenen Orten angeschwemmt worden. Darunter fanden sich neben vielen Jungheringen auch Maifische, Aale und ein Stör. Cuxhaven holt sich jetzt Hilfe vom Umweltbundesministerium und hat zur Aufklärung Proben der Fische zum Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit geschickt. Ob die Fische durch den Einsatz der Baggerschiffe im Bereich der Elbmündung geschädigt wurden oder in Kontakt mit Giftstoffen gekommen sind, ist derzeit noch unklar. Die Umweltverbände BUND, NABU und WWF haben eine Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt und fordern einen sofortigen Stopp der Baggerarbeiten für die Elbvertiefung, bis die Ursache für das Fischsterben aufgeklärt wurde.
Der zugehörige Artikel „Fischsterben in der Nordsee: Naturschützer stellen Strafanzeige“ vom 24.06.2020 (inzwischen archiviert) stammt von butenunbinnen.
Wie sich die Klimakrise auch auf die Nordsee auswirkt, könnt ihr in unserem Klimablog nachlesen.
DAM-Pilotmissionen untersuchen Einfluss von Grundschleppnetz-Fischerei auf Meeresschutzgebiete in Nord- und Ostsee
Pressemitteilung, 30.11.2020, Deutsche Allianz für Meeresforschung
Berlin, 30. November 2020 Welche Auswirkungen hat der Ausschluss der Fischerei mit Grundschleppnetzen auf die Meeresschutzgebiete in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) von Nord- und Ostsee? Mit dieser Kernfrage beschäftigen sich zwei Pilotmissionen in Nord- und Ostsee, die im Rahmen der Forschungsmission „Schutz und nachhaltige Nutzung mariner Räume“ der Deutschen Allianz für Meeresforschung (DAM) im März gestartet sind. Die Frage stand auch im Mittelpunkt der Auftaktveranstaltung zu den Pilotmissionen, die aufgrund der COVID-19-Beschränkungen heute im digitalen Raum stattfand. Rednerinnen und Redner aus Politik, Behörden, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft diskutierten über Herausforderungen einer nachhaltigen Fischerei und Nutzung von Nord- und Ostsee (Programm).
Forschungsfokus Grundschleppnetz-Fischerei für effektives Schutzgebiet-Management
Grundschleppnetze, mit denen bodennah lebende Fische wie Schollen, Seezungen, Kabeljau (Dorsch) oder Garnelen gefangen werden, beeinträchtigen den Meeresboden und die dort siedelnden Lebensgemeinschaften erheblich. Je nach Fanggebiet und -methode können Lebensräume wie Sandbänke, Riffe, Muschelbänke oder Sandkorallen unterschiedlich stark geschädigt werden. Daher soll die mobile grundberührende Fischerei (MGF) zumindest in Teilen der deutschen und europäischen Meeresschutzgebiete in den kommenden Jahren ausgeschlossen werden.
Die beiden DAM-Pilotmissionen bieten nun die Chance zu verfolgen, wie sich die Schutzgebiete nach Ausschluss der grundberührenden Schleppnetzfischerei entwickeln. Dafür wird zunächst der aktuelle Umweltzustand in ausgewählten Regionen inner- und außerhalb von Meeresschutzgebieten in der AWZ von Nord- und Ostsee als Referenz erforscht und dokumentiert, um danach zu analysieren, wie sich Lebensgemeinschaften, Meeresbodenmorphologie, Biogeochemie der Meeressedimente und Austauschprozesse zwischen Sediment und Wassersäule ohne weitere Störungen entwickeln. Solche Einflüsse auf Meeresschutzgebiete sind bisher kaum untersucht und die Ergebnisse bieten eine wichtige Grundlage für ein zukünftiges Management der Schutzgebiete in Nord- und Ostsee.
Vorsorgeforschung für einen nachhaltigen Umgang mit den Küsten, Meeren und Ozeanen
Für diese Art von Vorsorgeforschung hätten die norddeutschen Bundesländer mit dem Bund die Deutsche Allianz Meeresforschung (DAM) im letzten Jahr geschaffen, betonte Bettina Martin, die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern, in ihrem Grußwort: „Die Deutsche Allianz Meeresforschung hat das Potential, eine der weltweit größten und erfolgreichsten marinen Forschungsallianzen zu werden. Damit wir dieses Ziel erreichen können, müssen sich alle vier Kernbereiche der DAM entfalten können: Forschung, Infrastrukturen, Datenmanagement und Digitalisierung sowie Transfer. Es bedarf der gemeinsamen Kraftanstrengung aller Partnerinnen und Partner, damit dieses wichtige Projekt schon bald seinem Anspruch gerecht werden kann und eine Spitzenstellung in der internationalen Meeresforschung einnimmt.”
Volker Rieke, Leiter der Abteilung Zukunftsvorsorge – Forschung für Grundlagen und nachhaltige Entwicklung im Bundesministerium für Bildung und Forschung, beschrieb in seinem Grußwort die Erwartung der Politik: „Die Forschungsmissionen der Deutschen Allianz Meeresforschung sollen nicht nur exzellente Forschung ermöglichen. Wichtig ist auch der Transfergedanke: Das Ziel ist, das erlangte Wissen in die Umsetzung zu bringen. Politik und Gesellschaft benötigen konkretes Handlungswissen, um den großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen.“
Handlungsorientierte Forschung zur Umsetzung der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie
Mit den Pilotmissionen leistet die Meeresforschung einen Beitrag zur Umsetzung der 2008 unterzeichneten EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) für die deutschen Teile der Nord- und Ostsee. Deutschland stehe hier in der Pflicht, eine Verbesserung des Umweltzustandes von Nord- und Ostsee zu erreichen, sagte Christiane Paulus, Leiterin der Abteilung Naturschutz und nachhaltige Naturnutzung im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, in ihrem Grußwort. „Die Deutsche Allianz Meeresforschung ist für unsere Arbeit eine wichtige Verbündete. Ich freue mich deswegen sehr über diese Neu-Gründung. Die handlungsorientierten Forschungsergebnisse der DAM für einen nachhaltigen Umgang mit den Meeren werden uns helfen, der Verantwortung gerecht zu werden, die Deutschland für Arten und Lebensräume in seinen sowie den Meeren weltweit hat.“
Klaus Jürgens, Projektleiter der Pilotmission Ostsee am Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW), erwartet von den Pilotmissionen neue Erkenntnisse über die Bedeutung von Meeresschutzgebieten für den Erhalt lebensraumtypischer Artengemeinschaften, Sedimentfunktionen und Ökosystemprozesse in der Ostsee als Grundlage für Empfehlungen zum Management der Naturschutzgebiete. „Wir erfassen in unseren Untersuchungen alle Komponenten, von Bakterien und Stoffumsetzungen bis zur Fischfauna, und bekommen damit das erste Mal ein umfassendes Bild der Auswirkungen grundberührender Fischerei auf die Ökologie der Meeresschutzgebiete in der Ostsee,“ erklärte er beim Podiumsgespräch.
Es müssten geeignete Schutzmaßnahmen entwickelt werden, um den Umweltzustand in Nord- und Ostsee zu verbessern und dem möglichen Verlust der Artenvielfalt zu begegnen, erläuterte Karen Wiltshire, Projektleiterin der Pilotmission Nordsee und Stellvertretende Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). „Die menschliche Zukunft ist eng mit intakten Meeresökosystemen verknüpft. Wir benötigen Wissen, einen effektiven Wissenstransfer und Vorsorge, um die Nutzung mit dem Schutz dieser Systeme zu verbinden. Die Pilotmissionen sind ein wichtiger Baustein in diesem unabdingbaren Prozess.”
Wissen wirksam machen, Meeresschutzgebiete effektiver managen
In Meeresschutzgebieten soll die biologische Vielfalt erhalten und wiederhergestellt werden. Dafür werden für jedes Gebiet Managementpläne abgestimmt, die Schutzmaßnahmen für die vorkommenden Arten und Lebensräume enthalten. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) ist verantwortlich für die Umsetzung der Managementpläne in den Meeresschutzgebieten der AWZ. Britta Knefelkamp, als Abteilungsleiterin im BfN für Meeresnaturschutz zuständig, verspricht sich von den Pilotmissionen wissenschaftsfundierte Ergebnisse, die im politischen Prozess nutzbar sind und die Abstimmung und konkrete Umsetzung fischereilicher Maßnahmen erleichtern können. „Diese Daten liefern uns neben dem behördlichen Monitoring Informationen über den aktuellen Zustand der Meeresschutzgebiete. Um die marinen Ökosysteme besser zu verstehen, Zustandsveränderungen rechtzeitig zu erkennen und effiziente Maßnahmen ergreifen zu können, müssen wir zukünftig die Zusammenarbeit von Naturschutz und Forschung noch weiter intensivieren.“
Der Auftaktveranstaltung folgt ein Fachtreffen am 1./2. Dezember, ebenfalls im Online-Format.
Diese Pressemitteilung findet ihr bei der DAM (Deutsche Allianz für Meeresforschung).
In einer gemeinsamen Pressemitteilung warnen DEEPWAVE und andere Umweltverbände vor der Industrialisierung der Nord- und Ostsee. Mehr darüber erfahrt ihr in unserem Politikblog.
NABU: Gesunde Meere als Grundlage maritimer Wirtschaft
Pressemitteilung, NABU, 05.11.2020
Offener Brief des NABU an Horst Seehofer, Peter Altmaier und Svenja Schulze
Heute endet die Frist für die erste Runde der Öffentlichkeitsbeteiligung zur Fortschreibung der marinen Raumordnung. Die zukünftigen Raumordnungspläne legen fest, wo sich in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der Nord- und Ostsee Windräder drehen sollen, wo Schiffe Vorfahrt haben und Rohstoffe abgebaut werden dürfen. Gleichzeitig müssen sie den Verpflichtungen des Meeresnaturschutzes gerecht werden, Schutzgebiete und wichtige Wanderkorridore sichern. Eine Balance, die sich nach Meinung des NABU in den bisherigen Entwürfen nicht widerspiegelt. Der Umweltverband wendet sich daher in einem offenen Brief an die verantwortlichen Ministerien des Innern, für Wirtschaft und Umwelt.
„Gesunde Meere sind die Voraussetzung für eine nachhaltige maritime Wirtschaft. Doch Nord- und Ostsee geht es schlecht. Deshalb fordert auch die Europäische Kommission, dass der Schutz der Meere ins Zentrum zukünftiger Raumordnungspläne rückt. Das erkennen wir noch nicht. Daher wenden wir uns persönlich an die drei hauptverantwortlichen Minister“, so NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger.
Der NABU kritisiert die durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) veröffentlichten Entwürfe zukünftiger Raumordnungspläne und befürchtet einen weiteren Rückgang von Arten und Lebensräumen. „Wir haben das 2020-Ziel der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) – den guten Umweltzustand der Meere – krachend verfehlt. Seevögel verlieren ihren Lebensraum, der Ostseeschweinswal ist vom Aussterben bedroht. Es ist an der Zeit, den Natur- und Klimaschutz zum übergeordneten Ziel unserer Meerespolitik zu machen. Die Zeit des endlosen blauen Wachstums ist vorbei“, mahnt Kim Detloff, NABU Leiter Meeresschutz.
In seinem offenen Brief fordert der NABU insbesondere die Meeresschutzgebiete des Natura 2000-Netzwerks wirksam und sie zu ökologischen Vorrangflächen mit Ausschluss schädlicher Nutzungen zu machen. Darüber hinaus müssen wichtige Wanderkorridore für Schweinswale, Zug- und Rastvögel freigehalten und die natürlichen Klimafunktionen der Meere als Kohlenstoffspeicher gestärkt werden. Im Mittelpunkt der NABU-Kritik steht auch die räumliche Festlegung für die Offshore-Windenergie. „Klimaschutz im Meer bedeutet mehr als Windräder. Das aktuelle Ziel von 40 Gigawatt Offshore-Strom wäre in der schon jetzt übernutzten Nord- und Ostsee nicht realisierbar und mit geltendem Naturschutzrecht nicht vereinbar. Um erneuerbare Energie auf dem Meer zu privilegieren, müssen erst die Fischerei, die Schiffahrt und der Kiesabbau zurückgefahren werden. Die ökologischen Belastungsgrenzen der Nord- und Ostsee müssen den Rahmen für wirtschaftliche Interessen setzen“, so Kim Detloff, NABU Leiter Meeresschutz weiter. Dazu hat der NABU eine Petition ins Leben gerufen, die unter https://mitmachen.nabu.de/de/meeresschutz abgerufen werden kann.
Nach Meinung des NABU ist die marine Raumordnung eine Chance für eine kohärente und nachhaltige Meerespolitik, der sich Deutschland europa- und völkerrechtlich verpflichtet hat. Diese Chance darf nicht durch sektorale Lobbyinteressen gefährdet werden. Zu dieser Forderung erhielt der NABU jüngst fraktionsübergreifende Unterstützung aus dem Bundestag. Trotz der großen meerespolitischen Bedeutung sieht der Raumordnungsprozess keine parlamentarische Befassung vor.
Hintergrund
Bis Mitte 2021 erarbeitet Deutschland wie alle anderen europäischen Mitgliedsstaaten neue marine Raumordnungspläne für die nationale Ausschließliche Wirtschaftszone. Anfang des Jahres soll es eine zweite entscheidende Beteiligung der Öffentlichkeit geben. Federführung hat das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) ), in diesem Fall als ausführende Fachbehörde des Innenministeriums.
Einer der strittigen Punkte zukünftiger Raumordnungspläne ist der Ausbau der Offshore-Windenergie. Die hohen Ausbauziele des neuen Windenergie-auf-See-Gesetzes von 40 Gigawatt bis 2040 haben den Druck auf den marinen Raum massiv verstärkt.
Die zugehörige Pressemittelung findet ihr beim NABU.
Ein Erklärvideo zur marinen Raumordnung könnt ihr euch beim NABU anschauen und weitere Informationen rund um die Politik der Meere findet ihr in unserem Politikblog.