Politik
Um die systematische Zerstörung der Ozeane zu verhindern, müssen wir uns gemeinsam dafür entscheiden.
Jeder für sich und alle zusammen als Teil von Politik und Wirtschaft.
EU-Umweltrat: Eintrag von Mikroplastik in die Umwelt soll verringert werden
Pressemitteilung, 17.12.2024, BMUV
Wichtiger Schritt gegen versehentlich freigesetztes Kunststoffgranulat
Schätzungen der Europäischen Kommission zufolge werden jährlich 50.000 bis 180.000 Tonnen Kunststoffgranulat versehentlich freigesetzt, etwa beim Ver- oder Umladen oder durch undichte Behältnisse. Das ausgetretene Granulat wird zum Beispiel durch Wind oder Regen in die Umwelt weitertransportiert. Schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder die Umwelt können die Folge sein. Die Mitgliedstaaten der EU haben heute ihre gemeinsame Position („Allgemeine Ausrichtung“) zum Vorschlag der EU-Kommission beschlossen. Künftig soll der ungewollte Eintrag von Kunststoffgranulat in die Umwelt bei der Herstellung, dem Transport und der Verarbeitung vermieden und vermindert werden. Der Verordnungsentwurf sieht Maßnahmen für Wirtschaftsbeteiligte vor, die mit Kunststoffgranulat umgehen (Hersteller, Transporteure, Verarbeiter).
Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Mikroplastik ist eine der zentralen Herausforderungen bei der weltweiten Verschmutzung durch Plastikmüll. Gelangt Mikroplastik in die Umwelt, dann verbleibt es nahezu ewig in Flüssen, Meeren und Böden. Viel zu häufig landet Mikroplastik über unsere Äcker in unseren Lebensmitteln und damit auf unserem Teller. Diese Plastikvermüllung muss gestoppt werden. International setzt sich Deutschland für ein möglichst umfassendes, verpflichtendes, globales UN-Abkommen gegen Plastikmüll ein. Zugleich gehen wir in der EU voran: Mit der Kunststoffgranulat-Verordnung wollen wir eine wichtige Quelle für Mikroplastik endlich schließen. Mir ist es wichtig, dass wir die Verordnung mit Augenmaß ausgestalten: Neue Vorgaben müssen nicht zwingend zu mehr Papierkram bei Unternehmen und Aufwand bei Behörden führen. Wir brauchen in der EU eine zukunftsfähige, praxistaugliche und verlässliche Rechtsgrundlage.“
Teil des Europäischen Green Deals und Ziel der EU ist es, die Einträge von Mikroplastik in die Umwelt bis 2030 um 30 Prozent zu verringern. Mikroplastik kann durch bewusst zugesetzte Mikroplastikpartikel aus Produkten und durch unbeabsichtigte Freisetzungen, zum Beispiel von Kunststoffgranulat, in die Umwelt gelangen. Durch das Eindringen von Mikroplastik in Luft, Gewässer und Böden sowie die Nahrungskette werden die Ökosysteme geschädigt, die biologische Vielfalt und gegebenenfalls auch die menschliche Gesundheit bedroht. Insbesondere die ungewollte Freisetzung von Kunststoffgranulat ist auf unzureichende Handhabungspraktiken zurückzuführen und demzufolge weitgehend vermeidbar.
Die Europäische Kommission hat im Oktober 2023 einen Verordnungsvorschlag vorgelegt, der darauf abzielt, die durch den unbeabsichtigten Eintrag von Kunststoffgranulat verursachte Umweltverschmutzung zu verringern. Dazu soll der Verlust von Kunststoffgranulat, verursacht durch die derzeitigen Handhabungspraktiken, möglichst weitgehend vermieden, eingedämmt und Verluste umgehend beseitigt werden. Kunststoffgranulat ist die drittgrößte Quelle für unbeabsichtigte Einträge von Mikroplastik in die Umwelt. Die EU-Kommission erwartet, mit dem vorliegenden Vorschlag einen wesentlichen Beitrag zum europäischen Reduktionsziel zu leisten.
Der Verordnungsentwurf enthält die Entwicklung einer standardisierten Methode zur Bemessung von Kunststoffgranulatverlusten und deren EU-weiten obligatorischen Anwendung. Wesentliche weitere Inhalte des Verordnungs-Vorschlags sind verbindliche technische, organisatorische und sonstige Anforderungen zur Vermeidung und Eindämmung von Kunststoffgranulatverlusten und umgehenden Beseitigung von freigesetztem Kunststoffgranulat. Ergänzend werden für mittlere und große Unternehmen Zertifizierungen gefordert.
Der Rat hat gegenüber dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag Änderungen vorgenommen. Es wurden unter anderem einige Definitionen angepasst, Regelungen für Seeschiffe in EU-Häfen ergänzt, die Möglichkeit aufgenommen, der zukünftigen Verordnung auch über eine Ergänzung der Genehmigung nachkommen zu können. Deutschland strebt an, in den nun kommenden Trilogen weitere Verbesserungen in Hinblick auf die Effizienz der Regelungen zu erreichen, und hat dazu eine Protokollerklärung abgegeben.
Die heute beschlossene „Allgemeine Ausrichtung“ stellt die Grundlage des Rats für die anstehenden Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission im Rahmen von Trilogen dar. Mit einer Einigung zwischen dem Europäischen Parlament, der Europäischen Kommission und dem Rat ist in den nächsten sechs Monaten zu rechnen.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim BMUV.
Bereits 2023 trat in der EU ein Verbot von Mikroplastik in Kraft, welches vom BUND jedoch als unzureichend kritisiert wurde. Die Freisetzung von Mikroplastik muss dringend gestoppt werden, denn es ist inzwischen überall, in der Arktis, in der Tiefsee und auch Luft.
Nordsee-Fangquoten: Deutsche Umwelthilfe kritisiert Beschlüsse als unzureichend
Pressemitteilung, 11.12.2024, Deutsche Umwelthilfe
• Quoten für Nordseehering und Nordseekabeljau gefährden Stabilität der Ökosysteme in Nord- und Ostsee
• DUH fordert nachhaltiges, ökosystembasiertes Fischereimanagement
Berlin, 11.12.2024: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert die unzureichenden Ergebnisse der EU-Verhandlungen für die Fangquoten in der Nordsee. Besonders alarmierend sind die zu hoch festgelegten Quoten für Nordseehering, Nordseekabeljau und den Europäischen Aal. Die DUH fordert stattdessen Fischereiminister Cem Özdemir und die EU auf, sofortige Maßnahmen für ein ökosystembasiertes Fischereimanagement zu ergreifen. Wie schädlich der fehlende Blick für das gesamte Ökosystem ist, zeigt sich vor allem beim Nordseehering: Zwar bleiben die Quoten innerhalb der wissenschaftlichen Maximalempfehlungen, diese Population vermischt sich jedoch mit dem stark gefährdeten westlichen Ostseehering. So wird nun trotz des seit Jahren bestehenden Fischereiverbots für den westlichen Ostseehering ein Großteil dieser bedrohten Fische erneut in Fangnetzen landen.
Dazu Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die nun beschlossenen Quoten für den Nordseehering ignorieren die Auswirkungen auf die Gesamtpopulation des Herings in Nord- und Ostsee und gefährden somit die Erholung beider Bestände. Die Fangquoten in der Nordsee müssen aus Sicht des Gesamtökosystems der deutschen Küstenmeere gedacht und niedriger angesetzt werden, um einen Wandel hin zu einem effektiven und nachhaltigen Fischereimanagement zu ermöglichen.“
Der seit 1980 nicht erholte Nordseekabeljau-Bestand wurde in diesem Jahr über den maximalen wissenschaftlichen Empfehlungen beschlossen. Der wissenschaftlich empfohlene Fangstopp für den akut bedrohten Europäischen Aal wurde ebenfalls ignoriert.
Svane Bender, Bereichsleitung für Naturschutz und Biologische Vielfalt bei der DUH, erklärt: „Die festgelegten Quoten für den Nordseekabeljau und den Europäischen Aal sind unzureichend und bedrohen ernsthaft die Stabilität unserer letzten Fischbestände. Insbesondere beim Nordseekabeljau überschreitet die jährliche Fangmenge wieder einmal das vereinbarte Limit. Wir fordern wirksame Maßnahmen gegen illegale Rückwürfe, den Einsatz selektiver Fanggeräte und strenge Kontrollen, um das Sterben von für die Fischerei nicht attraktiven Fischen zu verhindern.“
Diese Pressemitteilung findet ihr bei der Deutschen Umwelthilfe.
Nicht nur die frisch beschlossenen EU-Fangquoten der Nordsee, sondern auch die der Ostsee, fallen viel zu hoch aus. Auch dort sind die (Beifang-) Quoten für Hering und Dorsch riskant und gefährden eine Erholung der Populationen. Besonders problematisch ist der Einsatz von Grundschleppnetzen beim Dorsch- bzw. Kabeljaufang, da sie nicht nur die Lebensräume am Meeresboden, sondern auch ihre Funktion als Kohlenstoffsenke schwer beschädigen.
BUND: Weltklimakonferenz verfehlt ambitionierte Klimafinanzierung
Pressemitteilung, 25.11.2024, BUND
Beschlüsse gehen an drastischer Realität der Klimakrise vorbei.
- Neues Finanzierungsziel gefährdet Lebengrundlange von Millionen von Menschen
- Konkrete Zusagen für ehrgeizigere Klimaschutzbeiträge bleiben aus
- geringer Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft
Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert den Ausgang der diesjährigen UN-Klimakonferenz deutlich. Die Staatengemeinschaft verpasst nach zähen Verhandlungen die Chance, sich auf ausreichende finanzielle Unterstützung für ärmere Staaten und ambitionierteren Klimaschutz zu einigen.
Unzureichende Finanzierung gefährdet globalen Klimaschutz
Das bisherige Ziel von 100 Milliarden Dollar jährlicher Finanzierung wurde vielfach kritisiert, da es an den eigentlichen Bedarfen vorbei geht. Im Abschlusstext einigten sich die Staaten nun auf eine Summe von 300 Milliarden jährlicher Klimafinanzierung bis 2035, wobei die Industrieländer die Führung übernehmen sollen. Zusätzlich soll bis zur nächsten COP ein Fahrplan erarbeitet werden, wie diese Summe auf 1,3 Billionen aus staatlichen sowie anderen Quellen angehoben werden kann.
Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: „Das Verhandlungsergebnis ist enttäuschend und verfehlt bei weitem die eigentlichen finanziellen Bedarfe. Das blockiert nicht nur ambitionierten Klimaschutz, es gefährdet auch ganz konkret die Lebensgrundlage von Menschen weltweit. Die reichen Industriestaaten präsentieren sich gerne als Vorreiter in Sachen Klimaschutz, werden ihrer besonderen Verantwortung in dieser zentralen Frage jedoch nicht gerecht.”
Der BUND fordert, dass die deutschen Finanzzusagen ab 2025 auf mindestens acht Milliarden Euro neuer und zusätzlicher Finanzierung jährlich steigen, um den weltweiten Klimaschutz effektiv zu unterstützen.
Klares Signal für ambitionierteren Klimaschutz bleibt aus
Im vergangenen Jahr fand die erste globale Bestandsaufnahme statt. Sie wies deutliche Lücken bei den nationalen Klimabeiträgen und deren Umsetzung auf. In den diesjährigen Verhandlungen haben die Staaten die Chance verpasst, konkrete Vorgaben für ehrgeizigere nationale Klimaschutzbeiträge (NDCs) im nächsten Jahr zu bestimmen.
Bandt: „Die vergangenen Monate mit schweren Überschwemmungen in Nepal, Nigeria und Spanien haben uns noch einmal drastisch vor Augen geführt, wie essentiell entschlossener Klimaschutz ist. Wir können uns nicht mehr erlauben, dass es bei leeren Worthülsen bleibt. Auf der Konferenz im vergangenen Jahr wurde erstmals eine Abkehr von fossilen Energien beschlossen. Dieses Momentum aufzugreifen und voranzutreiben, hat die Konferenz in diesem Jahr verfehlt.”
Kein Klimaschutz ohne Menschenrechte
Die Ausrichtung der COP29 in einem Öl- und Gasförderland wie Aserbaidschan erschwerten die Verhandlungen zusätzlich.
Karola Knuth, Bundesvorstand der BUNDjugend: „Dass die COP nun zum dritten Mal in Folge in einem Staat mit zweifelhafter Menschenrechtslage stattfindet, ist ein Skandal. Die Zivilgesellschaft durfte ihre wichtigen Stimmen in die internationalen Verhandlungen nicht einbringen, was wir in den Ergebnissen sehen. Insbesondere marginalisierte Menschen müssen um ihre Sicherheit fürchten. Diese Verdrehungen stärken den Einfluss von fossilen Unternehmen und Staaten und lassen unsere kritischen Stimmen scheinbar verstummen. Deshalb lehnen wir und viele weitere zivilgesellschaftliche Akteure die Ergebnisse ab und bleiben laut!“
Diese Pressemitteilung findet ihr beim BUND.
Die COP29 enttäuscht auf ganzer Linie: Halbherzige Finanzierungszusagen und fehlender Ehrgeiz beim Klimaschutz zeigen, dass die Weltgemeinschaft weiter an der Realität der Klimakrise vorbeischrammt. Zwar wurde auf der COP27 vor zwei Jahren Klimafonds für Verluste und Schäden beschlossen, doch diese wurden nicht genutzt, um ambitionierte Maßnahmen nachzulegen. Bereits zu Beginn der COP29 hatte die DUH klare Signale der Bundesregierung für Klimafinanzierung und Methan-Minderung gefordert.
2030-Ziele außer Reichweite: Verlieren EU und Deutschland im Kampf gegen Biodiversitätsverlust?
Pressemitteilung, 21.11.2024, NABU
Bericht verdeutlicht: Politische Versprechen allein reichen nicht – Handlungszeitraum schrumpft rapide
Berlin – Ein neuer Bericht des NABU-Dachverbands BirdLife Europe & Central Asia zeigt, dass die Europäische Union auf direktem Kurs ist, ihre Biodiversitätsziele für 2030 zu verfehlen. Der fortschreitende Verlust von Artenvielfalt und Lebensräumen nimmt nicht nur ungebremst zu, sondern beschleunigt sich sogar, während dringend benötigte Maßnahmen weiterhin ausbleiben. Die EU-Biodiversitätsstrategie 2030, ein zentraler Baustein des Green Deals, soll den Biodiversitätsverlust stoppen und Europas Ökosysteme bis 2030 auf einen Weg der Erholung bringen. „Der Handlungszeitraum schrumpft, und ohne entschlossene Maßnahmen droht nicht nur das Scheitern dieser Strategie, sondern auch ein schwerer Rückschlag für die politische Handlungsfähigkeit der EU bei der Bewältigung der globalen Naturkrise“, warnt Johann Rathke, Teamleiter Biodiversitätspolitik beim NABU.
Rathke fasst die Schlüsselherausforderungen aus Sicht des NABU zusammen:
Beschleunigter Rückgang der Biodiversität: Der Bericht stellt fest, dass die derzeitigen Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten unzureichend sind, um den alarmierenden Verlust an Lebensräumen und Artenvielfalt zu stoppen. Insbesondere Schutzgebieten mangelt es an effektiver Durchsetzung und ausreichenden Ressourcen.
Defizite beim Flächenschutz: Der Bericht von BirdLife stimmt mit den Ergebnissen einer jüngst veröffentlichten Studie des NABU zu Schutzgebieten für Deutschland überein. Diese belegt, dass die organisatorischen Voraussetzungen nicht ausreichen, damit Schutzgebiete in Deutschland ihren originären Zweck erfüllen. Mängel bei klaren Zielsetzungen, rechtlicher Sicherung, konkreten Maßnahmenplänen und effektivem Monitoring untergraben den Schutzstatus der Gebiete.
Bedrohte marine Ökosysteme: 93 Prozent der europäischen Meere sind wirtschaftlich genutzt, verschmutzt und überfischt. Und auch in Deutschlands Meeresschutzgebieten wird mit Grundschleppnetzen gefischt, sterben Seevögel und Schweinswale in Stellnetzen, werden Pipelines gebaut – keine Spur vom strengen Schutz, echten Refugien für die Natur. Diese Defizite gefährden das Überleben mariner Ökosysteme.
Finanzierungslücke als zentrales Hindernis: Trotz der Zusage, jährlich 20 Milliarden Euro für Naturschutz und Wiederherstellung bereitzustellen, bleibt die Finanzierung weit hinter den Erfordernissen zurück. Die Forderungen von BirdLife Europe nach einem neuen Finanzierungsmechanismus wie etwa einem eigenständigen EU-Renaturierungsfonds im nächsten EU-Langzeithaushalt sowie den Abbau umweltschädlicher Subventionen unterstreicht der NABU.
Dringender Reformbedarf in der Landwirtschaft: Die Landwirtschaft bleibt ein Haupttreiber des Biodiversitätsverlusts in Europa. Ohne eine grundlegende Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), die nachhaltige Praktiken und den Schutz von Ökosystemen priorisiert, wird die EU ihre Biodiversitätsziele nicht erreichen können. Hier pocht der NABU auf die Umsetzung der von BirdLife Europe gemeinsam mit Europäischen Bauernverbänden erarbeiteten Empfehlungen des Strategiedialogs Landwirtschaft, einschließlich einer Umschichtung der Direktzahlungen in zielgerichtete Ökosystemleistungen.
Besondere Verantwortung Deutschlands: Als bevölkerungsreichster EU-Mitgliedsstaat und drittgrößte Volkswirtschaft der Welt hat Deutschland eine Schlüsselrolle in der Biodiversitätspolitik. Die Erarbeitung eines nationalen Wiederherstellungsplans sowie eine führende Rolle bei der Umsetzung des EU-Naturwiederherstellungsgesetzes sind essenziell.
„Die EU und ihre Mitgliedstaaten stehen an einem Wendepunkt. Entschlossenes Handeln ist jetzt erforderlich, um unsere Ökosysteme und damit unsere eigene Zukunft zu sichern“, so Rathke.
Hintergrund: Die Fortschritte der 2020 ins Leben gerufenen EU-Biodiversitätsstrategie bleiben trotz einiger Erfolge, wie dem bahnbrechenden EU-Naturwiederherstellungsgesetz, insgesamt unzureichend. Der Bericht von BirdLife analysiert detailliert die bisher unternommenen Schritte sowie die Defizite bei der Umsetzung der Strategie.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Dass in deutschen Meeresschutzgebieten immer noch mit Grundschleppnetzen gefischt wird, ist ein Armutszeugnis – Schutzgebiete, die kaum schützen, sind schlicht Augenwischerei. Als bevölkerungsreichster EU-Staat und Wirtschaftsriese hat Deutschland nicht nur die Pflicht, sondern auch die Chance, mit echtem Schutz und entschlossenem Handeln voranzugehen. Wenn wir nicht vorleben, wie es geht, wer dann? Ansonsten bleiben die Ziele der EU-Biodiversitätsstrategie weiterhin außer Reichweite.
Gemeinsam gegen den fossilen Irrweg: CCS-Gesetz stoppen
Pressemitteilung, 16.11.2024, BUND
Echte Klimaschutzlösungen jetzt!
- Großes Bündnis gegen Novelle des Kohlendioxid-Speichergesetzes
- Offener Brief an Bundestag und Bundesrat
- Mehr als 70 internationale Organisationen und Initiativen beteiligt
Mehr als 70 Organisationen und Bürgerinitiativen aus zahlreichen Ländern warnen davor, in der Klimapolitik auf CCS zu setzen (Carbon Capture and Storage). In einem offenen Brief fordern sie die Mitglieder von Bundestag und Bundesrat auf, die Novelle des Kohlendioxid-Speichergesetzes nicht zu beschließen. Andernfalls könnten große CCS-Anlagen und flächendeckende CO2-Pipelinenetze errichtet werden. Jeder Emittent hätte ein Recht auf Anschluss – unabhängig davon, ob seine CO2-Emissionen nicht auch von vornherein hätten vermieden werden könnten. Mit Milliarden an Steuergeldern für CCS würde der Ausstieg aus fossilen Energien verschleppt oder sogar verhindert.
Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): „CCS ist eine Attrappe, hinter der sich Subventionen für fossile Geschäfte verbergen. Jetzt soll sie zum Gesetz werden. Wir brauchen dringend eine breite Debatte über echte Klimaschutzlösungen, um nicht auf Scheinlösungen wie CCS hereinzufallen. Dieser offene Brief beweist, wie viele Menschen aus verschiedensten Bereichen diesem Irrweg bereits widersprechen.“
Die unterzeichnenden Organisationen stammen nicht nur aus dem Bundesgebiet, sondern auch aus Dänemark, Norwegen, den Niederlanden, Polen, Tschechien, Schweden, den USA, Ghana, DR Kongo, UK und Kanada. Sie fordern:
- Keine Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes
- Schnellstmöglicher Ausstieg aus Erdgas, Kohle und Erdöl, gerade auch in der Industrie
- Kein Aufweichen der Meeresschutzvereinbarungen London Protokoll und Hohe-See-Einbringungsgesetz für CCS
- Alle Kraft in Energieeinsparung und Energiesuffizienz, den naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien bis zu 100 Prozent, eine ressourcenschonende Produktion, Kreislaufwirtschaft und Priorität für natürlichen Klimaschutz.
Hintergrund:
Trotz Ampel-Aus könnte die Novelle des Kohlendioxid-Speicherungsgesetz noch beschlossen werden. Denn auch die CDU drängt auf eine schnelle Verabschiedung, unter anderem wegen der bereits angekündigten massiven Subventionen für CCS, für die es aktuell keine rechtliche Grundlage gibt.
Die Bundesregierung hat im Mai 2024 eine Änderung des CCS-Gesetzes vorgelegt. Damit sollen die rechtlichen Voraussetzungen für den großmaßstäblichen Transport von CO2 aus Kraftwerken, Industrie und Müllverbrennung geschaffen werden. CO2-Deponien in der Nordsee wären erlaubt. Wenn die Landesregierungen es wollen, auch unter Land. Dafür sollen große Industrieanlagen und ein rund 5000 Kilometer langes grenzüberschreitendes CO2-Pipelinenetz in Deutschland neu errichtet werden, im vermeintlichen „öffentlichen Interesse“. Betreiber sind Gaskonzerne. Enteignungsvorschriften zugunsten der CO2-Pipelines sollen vereinfacht, demokratische Beteiligungsrechte beschnitten werden. Massive Subventionen sind geplant. Auf die Länder und Kommunen kämen hohe Kosten zu.
Schon im Januar 2024 hatte ein Bündnis aus elf Umweltverbänden und Bürgerinitiativen den CCS-Plänen der Ampel widersprochen. Heute zeichnen über 70 Umweltverbände, Bürgerinitiativen und Unternehmen den gemeinsamen offenen Brief und rufen die Zivilgesellschaft auf, ihren Widerspruch sichtbar zu machen und den Offenen Brief zu unterzeichnen.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim BUND.
Bereits im Mai hat sich der BUND aktiv gegen das CCS-Gesetz (KSpG) ausgesprochen, welches fossile Energien künstlich am Leben erhält. Auch wir von DEEPWAVE kritisieren im Text „Unter die Erde kehren“ von unserem Gastautor Nico Czaja eindringlich, wie sehr diese vermeintliche „Lösung“ den dringend nötigen Ausstieg aus fossilen Energien behindert.
Weltklimagipfel: Deutsche Umwelthilfe fordert klare Signale der Bundesregierung für Klimafinanzierung und Methan-Minderung
Pressemitteilung, 07.11.2024, DUH
- Nach US-Wahl schwierige Vorzeichen für COP29: Weltgemeinschaft muss Zeichen der Geschlossenheit beim Klimaschutz setzen
- Innenpolitische Machtkämpfe in Deutschland dürfen nicht zum Hindernis für Verhandlungen über sichere und ambitionierte Klimaschutzfinanzierung in Ländern des globalen Südens werden
- DUH fordert Kehrtwende bei steigenden Methan-Emissionen: Bundesregierung muss zur COP konkretes Methan-Minderungsziel und Minderungsplan mitbringen
- Expertinnen und Experten der DUH sind vor Ort für Hintergrundgespräche und Interviews
Berlin, 8.11.2024: Vor Beginn der 29. Weltklimakonferenz (COP) in Baku, Aserbaidschan, fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) von der Bundesregierung, alle Zweifel bezüglich der Höhe der deutschen Klimafinanzierung und des zukünftigen klimapolitischen Kurses auszuräumen. Die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen insbesondere in Ländern des globalen Südens ab 2026 wird ein wichtiger Fokus der diesjährigen COP sein. Die EU hat die Verantwortung, hier mit gutem Beispiel voranzugehen. Der Kreis der Geberländer müsse künftig jedoch auch China und die Golfstaaten einschließen, um die Beiträge zur internationalen Klimafinanzierung auf mehr Schultern zu verteilen, so die DUH.
Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Die Wahl von Trump bedeutet auch für die globalen Klimaschutzbemühungen einen Schock. Vom Weltklimagipfel in Baku muss deswegen das klare Signal ausgehen, dass die Weltgemeinschaft auch ohne die USA bei der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens voranschreitet. Die Klimakrise macht keine Pause und die globale Klimadiplomatie muss deswegen weitergehen. Die zentrale Frage des Klimagipfels in Baku lautet, wie es mit der Finanzierung von Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen in den ärmsten Ländern der Welt weitergeht. Die Verhandlerinnen und Verhandler müssen die Klimakonferenz in Aserbaidschan nutzen, um sich auf eine faire, belastbare und ambitionierte Klimafinanzierung zu einigen. Deutschland muss zu den von Bundeskanzler Scholz persönlich gemachten Zusagen zur Klimafinanzierung stehen und seiner Verantwortung auch zukünftig gerecht werden.“
Mit Aserbaidschan hat die Klimakonferenz erneut einen Gastgeber, der in großem Maßstab fossile Energien exportiert. Der staatliche Öl- und Gaskonzern plant, die Förderung von Erdgas im nächsten Jahrzehnt um ein Drittel zu steigern. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, die bei der Klimakonferenz im letzten Jahr beschlossene Abkehr von fossilen Energien zu bekräftigen.
Neben der Reduktion von CO2-Emissionen müssen die Staaten auch dafür sorgen, dass weniger Methan emittiert wird. Das Klimagas ist über 20 Jahre betrachtet mehr als 80-mal so schädlich wie CO2 und für mindestens ein Drittel der bisherigen Erderhitzung verantwortlich. Mit dem 2021 verkündeten Global Methane Pledge versprechen mittlerweile 158 Staaten – auch Deutschland – eine Reduktion der Methan-Emissionen um 30 Prozent bis 2030. Dennoch steigen die globalen Methan-Emissionen auch 5 Jahre vor dem Zieljahr noch immer.
Jürgen Resch, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Die deutsche Delegation muss während der COP als ‚Global Methane Champion‘ konkrete Maßnahmen und Vereinbarungen zur Methanreduktion zwischen Importeuren wie Deutschland und Herkunftsländern fossiler Energien verhandeln. Dabei muss sie auch das Gastgeberland zur Verantwortung ziehen. Um einen fairen Beitrag zur Erreichung des Global Methane Pledge zu leisten, darf sich die Bundesregierung nicht allein auf der EU-Methanverordnung ausruhen. Denn hier werden große Teile der schädlichen Methan-Emissionen nicht angegangen. Für die Emissionen aus der Landwirtschaft hat die Regierung entgegen den Versprechungen aus dem jetzt überholten Koalitionsvertrag kein Konzept vorgelegt. Unabhängig von der Tagespolitik ist und bleibt Methan ein zentraler Treiber der Klimakrise. Deswegen fordern wir von der internationalen Staatengemeinschaft, Deutschland und der EU, auf der Klimakonferenz endlich das Ruder bei weiterhin steigenden Methanemissionen herumzureißen!“
Die DUH wird als Koordinator des internationalen NGO-Bündnisses „Methane Matters Coalition“ bei der COP29 in Baku mit eigenen Veranstaltungen vor Ort sein und die Entwicklungen verfolgen. Die Expertinnen und Experten der Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation stehen im Vorfeld und während der Konferenz für Informationen und Interviews rund um das Thema Methan zur Verfügung.
Diese Pressemitteilung findet ihr bei der DUH.
Der Bruch der Ampel-Koalition darf nicht dazu führen, dass sich der Fokus noch weiter von den wichtigen Themen weg verschiebt. Der Zusammenhalt in Politik und Gesellschaft ist nun wichtiger denn je, um die aktuellen Krisen zu bewältigen.
WWF: Kintsugi für den Bruch – Krisen verlangen Verantwortung aller demokratischen Parteien
Pressemitteilung, 07.11.2024, WWF
Zu dem Bruch in der Ampel-Koalition am Mittwochabend sagt Heike Vesper, Vorständin Politik & Transformation beim WWF Deutschland:
„Die politischen Entwicklungen der letzten beiden Tage zeigen uns eins in aller Deutlichkeit: Für unsere Zukunft ist es wichtiger denn je, Spaltung zu überwinden. Der Zusammenhalt in der Gesellschaft ist entscheidend, um die aktuellen Krisen gemeinsam zu bewältigen. Der Schutz unseres Klimas und der biologischen Vielfalt, unserer Lebensgrundlagen, der naturverträgliche Umbau der Wirtschaft und die Modernisierung des Landes gehören zu den größten Herausforderungen unserer Zeit – und sie sind die Grundlage für die soziale und wirtschaftliche Zukunft Deutschlands. Diese Themen dürfen jetzt nicht unter den Tisch fallen.
Wir brauchen in Deutschland keine Grabenkämpfe à la USA. Alle demokratischen Parteien müssen jetzt Verantwortung zeigen, insbesondere beim Erstellen des Haushalts für 2025, der noch in diesem Jahr verabschiedet werden muss. Dieser Haushalt muss die Grundlage bieten für die dringend nötigen Zukunftsinvestitionen zum Wohlergehen unserer Wirtschaft, des Klimas – uns aller. Ohne Bremsen der FDP ist dafür nun hoffentlich der Weg frei und der Stillstand überwunden.
Auch international stehen in den nächsten Wochen wichtige Themen auf der Tagesordnung, zu denen Deutschland einen starken und konstruktiven Beitrag leisten muss. Allen voran bei der Weltklimakonferenz, die am Montag in Baku beginnt, und bei den finalen Verhandlungen für das globale Abkommens gegen Plastikverschmutzung. Bei allen politischen Entwicklungen gibt es jetzt auch Chancen, nachhaltigen Wandel und Modernisierung voranzubringen.“
Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.
Auch in dieser politisch sehr unruhigen Zeit hoffen wir weiterhin auf den richtigen und wichtigen Fokus auf die aktuellen Krisen – und auf weitere kleine und große Schritte in die richtige Richtung, so wie das im August in Kraft getretene Nature Restauration Law und der Parlamentskreis Meerespolitik, der im September im Bundestag stattgefunden hat.
Anmerkung: Kintsugi ist eine traditionelle japanische Technik, zerbrochene Keramik vergoldet zu kitten und so den Wert des erhaltenen Ganzen sichtbar werden zu lassen. In unserem Büro gibt es einige in ähnlichem Geist geflickte Schalen und Tassen.
EU-Entscheidung zu Ostsee-Fangquoten: Deutsche Umwelthilfe kritisiert Beschlüsse als kurzsichtig
Pressemitteilung, Deutsche Umwelthilfe, 22.10.2024
• Neue Fangquoten der EU-Fischereiministerinnen und -minister riskieren die Zukunft der Ostseefischerei
• Beifangquoten für westlichen Hering und Dorsch erschweren Erholung der Populationen, Quoten für Sprotte und zentralen Hering sind riskant
• DUH fordert ökosystembasiertes Fischereimanagement und ein Verbot von Grundschleppnetzen in Meeresschutzgebieten
Berlin, 22.10.2024: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert die heute beschlossenen Fangquoten für die Ostseefischerei. Die Beschlüsse zementieren für ein weiteres Jahr ein kurzsichtiges Fischereimanagement, das die Fischkrise in der Ostsee weiter verschärfen wird. Die DUH fordert Fangquoten im Einklang mit wissenschaftlichen Empfehlungen und dem Vorsorgeprinzip. Außerdem braucht es ein Verbot der Grundschleppnetzfischerei in Schutzgebieten, bessere Fischereikontrolle und die Wiederherstellung der geschädigten Ökosysteme.
Dazu Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Die EU-Fischereiministerinnen und -minister setzen genau die Art von Fischerei fort, die für den Kollaps der deutschen Ostsee-Populationen verantwortlich ist. Der Fokus auf kurzfristige Profite und riskant hohe Fangquoten haben Fischerei und Natur einen Bärendienst erwiesen. Der gezielte Fang von Dorsch und Hering in der westlichen Ostsee musste infolge des Populationszusammenbruchs bereits vor Jahren eingestellt werden. Trotzdem wurden nun für beide Arten, entgegen wissenschaftlichen Empfehlungen, zu hohe Beifangquoten beschlossen, die eine Erholung der Populationen erschweren. Damit die Ostseefischerei eine Zukunft hat, muss die Fischereipolitik am Ökosystem ausgerichtet werden, anstatt auf maximale Fänge einzelner Arten.“
Auch die weiteren Beschlüsse geben Anlass zur Sorge: Die Fangquote für die zentrale Heringspopulation wurde stark erhöht, obwohl sich Anzeichen für einen schlechten Zustand der Population mehren. Die Sprottenquote ist zwar gesunken, aber immer noch deutlich zu hoch, denn die Nachwuchszahlen waren noch nie so schlecht wie in den letzten drei Jahren. Die exzessiven Quoten für Hering und Sprotte riskieren die Stabilität des gesamten Nahrungsnetzes der Ostsee. Wichtige Arten des Ökosystems wie Dorsche, Schweinswale und Seevögel sind auf sie als Beutetiere angewiesen. Als ersten Schritt in die richtige Richtung bewertet die DUH, dass die Schollenquote nicht weiter erhöht wurde, um den Dorsch-Beifang zu minimieren.
Svane Bender, DUH-Leitung für Naturschutz und biologische Vielfalt ergänzt: „Der Zustand von westlichem Hering und Dorsch, den einstigen ‚Brotfischen‘ der deutschen Ostseefischerei, ist anhaltend katastrophal. An diesem Punkt gibt es keine einfachen Lösungen mehr. Neben einem ökosystembasierten Fischereimanagement muss der Umweltzustand der Ostsee grundsätzlich verbessert werden. Denn zusammen mit dem zu hohen Fischereidruck, machen den Fischen auch Verschmutzung, Sauerstoffmangel und Zerstörung von Lebensräumen zu schaffen.“
Diese Pressemitteilung findet ihr bei der Deutschen Umwelthilfe.
Schon im letzten Jahr kritisierte die DUH die Ostsee-Fangquoten und die der Nordsee, denn diese wurden ebenfalls zu hoch angesetzt. Nun hat jedoch auch eine neue Studie gezeigt, dass bereits die Empfehlungen der Fischereiwissenschaftler:innen bereits häufig zu hoch ausfallen. Um die Ostsee steht es bereits seit mehreren Jahren schlecht, denn es fehlt an weitreichenden Schutzmaßnahmen.
Parlamentskreis Meerespolitik im Deutschen Bundestag
Pressemitteilung vom 27. September 2024, Daniel Schneider, MdB
Mit vereinten Kräften für unsere Meere – Parlamentskreis Meerespolitik im Deutschen Bundestag
Das Zukunftsthema Meeresschutz und die nachhaltige Meeresnutzung haben ein neues Forum in der Bundespolitik gefunden. Der Cuxhavener Bundestagsabgeordnete Daniel Schneider (SPD) und seine Ampelkollegen Stefan Wenzel (Bündnis 90/Die Grünen) sowie Olaf in der Beek (FDP) haben im Februar 2024 den Parlamentskreis Meerespolitik im Deutschen Bundestag gegründet. Ziel des ressort- und fraktionsübergreifenden Gremiums ist es, ein gemeinsames Verständnis über die Nutzungskonflikte in der deutschen Nord- und Ostsee zu schaffen und mittels Perspektivwechsels und konstruktiver Dialoge Lösungen zu finden.
Die öffentlichen Sitzungen stoßen auf sehr großes Interesse. Jeweils mehr als 100 Teilnehmende aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft und alle wichtigen Naturschutzverbände diskutierten nach einer Vielzahl von Impulsvorträgen zu aktuellen Themen. Mittlerweile ist mit Astrid Damerow (CDU) die größte Oppositionspartei in der Lenkungsgruppe vertreten. „Gesunde Meere sind die wichtigsten Verbündeten im Kampf gegen die Klimakrise. Angesichts des schlechten Umweltzustands und des steigenden Nutzungsdrucks in den Meeren ist ein gemeinsames und entschlossenes Handeln dringend nötig“, so Daniel Schneider als Vorsitzender des Parlamentskreises.
Die Bundesregierung hat mit der Ernennung des Meeresbeauftragten und der Entwicklung der Nationalen Meeresstrategie zentrale Vorhaben des Ampelkoalitionsvertrages eingeleitet. Der Parlamentskreis flankiert die ambitionierte Meerespolitik Deutschlands zusätzlich. „Der Bundestag ist ein Treiber in Sachen Meeresschutz, viele Initiativen der Meerespolitik haben ihren Ursprung in Abgeordnetenkreisen, wie zum Beispiel das Thema Munitionsräumung. Daher begrüße ich die Gründung des Parlamentskreises Meerespolitik ausdrücklich“, sagt Sebastian Unger, Meeresbeauftragter der Bunderegierung.
Herausfordernde Raumordnung
In der ersten öffentlichen Veranstaltung ging es um die Frage, wie effektiver Meeresschutz angesichts des steigenden Nutzungsdrucks durch Schifffahrt, Fischerei und Energiegewinnung gelingen kann. In der jüngsten Sitzung widmeten sich die Parlamentarierinnen und Parlamentarier sowie Gäste der komplexen marinen Raumordnung und den geplanten Infrastrukturen für Offshore-Wind, Wasserstoff, Gasbohrungen und CO2-Speicherung (CCS). „Angesichts der herausfordernden Marinen Raumordnung ist es gut, dass sich das verantwortlich zeichnende Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) mit führenden Vertreterinnen und Vertretern in den Parlamentskreis aktiv einbringt“, freut sich Schneider.
Naturverträglicher Ausbau der Offshore-Windenergie
„Es ist voll in unseren Meeren, selbst Schutzgebiete werden vielfältig genutzt”, stellt Anne Böhnke-Henrichs, Referentin für Meeresschutz beim NABU fest. „Wir müssen heute gegensteuern, um die ökologischen Auswirkungen des Offshore-Ausbaus von morgen zu begrenzen”.
Zur Erreichung der Klimaziele soll der Ausbau der Erneuerbaren Energien gemäß einer EU-Richtline noch weiter beschleunigt werden. Die aktuelle Leistung von 8,9 Gigawatt soll bis zum Jahr 2045 auf 70 Gigawatt erhöht werden. Ein Viertel der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) in Nord- und Ostsee wird dann mit Windparks bebaut sein. Wie die Umsetzung mit Tempo jedoch naturverträglich und rechtssicher gelingen kann, wird aktuell parlamentarisch beraten. „Mit der richtigen Standortwahl, sorgfältigen Umweltprüfungen und effektiven Minderungsmaßnahmen müssen wir Natur- und Klimaschutz in Einklang bringen. Denn der Offshore-Ausbau ist nur dann erfolgreich, wenn er uns naturverträglich gelingt“, so Schneider.
Eine umstrittene Technologie: CO2-Verpressung unter dem Meeresboden
Der Entwurf der Gesetzesnovelle, welcher die Speicherung von CO2 im Meeresboden ermöglichen soll, wird diese Woche in den Bundestag eingebracht. Damit Deutschland 2045 klimaneutral ist, sind der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien, effizientes Energiemanagement, die Dekarbonisierung der Industrie und eine umfassende Kreislaufwirtschaft wichtige Maßnahmen. Trotz dieser Schritte ist es unvermeidlich, dass Restemissionen von ca. 60 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr anfallen, beispielsweise bei der Müllverbrennung oder der Kalk- und Zementherstellung. Die Speicherung von CO2 unter dem Meeresboden ist jedoch umstritten. Einerseits birgt dieses Verfahren eine zwar kostenintensive, aber saubere und nachhaltige Möglichkeit des Klimaschutzes. Kritische Stimmen befürchten, dass das Kohlendioxid aus dem Meeresboden entweichen und nicht absehbare Folgen für die Flora und Fauna in der Nordsee haben könnte.
„Wir müssen den Meeresschutz wahlperiodenübergreifend und ganzheitlich denken. Daher begrüße ich, dass das Thema mit der EU-Mission ‘Restore our Ocean and Waters’ auch auf europäischer Ebene verstärkt adressiert wird”, sagte Stefan Wenzel, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und Gründungsmitglied des Parlamentskreises.
„Wie gut uns das meerespolitische Konfliktmanagement gelingt, werden wir in Cuxhaven an der Nordseeküste live erleben. Hier kommen die meisten relevanten Nutzungen zusammen, wie etwa Schifffahrt, Fischerei, Offshore und Tourismus. Da freue ich mich auf die erste Exkursion unseres Parlamentskreises nach Cuxhaven in 2025“, blickt Schneider nach vorne.
Diese Pressemitteilung vom 27. September 2024 findet ihr bei Daniel Schneider, MdB.
Warum die „CO2-Verpressung unter dem Meeresboden“ keine Lösung der Klimaproblematik darstellt, haben wir bereits ausführlich dargelegt. Stattdessen benötigen wir einen umfassenden Schutz der natürlichen Lebensräume und Funktionen unserer Meere sowie einen Stopp ihrer Übernutzung.
Startschuss für Nature Restoration Law: Bedrohte Natur retten, Lebensqualität steigern
Pressemitteilung, NABU, 14. August 2024
Krüger: Konkrete Maßnahmen in der Hand der Bundesländer / Bestehende Gesetze dürfen Fortschritte nicht zunichtemachen
Berlin – Am kommenden Sonntag (18. August) tritt das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law) in Kraft. Das Gesetz soll Ökosysteme wie Moore, Wälder und Auen wieder in einen guten Zustand bringen und eine Trendwende beim Artenschwund einleiten. Inmitten der Natur- und Klimakrise weckt der Start des Gesetzes große Hoffnungen. Damit es zum Erfolg wird, sind nun vor allem die Bundesländer gefragt.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Von heute an kann sich vieles zum Positivem wenden, was in den vergangenen Jahren verloren ging: Stark gefährdete Feldvögel wie Braunkelchen oder Kiebitz wären wieder häufiger in der Landschaft zu sehen. In Deutschland selten gewordene Schmetterlingsarten wie der Rote Würfel-Dickkopffalter oder der Mauerfuchs könnten wieder häufiger über unsere Wiesen fliegen. Auch wir selbst profitieren direkt von einer lebendigeren Biodiversität: Mehr Stadtnatur schützt uns vor Hitzewellen, freier fließende Flüsse puffern drohende Hochwasser ab, vielfältige Bestäuber sichern unsere Lebensmittelproduktion – allesamt gute Gründe, die Wiederherstellung unserer natürlichen Lebensräume entschieden anzupacken!“
Was muss jetzt konkret geschehen? Laut NABU müssen einerseits konkrete Maßnahmen zur Renaturierung eingeleitet werden – etwa die Wiedervernässung von Mooren oder der Anschluss abgetrennter Flussaltarme. Andererseits braucht es eine nachhaltigere Nutzung von Wäldern, Feldern und Meeren. So vielfältig wie die Arten und Ökosysteme müssen dabei auch die Pläne und Strategien zur Wiederherstellung der Natur sein. Verantwortlich sind hierbei besonders die Bundesländer. Aber auch die Bundesregierung ist bei der Umsetzung in der Pflicht und muss ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stellen.
Gleichzeitig dürfen bestehende Gesetze und andere politische Instrumente den Zielen des EU-Gesetzes nicht entgegenstehen, warnt Krüger: „Mit Sorge blicken wir auf die Zerstörung von Riffen durch nicht benötigte LNG-Terminals oder die Abschwächung von Naturschutzstandards bei der Agrarförderung. Hier braucht es dringend ein Umdenken und Umlenken, damit Fortschritte des Naturschutzes nicht an anderer Stelle wieder zunichte gemacht werden.“
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Die Nature Restoration Law konnte nun nach langen Verhandlungen endlich in Kraft treten. Doch trotz des neuen EU-Gesetzes drohen den Meeren vor unserer Küste weiterhin ernsthafte Gefahren, wie der Bau neuer LNG-Terminals oder die Festlegung überhöhter Fangquoten.