Politik
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Ein Schritt in die falsche Richtung: Effektiver Rechtsschutz soll für vermeintliche Planungsbeschleunigung geopfert werden
Pressemitteilung, 30.11.22, NABU
Kabinett beschließt Gesetzesnovelle, die Eilrechtsschutz trotz fehlerhafter Planung aussichtslos werden lässt
Am heutigen Mittwoch hat die Bundesregierung den „Gesetzesentwurf zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich“ beschlossen. Die Novelle aus dem Bundesjustizministerium soll den verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz massiv einschränken und stellt nach Überzeugung der Umweltorganisationen NABU, DUH, Green Legal Impact und der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) einen klaren Schritt in die falsche Richtung dar. Die Verwaltungsgerichte könnten zukünftig einen Fehler der Genehmigungs- oder Planungsentscheidung außer Acht lassen, „wenn offensichtlich ist, dass dieser in absehbarer Zeit behoben sein wird.“ Diese Formulierung ist denkbar unbestimmt und ermöglicht Richterinnen und Richtern sehenden Auges, rechtswidriges behördliches Handeln zu dulden. Aus Sicht der Umweltverbände verstößt diese Regelung gegen verfassungs-, europa- und völkerrechtlich gebotene Prinzipien. Hinzukommt, dass nahezu alle Fehler heilbar sind, sodass kaum mehr ein Fehler dazu führen würde, dass Vorhaben vorläufig gestoppt werden. Eine erhebliche Beschleunigung ist dadurch jedoch nicht zu erwarten, denn die Gerichtsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht werden schon jetzt äußerst zügig durchgeführt.
„Aus unserer Sicht ist es ganz besonders alarmierend, dass die Erleichterungen auf eine Vielzahl von unterschiedlichen, großen Infrastrukturvorhaben anwendbar sein sollen, ohne dass es auf ihren Umwelt- und Klimanutzen ankommt. Denn die Änderungen sollen auch vielen klimaschädlichen Vorhaben wie Kraftwerke, Gasversorgungsleitungen, Abfallanlagen, Flughäfen, Bundesfernstraßen, Gewässerausbauten und LNG-Anlagen zugutekommen. Genau diese sollten jedoch nicht schneller umgesetzt werden sollten, sondern gehören dringend auf den Prüfstand“, so DNR-Geschäftsführer Florian Schöne.
“Planungsbeschleunigung darf nicht dadurch erreicht werden, dass festgestellte Planungsfehler irrelevant und Eingriffe in die Natur auf die vage Hoffnung einer Fehlerheilung hin zugelassen werden. Hilfreich wären vielmehr eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit, klare und naturschutzfachlich begründete Leitlinien für die Prüfung umweltrechtlicher Sachverhalte und ausreichend Personal in Behörden und Gerichten. Eine Beschneidung des Rechtsschutzes der betroffenen Öffentlichkeit und der Umweltverbände ist nicht der richtige Weg und führt zu Akzeptanzverlusten“, sagte NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger.
„Die geplante Regelung, dass die Gerichte im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nahezu alle Fehler behördlicher Entscheidungen außer Acht lassen können, riskiert zudem, rechtsstaatliche Prinzipien ohne Not über Bord zu werfen. In der gerichtlichen Praxis wird auf diese Weise nämlich die genaue Prüfung im Einzelfall verhindert, so dass die Behörden ihre Entscheidungen vorläufig durchziehen können“, ergänzte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.
Hintergrund:
Schon der Entwurf aus dem August sorgte für Kritik aus unterschiedlichsten Lagern. So haben neben den Umweltverbänden auch die Bundesrechtsanwaltskammer, der Deutsche Anwaltsverein und die Neue Richtervereinigung verschiedene Aspekte des Entwurfs bemängelt. Auch Richterinnen und Richter des Bundesverwaltungsgerichtes, die tagtäglich an entsprechenden Verfahren arbeiten, haben sich kritisch geäußert. Kurioserweise findet sich genau diese Expertenmeinung jedoch nicht unter den übrigen, auf der Internetseite des Bundesjustizministeriums veröffentlichten Stellungnahmen. Ein beim Ministerium gestellter Antrag auf Herausgabe der Stellungnahme wurde abgelehnt. Man beruft sich darauf, dass ein Anspruch auf Informationszugang nicht bestehe, wenn und solange die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden. Das dies nur für die Einschätzung der Bundesveraltungsgerichtsrichterinnen und -richter und nicht für die übrigen Stellungnahmen gelten soll, verwundert.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Mehr über den Hintergrund der Planungsbeschleunigung und der Aushebelung von Umweltstandards, erfahrt ihr auf unserem Politikblog.
Zur Wattenmeerkonferenz: „Nature first in the Wadden Sea“
Pressemitteilung, 29.11.2022, WWF
Umweltverbände fordern ehrgeizige Maßnahmen zum Schutz des Wattenmeeres
Anlässlich der 14. trilateralen Wattenmeer-Konferenz in Wilhelmshaven fordern dänische, deutsche und niederländische Umweltverbände bei einer gemeinsamen Aktion einen wirksameren Schutz des Wattenmeeres. Trotz eines hohen Schutzstatus und herausragender Bedeutung für den Erhalt der biologischen Vielfalt und den Klimaschutz wird das Weltnaturerbe Wattenmeer weiterhin stark von vielfältigen Nutzungen bedroht. Die Verbände appellieren an die Politik, sich auf ein wirksames Maßnahmenpaket zur Eindämmung der Belastungen des Wattenmeeres zu einigen.
In den meisten Bereichen des Wattenmeeres wird nach wie vor intensive Fischerei betrieben. Die Verbände fordern nachdrücklich eine großflächige Ausweisung von fischereifreien Ruhezonen in den Wattenmeer-Nationalparken, um der Natur die Möglichkeit zur Erholung zu geben. Nur wenn ein Großteil des Wattenmeeres unter strengen Schutz gestellt wird, besteht Aussicht, das 10-Prozent-Schutzziel der EU-Biodiversitätsstrategie 2030 zu erreichen. Damit sich Wanderfische zwischen dem Wattenmeer und ihren flussaufwärts gelegenen Lebensräumen frei bewegen können, müssen Barrieren wie z. B. Schöpfwerke und Wehre entschärft und somit Flüsse durchgängig gemacht werden.
Eine der größten Bedrohungen der sensiblen tidegeprägten Flussmündungen sowie Unterwasserwelt des Wattenmeers ist das Ausbaggern und Verklappen von Sedimenten infolge der massiven Flussvertiefungen von Ems, Weser und Elbe. Um die Schäden einzudämmen, ist eine Kooperation der Küstenanrainer und Häfen dringend erforderlich. Weitere Flussvertiefungen lehnen die Umweltschützer*innen ab und fordern dort, wo es unverzichtbar ist, wirksame Bemühungen der Länder für ein gemeinsames, ökologisches Sedimentmanagement. Den Hamburger Plänen, künftig Elbschlick nahe der Vogelinsel Scharhörn zu deponieren, erteilen die Verbände eine strikte Absage.
Die Gewinnung von Öl und Gas findet immer noch an einigen Stellen im Wattenmeer statt und bedroht Natur und Klima. Es gibt sogar Pläne in den Niederlanden und in Deutschland, dies auszuweiten. Die Umweltverbände fordern, „die Förderung fossiler Rohstoffe im Wattenmeer bis spätestens 2030 endgültig zu beenden, um Klimaneutralität und den Schutz des Weltnaturerbes zu erreichen. Die Erzeugung erneuerbarer Energien an der Küste und auf See kann und muss naturverträglich erfolgen.“ Schutz und Wiederherstellung von Salzwiesen, Seegras und andere Küstenökosysteme müssen intensiviert werden, um Kohlenstoff zu speichern und gleichzeitig die Küste zu schützen. Der Ausbau von Windenergieanlagen sei notwendig, dürfe aber die ökologische Tragfähigkeit der Nordsee und des Wattenmeeres nicht übersteigen. Dafür müsse auch die Zahl der Kabeltrassen durch das sensible Wattenmeer limitiert werden. Windparks innerhalb des geschützten Wattenmeeres, auf den Inseln oder in angrenzenden geschützten Meereszonen sind zu Recht nicht erlaubt und zum Erreichen einer Klimaneutralität auch nicht erforderlich.
Auch mit problematischen Altlasten ist das Wattenmeer weiterhin konfrontiert: Altmunition, inklusive chemischer Waffen, aus den vergangenen beiden Weltkriegen stellt eine große Gefahrenquelle dar. Das neue deutsche 100-Millionen-Euro-Sofortprogramm „Munition im Meer“ ist ein guter Schritt, um die Beseitigung voranzubringen. Die Umsetzung im Wattenmeer muss nun zeitnah und über deutsche Grenzen hinaus erfolgen.
Die Naturschutzverbände dreier Länder sind überzeugt, dass die staatenübergreifende Zusammenarbeit entscheidend für einen erfolgreichen Schutz des Wattenmeers ist und auch international eine Vorbildfunktion hat. Die bereits bestehenden Netzwerke wie die Nationalparkpartnerschaften müssen weiter gestärkt und neue Netzwerke geschaffen werden. Die Verbände unterstützen weitere Partnerschaften und Kooperationen mit Wirtschaftssektoren wie Tourismus, Schifffahrt und Häfen, wenn durch sie der Schutz des Wattenmeeres gestärkt wird. Auch die internationale Zusammenarbeit über die Anrainerstaaten hinaus muss fortgesetzt und ausgebaut werden, wobei ein Schwerpunkt auf dem Schutz von Zugvögeln und Lebensräumen liegt.
Hintergrund:
Im Rahmen der trilateralen Wattenmeer-Kooperation haben 25 dänische, deutsche und niederländische Umwelt- und Naturschutzorganisationen einen gemeinsamen „Call for Action 2022“ an die Minister*innen der Trilateralen Wattenmeer-Kooperation adressiert, um auf die politischen Leitlinien zum Meeresschutz in den kommenden vier Jahren Einfluss zu nehmen. Die Umweltminister*innen der Niederlande, Deutschlands und Dänemarks treffen sich vom 28. November bis zum 1. Dezember 2022 in Wilhelmshaven, um sich auf die Leitlinien ihrer Zusammenarbeit für die nächsten vier Jahre zu einigen. Deutschland hat derzeit den Vorsitz der trilateralen Kooperation inne und wird nun von Dänemark abgelöst.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.
Was es mit dem massenhaften Fischsterben in der Nordsee auf sich hat, und warum die Nordsee, sowie die Ostsee, zu industrialisieren droht, könnt ihr auf unserem Politikblog nachlesen.
WWF zu CITES-Konferenz: „Erfolg für den Schutz unserer Lebensgrundlagen“
Pressemitteilung, 25.11.22, WWF
Historische Entscheidung: Über 90 Prozent aller international gehandelten Hai- und Rochenarten besser geschützt
Nach dem Ende der CITES-Konferenz (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) zeigt sich die Naturschutzorganisation WWF weitestgehend zufrieden mit dem Ausgang der Konferenz. Besonders für Meerestiere war die Konferenz ein voller Erfolg, so werden etwa 90 Prozent aller international gehandelten Hai- und Rochenarten in Zukunft besser vor der Übernutzung durch den internationalen Handel geschützt. Vor der Konferenz sicherte das CITES-Abkommen das nur 20 Prozent zu. Stillstand gab es hingegen beim Schutz des Tigers vor Wilderei und illegalem Handel. Tropische Baumarten und Singvögel werden zwar in Zukunft besser vor den negativen Auswirkungen des internationalen Handels geschützt. Der WWF kritisiert allerdings die langen Übergangsphasen, bis der verbesserte Schutz in Kraft tritt.
Dr. Arnulf Köhncke, Fachbereichsleiter Artenschutz beim WWF Deutschland sagt: „In einer Zeit, in der die internationale Diplomatie in der Krise scheint und die Menschheit die Artenvielfalt so schnell wie noch nie dezimiert, hat die CITES-Konferenz ein deutliches Zeichen für die Schutz der Artenvielfalt vor Übernutzung gesetzt. Auch wenn wir uns beim Tiger und bei tropischen Baumarten noch mehr Ambitionen erhofft haben, war die CITES-Konferenz ein Erfolg für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen. Und den brauchen wir nach der enttäuschenden Klimakonferenz und knapp zwei Wochen vor der so wichtigen Weltnaturkonferenz in Montreal dringend.“
Haie und Rochen sind die Gewinner der Konferenz. 54 Arten aus der Familie der Grundhaie, sechs Arten von Hammerhaien und 37 Arten von Geigenrochen wurden auf den Anhang II des CITES-Abkommens aufgenommen. Erlaubt ist internationaler Handel mit ihnen in Zukunft nur noch, wenn die Bestände der Haie und Rochen dadurch nicht gefährdet werden. Köhncke sagt: „Das ist eine historische Entscheidung, von der alles Leben unter Wasser profitiert. Denn Haie und Rochen sind unverzichtbare Schlüsselarten: Sie halten die Ökosysteme im Meer intakt. Sie sorgen so auch für gesunde Fischbestände, die die Nahrungsgrundlage für Millionen von Menschen sind.“
Enttäuscht waren die Naturschützenden von den Verhandlungen zum besseren Schutz des Tigers vor Wilderei und illegalem Handel. Köhncke kommentiert: „Zwar wurde bei der CITES-Konferenz anerkannt, dass der illegale Handel mit asiatischen Großkatzen weiter bekämpft werden muss. Wir vermissen aber den Beschluss von konkreten und zeitgebundenen Maßnahmen gegen illegalen Tigerhandel und Wilderei.“ Für die Großkatzen wird das Folgen haben: Mindestens 150 Tiger könnten weiterhin pro Jahr als Luxusgut, Bettvorleger, Amulette oder vermeintliche Medizin enden.
Für den internationalen Handel mit zahlreichen Luxushölzern aus den Tropenwäldern Afrikas, Asiens und Amerikas, sowie für Singvögel aus Südostasien wurden Handelsregulierungen beschlossen. Die Regeln greifen allerdings erst in bis zu 24 Monaten. Köhncke sagt: „Das ist eine lange Zeit für die schwindenden Bestände, und wir haben große Sorge, dass es hier zu für die Artenvielfalt zerstörerischen Mitnahmeeffekten kommt. Das wäre fatal, denn gezielte Abholzung großer Luxusbäume gefährdet beispielsweise neben diesen Arten selbst auch die Integrität ganzer Wald-Ökosysteme.“
Ein Sieg für die Dickhäuter verzeichnete der WWF auch bei den Entscheidungen zu Elefanten und Nashörnern: Der kommerzielle Handel mit Elefanten-Elfenbein und Nashornhorn bleibt weiter verboten. Elefanten aus dem südlichen Afrika müssen außerdem nicht wie von einigen Staaten gefordert stärker im Handel reguliert werden, denn der kommerzielle Handel mit ihrem Elfenbein ist bereits international verboten. Köhncke sagt: „Der Artenschutz hat sich durchgesetzt, denn ein legaler Handel mit Elefanten-Elfenbein oder Nashornhorn könnte diese bedrohten Tierarten weiter an den Rand des Aussterbens treiben.“
Hintergrund:
Das Washingtoner Artenschutzabkommen CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) reguliert seit 1973 den internationalen Handel mit gefährdeten Tier- und Pflanzenarten und ist eines der bedeutendsten internationalen Naturschutzabkommen. Über 180 Vertragsstaaten trafen sich vom 14. bis zum 25. November auf der alle drei Jahre stattfindenden CITES-Vertragsstaatenkonferenz.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.
Der Schutz des Makohaies, welcher seit 2019 im Anhang II des Artenschutzabkommens (CITES) steht, wurde von der Fischereikommission ICCAT vom Nordatlantik auf den Südatlantik ausgeweitet.
Wenn ihr mit noch mehr „good news“ aufgeheitert werden wollt, schaut doch mal in unserem Good News Blog vorbei.
Schutz der Makohaie auf den Südatlantik ausgeweitet
Pressemitteilung, 22.11.22, Pro Wildlife
Fischereikommission ICCAT legt erstmals Fangbeschränkungen für den Südatlantik fest – versäumt es jedoch ein Anlandeverbot zu verhängen
Vale do Lobo / Affoltern / München, 22. November 2022. Die Naturschutzorganisationen Sharkproject und Pro Wildlife begrüßen die Entscheidung der 23. Sondersitzung der ICCAT in Vale do Lobo, nach jahrzehntelanger Überfischung ohne Managementmaßnahmen, jetzt erstmals Fangbeschränkungen für die bedrohten Haie im Südatlantik festzulegen. Die Organisationen bedauern jedoch, dass ein vollständiges Fangverbot, wie ursprünglich von der Europäischen Union vorgeschlagen, von Südafrika und Namibia blockiert wurde. ICCAT, die Internationale Kommission für die Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik, ist die Fischereiorganisation (RFMO), die den Fang von Thunfisch, Schwertfisch und Haien im Atlantik regelt.
Schutzerfolg aus dem letzten Jahr machte Hoffnung für den Haischutz im Südatlantik
Nach dem bahnbrechenden Erfolg auf der ICCAT-Konferenz im vergangenen Jahr – ein Fangverbot für den Makohai im Nordatlantik – hatten Pro Wildlife und Sharkproject dieses Jahr auf einen ähnlich weitreichenden Erfolg für den Südatlantik gehofft. Der vom Aussterben bedrohte Kurzflossen-Mako, eine weit wandernde Art, ist im gesamten Atlantik beheimatet. Sein Überleben auf beiden Seiten des Äquators hängt daher von aufeinander abgestimmten und wirksamen Steuerungsmaßnahmen ab, insbesondere da viele Fischereinationen in beiden Teilen des Atlantiks fischen. Der Makohai ist ein wichtiger und oft willkommener Beifang in der Thun- und Schwertfisch-Fischerei.
Obwohl sowohl die Wissenschaft als auch die Zivilgesellschaft seit 2017 – als die Bestände als potenziell überfischt eingestuft wurden – eine Begrenzung für den südlichen Bestand auf höchstens 2001 t gefordert haben, gibt es bis heute keine Fangbegrenzung für den Südatlantik, um ein nachhaltiges Niveau zu erreichen und die Überfischung zu stoppen.
2019 wurden Makohaie in Anhang II des Artenschutzabkommens (CITES) aufgenommen. Nun sind die Ausfuhrländer aufgefordert, die Nachhaltigkeit ihrer Fänge nachzuweisen. In Ermangelung solcher „Non-Detriment Findings“ beschloss die wissenschaftliche Prüfgruppe (SRG) der europäischen CITES-Behörden im September 2022, ein Ein- und Ausfuhrverbot von Makohaien aus dem Südatlantik.
EU-Vorschlag für ICCAT: Ein Meilenstein für den Schutz des Makohais im Südatlantik
Nach dieser Entscheidung hat die EU einen Vorschlag für die ICCAT-Tagung vorgelegt, der einen Meilenstein für den Schutz des Makohais im Südatlantik bedeutet, nämlich ein zweijähriges Anlandungsverbot und des weiteren dieselben Maßnahmen, die beim ICCAT in 2021 für den Nordatlantik verabschiedet wurden. Der Vorschlag wurde vom Vereinigten Königreich mitunterstützt.
„Wir begrüßen die Entscheidung der Europäischen Kommission, als der ehemals größten Fangnation von Makohaien im Südatlantik, die für fast die Hälfte aller Anlandungen verantwortlich ist, sich endlich für Schutzmaßnahmen im gesamten Atlantik einzusetzen, und wir waren begeistert, dass Brasilien, eine weitere große Fangnation mit einer Fangmenge von über 600 Tonnen im Jahr 2021, den Vorschlag von Beginn der Verhandlungen an unterstützt hat, ebenso wie viele andere Nationen“, sagte Dr. Iris Ziegler, Fischereiexpertin bei Sharkproject International.
Sie fährt fort: „Es war jedoch sehr enttäuschend zu sehen, dass Südafrika und Namibia, zwei weitere große Fangnationen im Süden, das vorgeschlagene Rückhalteverbot ablehnten und forderten, auch diejenigen Tiere, die beim Einholen der Langleinen noch leben, behalten zu dürfen, selbst wenn kein Beobachter an Bord ist.“ Beides sind wichtige Maßnahmen zur Erhöhung der Überlebenschancen des Beifangs und wurden im vergangenen Jahr so für den Norden vereinbart.
Zwei Fangnationen verhindern ein Anlandeverbot als Vorsichtsmaßnahme
Die beiden Mitgliedstaaten der Kommission hatten während der ersten Sitzung des Gremiums damit gedroht, gegen die Annahme des Vorschlags Einspruch zu erheben, und dies noch einmal buchstäblich Minuten vor der Verabschiedung eines überarbeiteten Vorschlags, den sie im Laufe der letzten Woche mit allen Parteien ausgehandelt hatten.
„Wir sind enttäuscht, dass ICCAT es versäumt hat, das vorgeschlagene Anlandeverbot als Vorsichtsmaßnahme zur Reduzierung der Gesamtmortalität nach Jahren der Überfischung zu verabschieden“, betonte Dr. Ralf Sonntag, wissenschaftlicher Berater von Pro Wildlife, und erklärte: „Ein Anlandeverbot ist der effektivste Weg, um dem Bestand tatsächlich eine Verschnaufpause zu gönnen und die tatsächliche Beifangsterblichkeit anhand der Rückwurfdaten zu bewerten, ein beträchtlicher Anteil der Beifänge könnte tatsächlich lebend freigelassen werden.“
Beide Organisationen begrüßen das erzielte Abkommen, sind jedoch sehr besorgt über die Zugeständnisse, die auf Wunsch Südafrikas und Namibias gemacht wurden. „Trotz einer Obergrenze von fast 50 % im Vergleich zu den Anlandungen im Jahr 2021 bzw. 1.295 Tonnen, die für die Jahre 2023 und 2024 gefangen werden dürfen, könnten diese Zugeständnisse einen Anreiz für einige Fangländer darstellen“, so Iris Ziegler, „ihre Anlandungen über ihre Fänge von 2021 hinaus zu erhöhen und auch lebende Tiere zu töten, anstatt sie freizulassen. Dadurch wird das Ziel, die Gesamtsterblichkeit auf 2001 t zu begrenzen, wahrscheinlich nicht erreicht, zumal die Nichtmeldung von Rückwürfen weit verbreitet ist und die Gesamtsterblichkeit in der Vergangenheit deshalb deutlich unterschätzt wurde.“
Die Ergebnisse im Überblick
Der jetzt angenommene Vorschlag verlangt, dass alle Fangländer mit Anlandungen von mehr als 500 Tonnen ihre Anlandungen um 60 % reduzieren, während die Länder mit weniger als 500 Tonnen ihre Anlandungen nur um 40 % reduzieren müssen. Darüber hinaus gelten viele der Maßnahmen, die 2021 für den Nordatlantik verabschiedet wurden, nun auch für den Südatlantik, wie z. B. Meldepflicht für alle toten Rückwürfe und die Freilassung lebender Tiere, die Festlegung wissenschaftlich fundierter Fangmengenbegrenzungen für die Zukunft, vereinbarte Wiederaufbauziele für den Bestand, falls dieser überfischt sein sollte.
Iris Ziegler fügt abschließend hinzu: „Wir fordern alle Beteiligten auf, zumindest die Tiere, die beim Einholen der Leinen noch leben, auf freiwilliger Basis wieder freizulassen und an wirksamen Maßnahmen zu arbeiten, um den Fang von Makohaien von vornherein zu vermeiden. Es ist zwingend erforderlich, den Anteil an totem Beifang sowohl im Nord- als auch im Südatlantik erheblich zu reduzieren, wenn wir die Gesamtmortalität senken und den Rückgang dieser Bestände aufhalten wollen. “Nur die USA und Kanada haben in 2021 den Anteil der Lebendfreilassung bereits auf 60 bis 70 % ihrer Rückwürfe verbessert.
Hintergrundinformationen:
Diese Pressemitteilung findet ihr bei Pro Wildlife.
Neben Beifängen stellt Finning eine große Bedrohung für Haipopulationen weltweit dar. Auf unserem Politikblog findet ihr Informationen über die EU-Bürgerinitiative gegen Haifischflossenhandel.
In der Podcastfolge „Das traurige Los der Haie“ erfahrt ihr außerdem, welche Folgen Finning für das gesamte Ökosystem hat.
NABU begrüßt Bundestagsentscheid für ein Sofortprogramm Munition im Meer
Pressemitteilung, 22.11.2022, Naturschutzbund Deutschland e.V.
Krüger: Endlich grünes Licht für Meere ohne Weltkriegsaltlasten / Bergung muss zügig beginnen
Berlin – 1,6 Millionen Tonnen giftige Munitionsaltlasten aus den beiden Weltkriegen liegen in der deutschen Nord- und Ostsee. Diese können nun endlich geräumt werden, denn heute hat der Bundestag den Weg frei gemacht für ein 100-Millionen-Euro-Sofortprogramm Munition im Meer. „Das Sofortprogramm ist ein schöner Erfolg für die Meere, an dem der NABU seit 2006 mitgearbeitet hat. Endlich übernimmt der Bund Verantwortung, um die giftigen Hinterlassenschaften der Weltkriege naturverträglich zu entsorgen. Damit das Sofortprogramm noch in dieser Legislatur ein Erfolg wird, ist jetzt das Bundesumweltministerium am Zug. Es muss alle notwendigen Komponenten für Bergung und Entsorgung zügig ausschreiben“, so NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger und mahnt zugleich: „Der heutige Erfolg ist nur ein erster Schritt. Die Munitionsbergung ist eine Generationenaufgabe. Bund und Länder müssen dafür eine gemeinsame, langfristige Finanzierung auf die Beine stellen und damit heute schon beginnen.“
Eine naturverträgliche Munitionsräumung im Meer in dieser Größenordnung gibt es bislang noch nirgendwo auf der Welt. Bislang werden Munitionsaltlasten, die etwa beim Bau von Windparks oder Pipelines gefunden werden, viel zu oft gesprengt. Das ist eine Gefahr vor allem für Meeressäuger. Zudem werden die giftigen Inhaltsstoffe bei der Explosion in großem Umkreis verteilt und gelangen so in die marine Nahrungskette – und über Speisefische bis auf unseren Teller. „Es ist ein Meilenstein, dass Deutschland bei der naturverträglichen Bergung und Entsorgung jetzt Vorreiter wird. Wir hoffen, dass das Beispiel Schule macht und naturverträgliche Bergung international der neue Standard wird“, so NABU-Meeresschutzexpertin Anne Böhnke-Henrichs. „Dafür müssen verschiedene technische Komponenten zusammenspielen: von der gefahrlosen, unbemannten Bergung, über spezielle Schneidtechnik zum Zerlegen der Munitionskörper bis zur Entsorgung in mobilen Brennkammern auf einer schwimmenden Plattform. Die Technik für die Einzelkomponenten gibt es schon, aber mit dem Sofortprogramm kommt sie erstmals eng verzahnt und in großem Maßstab zum Einsatz.“
Hintergrund
Bereits 2006 forderte der NABU Schleswig-Holstein eine Strategie zur naturverträglichen Munitionsbergung aus dem Meer. Die Politik zögerte und verschleppte. Mit den für mindestens zehn Schweinswale tödlichen Minensprengungen im Fehmarnbelt im August 2019 war das Thema plötzlich auf der bundespolitischen Agenda. Bei einem parlamentarischen Frühstück im März 2020 zeichnete sich fraktionsübergreifend Einigkeit bei dem Thema ab, im Frühjahr 2021 forderten zwei ähnliche Bundestagsanträge von Bündnis 90, Grünen/FDP und SPD/Union die systematische Räumung und Entsorgung von Munitionsaltlasten im Meer. Im Bundestagswahlkampf hatte der NABU ein Sofortprogramm Munition im Meer als Kernforderung oben auf die Agenda gesetzt und Vertretern aller demokratischen Parteien die Zusage abgenommen, ein 100-Millionen-Euro-Programm zur naturverträglichen Munitionsbergung und Entsorgung auf den Weg zu bringen.
Diese Pressemittelung findet ihr beim NABU.
Bereits im März 2021 wurde eine geplante Sprengung von Munition im Fehmarnbelt abgesagt. Erfahrt mehr darüber auf unserem Politikblog.
Ohne die Arbeit der vielen NGOs, voran des NABU, wäre dieser große Schritt für den Schutz unserer Meere und ihrer Bewohner nicht möglich gewesen.
COP27: Fonds für Klimaschäden gibt Hoffnung – 1,5-Grad-Limit gefährdet
Pressemitteilung, 20.11.22, BUND
Dresden/Sharm el Sheik. Als äußerst ernüchternd bewertet Antje von Broock, Geschäftsführerin des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), das Ergebnis der 27. Weltklimakonferenz. „Wie eine Schneelawine nimmt die Klimakrise dramatisch an Fahrt auf. Die Weltgemeinschaft hat in Ägypten viel geredet, aber nur halbherzig agiert. So wird das 1,5-Grad-Limit schnell überschritten. Viele Teile der Erde werden unbewohnbar.“
Gleichzeitig liegt mit dieser COP nun zum ersten Mal nach 30 Jahren ein Ergebnis zu einem Fonds für die Finanzierung des Ausgleichs bleibender Schäden und Verluste durch die Klimakrise vor. Das ist ein Durchbruch. Hitzige Debatten dauerten bis in die Morgenstunden an. Dieser Fonds muss jetzt aber gefüllt werden. Und auch die Klimafinanzierung ist noch nicht zufriedenstellend und langfristig gesichert. „Nur, weil die Länder des globalen Südens mit der Unterstützung der Zivilgesellschaft bis zum Schluss am Thema Klimaschäden festgehalten haben, konnte ein Teilerfolg errungen werden“, so von Broock.
Die großen Industriestaaten haben auf der COP weiter versucht, ihre historische Verantwortung für die Klimakrise abzuwälzen und Gerechtigkeitsaspekte der UN-Konvention zu verleugnen. „Es ist äußerst beunruhigend, dass es kein eindeutiges Bekenntnis zu einem gerechten 1,5-Grad-Pfad und zu dem Ende aller Fossilen gibt. Die EU stellt sich als Klimaretter dar, während auch Deutschland munter weiter in fossile Infrastrukturen weltweit investiert und sich nicht auf einem 1,5-Grad-Pfad befindet“, sagt von Broock.
Die Ergebnisse der Weltklimakonferenz beinhalten nach hitziger Debatte kein Ende der fossilen Brennstoffe. Für das Einhalten des 1,5-Grad-Ziels braucht es jedoch ein sofortiges Bekenntnis zum Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen – Kohle, Öl und Gas. Der deutsche Import von Kohle aus Kolumbien muss aufhören. Unser Hunger nach Fossilen zerstört dort einen Biodiversitäts-Hotspot. „Die verstärkte Nachfrage Deutschlands nach kolumbianischer Kohle führt zu massiven Naturzerstörungen. In der Zwischenzeit leiden die Gemeinden in Kolumbien auch unter den schädlichen Auswirkungen des Kohleabbaus. Wir rufen die deutsche Gesellschaft auf, von ihrer Regierung echte Verpflichtungen zur Bewältigung der Krise und zur Verwirklichung der Klimagerechtigkeit einzufordern“, sagt Tatiana Roa von CENSAT, Friends of the Earth Kolumbien.
Mit großer Besorgnis sehen der BUND und die BUNDjugend die Menschenrechtslage in Ägypten. „Auf dieser Klimakonferenz ist vieles nicht so gelaufen, wie wir es uns gewünscht hätten“, erklärt Karola Knuth, vom Bundesvorstand der BUNDjugend. Mit Blick auf die Menschenrechtslage vor Ort ergänzt die Jugendvertreterin: „Für die veranstaltende Regierung des autokratischen Staates Ägypten ist aber auch nicht alles gelaufen wie geplant. Und das liegt an den vielen Aktivisti, die das Thema der Menschenrechtsverletzungen in Ägypten jeden einzelnen Tag auf der Konferenz angesprochen haben. Es kann keine Klimagerechtigkeit geben ohne Menschenrechte! Es kann keine ökologische Gerechtigkeit ohne soziale Gerechtigkeit geben. Der Kampf um nichts weniger als die Zukunft der Menschheit ist ein Menschenrecht.“
Weitere Informationen:
- Die UN-Klimakonferenz COP27 in Ägypten
- Der BUND ist Teil von Friends of the Earth International. Auf BUND.net finden Sie ein Interview mit mit Ubrei-Joe Maimoni Mariere, Mitglied der BUND-Partnerorganisation Friends of the Earth Africa und Koordinator des „Climate Justice and Energy Programme“ . Er hat die „African People’s Counter COP“ mitorganisiert, um die Perspektive der afrikanischen Zivilgesellschaft sichtbar zu machen und ist Teil der „Don’t Gas Africa“ Kampagne, die sich gegen einen Ausbau der Gasförderung auf dem afrikanischen Kontinent ausspricht. Das Interview in Deutsch und Englisch ist online zu finden.
- Der BUND unterstützt eine Petition von International Service for Human Rights (ISHR) zur sofortigen Freilassung von Alaa Adb El Fattah – #FreeAlaa #FreeThemAll
Diese Pressemitteilung findet ihr beim BUND.
Nicht nur international, auch auf EU-Ebene werden viele fragwürdige Entscheidungen getroffen. Auf unserem Politikblog könnt ihr mehr darüber erfahren, wie die EU-Kommission plant, bestehendes EU-Naturschutzrecht für den Ausbau Erneuerbarer Energien und deren Infrastruktur durch eine Notverordnung weitgehend auszuhebeln.
NABU: Umweltstandards nicht per EU-Notverordnung aushebeln
Pressemitteilung, 08.11.2022, Naturschutzbund Deutschland e.V.
Krüger: Genehmigungserleichterungen in naturschutzrechtlich relevanten Bereichen ohne Parlamentsbeteiligung sind demokratisch sehr bedenklich
Brüssel – Die EU-Kommission plant, bestehendes EU-Naturschutzrecht für den Ausbau Erneuerbarer Energien und der Energieinfrastruktur durch eine Notverordnung (Art. 122 AEUV) weitgehend auszuhebeln. Das Vorhaben geht zurück auf das Betreiben der Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten, gerade auch der deutschen Ampelregierung. NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger hat sich daher heute an die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, gewandt.
„Selbstverständlich braucht es eine Beschleunigung beim Ausbau von Wind- und Sonnenenergie. Diese lässt sich aber nicht dadurch erreichen, dass auf EU-Ebene ein pauschaler Vorrang von Erneuerbaren gegenüber jedwedem anderen Belang, etwa der Natur, festgestellt wird. Auch ein generelles Ausblenden von Verstößen gegen das EU-Artenschutzrecht führt nicht zur Beschleunigung, sondern nur zu Protesten vor Ort. Dass Ursula von der Leyen auf Betreiben auch von Olaf Scholz und Robert Habeck dabei sogar das Europäische Parlament entmachten will, ist skandalös.“
Mit seinem Dachverband BirdLife Europe hat der NABU im derzeit ebenfalls laufenden Gesetzgebungsverfahren zur Änderung der Erneuerbaren-Energien-Richtline (RED) aufgezeigt, wie Beschleunigung erreicht werden kann. Schlüssel zum Erfolg ist eine vernünftige und rechtssichere Raumplanung, die auch Rücksicht auf die natürlichen Lebensgrundlagen und die Biodiversität nimmt. Wenn das EU-Naturschutzrecht für bestimmte Gebiete eingeschränkt werden soll, sind zugleich Kriterien für Hilfsprogramme für die betroffenen Arten festzulegen.
Raphael Weyland, EU-Umweltrechtsexperte des NABU, ergänzt: „Grundsätzlich abzulehnen sind Scheinlösungen wie der Verzicht auf die in der täglichen Praxis bewährte Umweltverträglichkeitsprüfung und Einschränkungen bei der Öffentlichkeitsbeteiligung. Sonst droht in allen EU-Mitgliedstaaten ein Freifahrtschein für schlecht geplante Bauprojekte, die der Energiewende nicht dienen, die Naturkrise aber weiter befeuern.“
Hintergrund:
- Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 20.10.2022 (Ziffer 17.f.)
- Leak der geplanten Notverordnung der EU-Kommission
- Pressemitteilung des NABU zur Abstimmung der Änderungen der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED) im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments vom 25.10.2022
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Windräder sowie Zugvögel brauchen optimale Windbedingungen, um Energie zu erzeugen beziehungsweise energiesparend zu fliegen. Warum das zu Raumkonflikten führt, könnt ihr auf unserem Politikblog nachlesen.
NABU: Die Wasserstoff-Farblehre
Pressemitteilung, 07.11.22, NABU
Nur grüner Wasserstoff bietet echtes Zukunftspotenzial
Berlin – Wasserstoff wird häufig als der Energieträger der Zukunft bezeichnet. Die Herstellung von Wasserstoff verbraucht viel Energie, deshalb wird der Ausbau der Erneuerbaren Energien zur Grundvoraussetzung einer klimafreundlichen Produktion des Energieträgers. Wasserstoff ist also nicht gleich Wasserstoff. Abhängig vom Herstellungsprozess werden verschiedene Wasserstoffarten unterschieden. Welche Ressourcen welche Prozesse angewendet werden, zeigt folgender Überblick:
- Grauer Wasserstoff wird aus fossilen, also kohlenstoffhaltigen, Brennstoffen und Wasser in mehreren Prozessschritten (Endgasreformierung) gewonnen. Dabei entsteht als Abfallprodukt CO₂, das direkt in die Atmosphäre abgegeben wird.
- Blauer Wasserstoff wird aus fossilen, also kohlenstoffhaltigen, Brennstoffen und Wasser in mehreren Prozessschritten (Endgasreformierung) gewonnen, wobei das produzierte CO₂ abgeschieden wird (mittels Carbon-Capture-Technologien).
- Türkiser Wasserstoff wird aus Erdgas mittels thermischer Verfahren gewonnen. Dabei wird das Erdgas in Wasserstoff und festen Kohlenstoff gespalten.
- Gelber Wasserstoff wird aus Wasser mittels Elektrolyse gewonnen. Der dafür benötigte Strom besteht aus einer Mischung aus konventionellen und erneuerbaren Energiequellen.
- Grüner Wasserstoff wird aus Wasser mittels Elektrolyse gewonnen. Der dafür benötigte Strom stammt aus erneuerbaren Energiequellen.
Eine Studie der Forschungsstelle FFE im Auftrag des NABU hat die Bedingungen für eine ökologische und sozial verträgliche Entwicklung von Wasserstofftechnologien untersucht.
Wirklich nachhaltig ist nur der sogenannte grüne Wasserstoff, der mit erneuerbaren Energien gewonnen wird. Doch steht dieser derzeit weder im In- noch im Ausland unbegrenzt zur Verfügung. Einen temporären Einsatz von blauem Wasserstoff zur Überbrückung hält der NABU nur unter bestimmten Bedingungen für einen gangbaren Weg. Der Übergang muss in einem transdisziplinären Prozess unter Beteiligung von Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und organisierter Zivilgesellschaft gestaltet und begleitet werden.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Neben grünem Wasserstoff wird auch grüner Ammoniak und Methanol als emissionsfreier Treibstoff für die Schifffahrt diskutiert. Mehr dazu findet ihr in unserem Klimablog.
Plastikverschmutzung hat künftig ihren Preis
Pressemitteilung, 02.11.2022, BMUV
Bundeskabinett beschließt Gesetz zum Aufbau eines Einwegkunststofffonds
Die Bundesregierung hat heute beschlossen, dass Hersteller von Produkten aus Einwegplastik sich künftig an den Kosten der Abfallbeseitigung in Parks und Straßen beteiligen müssen. Laut Gesetz zahlen die Hersteller eine jährliche Abgabe in einen zentralen Fonds ein, der vom Umweltbundesamt verwaltet wird. Die Höhe der Abgabe bemisst sich an der Art und Menge jener Produkte, die sie zuvor auf den Markt gebracht haben. Aus dem Fonds können Kommunen Gelder erhalten, die ihre Kosten für Abfallbewirtschaftung und Sensibilisierungsmaßnahmen decken. Zu den betroffenen Produkten aus Einwegkunststoff zählen beispielsweise Tabakprodukte mit kunststoffhaltigen Filtern, Getränkebehälter und -becher und To-Go-Lebensmittelbehälter.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Zigarettenkippen, Flaschen, To-Go-Becher und Einmal-Essensbehälter landen leider viel zu oft an Straßenrändern, in unseren Parks und Wäldern und sind Ausdruck der Verschmutzungskrise. Die Kosten für Reinigung und Entsorgung des achtlos weggeworfenen Wegwerfplastiks trägt bislang die Allgemeinheit, das soll sich ändern. Wer sein Geschäft darauf stützt, Wegwerfprodukte aus Plastik auf den Markt zu bringen, soll sich an den Sammlungs- und Reinigungskosten der Kommunen beteiligen. Denn diese Rohstoffverschwendung trägt erheblich dazu bei, die weltweite Verschmutzungskrise anzutreiben. Mit dem neuen Gesetz steuern wir der Ressourcenverschwendung und Umweltverschmutzung entgegen und entlasten zugleich Städten und Gemeinden. Nicht Wegwerfplastik, sondern Mehrweg soll der neue Standard werden. Dieses Umdenken treibe ich auch mit Deutschlands internationalen Partnern engagiert voran. Seit März dieses Jahres verhandeln wir engagiert über das erste globale Abkommen gegen unnötiges, schädliches Plastik und Plastikmüll.“
Die Abgabe für in Verkehr gebrachte Produkte aus Einwegkunststoff haben die Hersteller erstmals im Frühjahr 2025 zu leisten und zwar auf der Basis der im Kalenderjahr 2024 in Verkehr gebrachten Produktmenge. Die konkrete Höhe der Abgabesätze für die Hersteller sowie das Auszahlungssystem an die Kommunen und sonstigen Anspruchsberechtigten werden durch eine Rechtsverordnung festgelegt. Die dazu erforderliche Datenbasis wird derzeit durch ein Forschungsvorhaben im Auftrag des Umweltbundesamtes ermittelt. Der Abschlussbericht zu dem Forschungsvorhaben wird noch vor den parlamentarischen Beratungen vorgelegt. Die Kommunen erhalten dann im Herbst 2025 aus dem Einwegkunststofffonds Geld für die in 2024 erbrachten abfallwirtschaftlichen Leistungen. Nach den ersten Ergebnissen des Forschungsvorhabens werden die Einnahmen des Fonds auf bis zu 450 Millionen Euro jährlich geschätzt. Das Einwegkunststofffondsgesetz muss vom Bundestag verabschiedet werden und passiert anschließend den Bundesrat. Die zugehörige Rechtsverordnung, die unter anderem die Abgabesätze festlegen wird, wird derzeit im BMUV vorbereitet. Das Gesetz dient der Umsetzung von Artikel 8 Absatz 1 bis 7 der EU-Einwegkunststoffrichtlinie in nationales Recht.
Derzeit laufen die Verhandlungen für ein rechtlich verbindliches UN-Abkommen zur Beendigung der Plastikvermüllung von Umwelt und Meeren. Ein zwischenstaatliches Verhandlungskomitee erarbeitet bis 2024 den Entwurf für das globale Plastikabkommen. Die Vorverhandlungen am Sitz des UN-Umweltprogramms (UNEP) in Nairobi haben im März 2022 mit dem Resolutionsentwurf „End Plastic Pollution – Towards a Legally Binding Agreement“ wichtige Eckpunkte zum Geltungsbereich und zum Ambitionsniveau des neuen Abkommens aufgestellt. Der Resolutionsentwurf sieht vor, dass die geplante Konvention den gesamten Lebenszyklus von Plastikprodukten in den Blick nimmt und somit auf umfassende Weise das Problem der Plastikverschmutzung, inklusive Mikroplastik, in der Umwelt und den Meeren behandelt. In diesem Kontext betont der Resolutionsvorschlag auch die Bedeutung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft sowie der Steigerung der Ressourceneffizienz zur Verbesserung der Zirkularität im Kunststoffsektor. Dieser umfassende Ansatz war ein zentrales Anliegen der Bundesregierung, die sich in den letzten Jahren gemeinsam mit einer breiten Allianz afrikanischer lateinamerikanischer, asiatischer und europäischer Staaten für die Erarbeitung eines entsprechenden Abkommens eingesetzt hat.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim BMUV.
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Kein Schutz für das Südpolarmeer
Pressemitteilung, 04.11.2022, WWF
Weiterhin keine neuen Meeresschutzgebiete im antarktischen Südpolarmeer
Die einzigartigen Meeresökosysteme rund um die Antarktis bleiben weiter ohne zusätzlichen Schutz: Auf der Jahreskonferenz der Kommission zum Schutz der lebenden Meeresschätze in der Antarktis (CCAMLR) ist neben zwei weiteren Schutzgebietsvorschlägen auch die Ausweisung eines riesigen Meeresschutzgebietes im Weddellmeer erneut am Widerstand von China und Russland gescheitert. Seit bereits sechs Jahren wird der von Deutschland erarbeitete Vorschlag zum Schutz des Weddellmeers diskutiert. Auch über eine strengere Regulierung der Krillfischerei wurde keine Einigkeit erzielt.
„Die diesjährigen Verhandlungen haben unter schwierigen Voraussetzungen stattgefunden, doch der Schutz des Südpolarmeers ist ein unerbittlicher Wettlauf gegen die Zeit. Es ist tragisch, wie die Mitgliedsstaaten in ihren Meeresschutzbemühungen seit Jahren von Russland und China ausgebremst werden, die beide in der Region Fischfang betreiben. Damit geraten die Grundlagen des Lebens unter die Räder geopolitischer Spannungen“, sagt Tim Packeiser, Meeresschutzexperte des WWF Deutschland. Im Zuge der Klimakrise erwärmt sich das Südpolarmeer noch schneller als andere Meeresregionen, die fein austarierten Ökosysteme geraten massiv unter Druck. „Meeresschutzgebiete wirken wie Puffer gegen die Klimakrise. Sie stärken die Widerstandsfähigkeit der marinen Ökosysteme und bieten kälteabhängigen Arten einen ungestörten Zufluchtsort. Die Schutzzonen werden mit jedem Jahr dringlicher, um die einzigartige Biodiversität in den letzten noch fast unberührten Meeresregionen unseres Planeten zu erhalten“, so Packeiser weiter.
Insbesondere das Weddellmeer, in dem große Teile ständig von Eis bedeckt sind, blieb bisher von intensiver Fischerei verschont. Doch die Klimakrise wird den hochgerüsteten Fangschiffen auf der Jagd nach Krill und Antarktischem Seehecht bald Zufahrt verschaffen. „Die immer intensivere Fischerei auf Krillschwärme gefährdet das Fundament des Nahrungsnetzes im Südpolarmeer und muss strikter reguliert werden. Fehlt es an Krill, finden auch Wale, Robben und Pinguine zu wenig Nahrung. Lebendig ist Krill deutlich mehr wert als in Futterpellets der Lachszuchten“, betont Tim Packeiser. Im Vergleich zu den Kohlenstoffspeicherleistungen, die die Krillpopulationen erbringen, beträgt der Wert der Krillfischerei nur ein Sechzigstel, wie ein aktueller WWF-Report belegt. „Wir hatten gehofft, dass die Krillfischerei weiter eingeschränkt wird, doch auch das ist nicht gelungen.“
Positiv wertet der WWF, dass die CCAMLR-Mitgliedstaaten die Folgen des Klimawandels in ihren Beschlüssen künftig stärker berücksichtigen wollen. Ein Lichtblick ist auch, dass sie sich auf eine Sondersitzung im April 2023 geeinigt haben, in der noch einmal über die vorliegenden Schutzgebietsvorschläge beraten werden soll. “Im Rahmen dieser Sondersitzung muss endlich ein Durchbruch gelingen, der den notwendigen Schutz dieser einzigartigen Meeresregionen sicherstellt.”
Hintergrund
Report zur Bedeutung von Krill für das Ökosystem und seine Funktion als Kohlenstoffspeicher WWF-Report „Antarctic Krill – Powerhouse of the Southern Ocean”
Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.
Das einzigartige Ökosystem des Südpolarmeers bietet die Lebensgrundlage für zahlreiche Tierarten. Warum sich Finnwale dort so gerne aufhalten, und was es mit 60 Millionen Nestern von antarktischen Eisfischen auf sich hat, könnt ihr in unserem Forschungsblog nachlesen.