Tiefsee
Das unerforschteste und unereichbarste Ökosystem der Erde birgt Wunder und Überraschungen.
Doch sind wir dabei, es irreversibel zu zerstören.
NGOs fordern von der ISA eine Kehrtwende
Anlässlich des Treffens der International Seabed Authority (ISA) in Jamaika haben 45 Naturschutzorganisationen die Nationalregierungen aller Länder zum Umdenken in Bezug auf den Tiefseebergbau aufgerufen. Im Rahmen der Bemühungen für eine nachhaltige Wirtschaft ergibt es keinen Sinn, neue Projekte anzugehen, die die Umwelt zerstören, denn die wirtschaftliche Erschließung der Tiefsee zerstört einen Großteil der Biodiversität.
Environmental groups call for a U-turn on deep sea mining
Pressemitteilung, 03.07.2018, Seas at Risk
As the International Seabed Authority (ISA) gathers in Jamaica, environmental organisations are calling on governments to wake up to the irreversible harm that deep sea mining will inflict, not only to marine ecosystems but also to global efforts to transition to a sustainable economy. In a joint statement to the ISA, 45 organisations, including Greenpeace and Seas At Risk, warn of significant loss of biodiversity if the world’s seabeds are opened up to mining.
“Humanity depends on healthy oceans. Sending huge machines to the bottom of the sea to rip up the ocean floor will have devastating effects. Deep sea mining could wipe out species and ecosystems before we even know them.” said David Santillo, a scientist at Greenpeace International. The letter states that deep sea mining is contradictory to the UN sustainable development commitments, particularly goals on healthy oceans and sustainable consumption and production. The groups also question industry claims that deep sea mining is needed:
“We risk squandering one of our most precious ecosystems, which has a vital role to play in the health of our planet, for an obsolete dream of boundless growth,” states the letter. “It is time we learn to use minerals in a responsible and efficient way, instead of digging up the deep sea to fuel a throwaway economy which turns metals into waste on a large scale,” said Ann Dom, deputy director of Seas at Risk. The civil society organisations argue the ISA should focus its mission on protecting the deep sea, defined by the United Nations as ‘common heritage of mankind’.
The NGOs are calling on the ISA to end the granting of contracts for deep-sea mining exploration and to not issue contracts for exploitation. The groups are also concerned about the lack of transparency and shortage of environmental expertise in the ISA and demand a full and public process to assess the potential impact of deep sea mining.
Diese Pressemitteilung vom 03.07.2018 findet ihr bei Seas at Risk.
Auch Greenpeace war an dem Aufruf an die ISA beteiligt und greift die Forderungen in seinem Artikel Deep sea mining decisions: Approaching the point of no return von Sebastian Losada und Pierre Terras vom 23.03.2018 detaillreich auf. Außerdem antwortet er auf die Argumente von Befürwortern des Tiefseebergbaus.
In unserem Blogbeitrag IUCN Bericht: Die Zukunft des Tiefseebergbaus stellen wir ebenfalls die Folgen des Tiefseebergbaus und die notwendigen Kontollmechanismen vor.
Positionspapier: Nein zum Raubbau an der Tiefsee!
Positionspapier zivilgesellschaftlicher Akteure zum Tiefseebergbau veröffentlicht
Über 90 Millionen Tonnen Metalle werden laut der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe jährlich zur Produktion von Maschinen, elektrischer Ausrüstung oder Automobilen importiert. Hinzu kommen die vielen Rohstoffe aus verarbeiteten und aus Vorprodukten. Dabei übersteigen diese Konsum- und Produktionsmuster die planetaren Grenzen und laufen konträr zu globaler Ressourcengerechtigkeit. Denn der Abbau von Rohstoffen ist global mit großen sozialen und ökologischen Kosten verbunden, die sich nicht in den Rohstoff- und Produktpreisen wiederfinden und vor allem in Ländern des globalen Südens anfallen. Auch geht er häufig mit Menschenrechteverletzungen einher.Mit den weltweit weiterhin hohen Begehrlichkeiten nach neuen Rohstoffquellen und den geringen Erträgen aus terrestrischen Lagerstätten rücken die marinen mineralischen Rohstoffe der Ozeane und Meere zunehmend in den Fokus. Mittlerweile gibt es zahlreiche Explorations- und Forschungsprojekte für Bergbau in der Tiefsee.
Die Bundesregierung unterstützt politisch und finanziell eine Reihe von Industrie- und Forschungsinitiativen, die den Tiefseebergbau massiv voran-treiben. Die in der AG Tiefseebergbau zusammengeschlossenen Umwelt-, Entwicklungs- und Menschenrechtsorganisationen fordern dagegen ein rasches Umdenken und Umlenken der Politik. Der absolute Rohstoffverbrauch in Deutschland und Europa muss massiv reduziert werden. Die Tiefsee muss als gemeinsames Erbe der Menschheit geschützt werden. Das schließt den Tiefseebergbau aus, da dieser in jedem Fall mit gravierenden Störungen der marinen Ökosysteme, mit Artensterben und unkalkulierbaren Folgewirkungen für die Meereswelt wie auch für die Menschen an ihren Küsten einhergeht und einer nachhaltigen Ressourcenpolitik entgegensteht.
Die unterzeichnenden Organisationen fordern deswegen von der Bundesregierung ein entschiedenes politisches Umsteuern weg vom Raubbau an der Tiefsee![…]
Einblicke in die Arbeit von Tiefseeforscherin Antje Boetius
Meeresbiologin Antje Boetius gibt in dem Interview mit ARD-Alpha einen spannenden Einblick in ihre Arbeit als Tiefseeforscherin. Sie spricht über ihre Faszination zur Tiefsee und den heutigen Problemen, mit dem dieser einzigartige Lebensraum zu kämpfen hat.
Das komplette Videointerview vom 25.02.2015 könnt ihr euch in der BR Mediathek anschauen.
Street-Art gegen Grundschleppnetzfischerei
Während sich heute die Fischereiminister:innen der EU-Mitgliedsstaaten treffen, nehmen sieben bekannte Street-Art-Künstler:innen dies zum Anlass, zeitgleich in verschiedenen europäischen Hauptstädten gegen die Grundschleppnetzfischerei zu protestieren. Dadurch erhoffen sie sich, die Meinung der Menschen zu diesem Thema an die versammelten Politiker:innen heranzutragen, denn mehr als 860.000 Europäer:innen haben die von BLOOM initiierte Petition unterschrieben, deren Ziel es ist, dass die Grundschleppnetzfischerei möglichst schnell verboten wird.
Ihre Sorge ist berechtigt: Schon seit längerem ist bekannt, dass die Tiefsee womöglich noch artenreicher als der Amazonas-Regenwald ist. Demnach ist die Grundschleppnetzfischerei das Unterwasser-Äquivalent zur Rodung des Amazonas-Regenwaldes. In unserem Factsheet haben wir die negativen Folgen der Grundschleppnetzfischerei sehr anschaulich dargelegt.
Die beteiligten Street-Art-Künstler:innen sind: POPAY in Brüssel, JB ROCK in Rom, SP38 in Berlin, SPOK BRILLOR in Mardid; David JAE Antunes in Lissabon, PANIK in London und DELWOOD in Biarritz.
Den Artikel European Street-Art Stands Up Against Deep-Sea Bottom Trawling vom 14.07.2014 findet ihr auf der Seite von BLOOM.
UPDATE:
- 30.06.2016: Das Europaparlament, der Ministerrat und die Europäische Kommission einigen sich darauf, dass die Grundschleppnetzfischerei ab einer Tiefe von 800 Metern verboten wird. Außerdem werden einige Gebiete, in denen empfindliche Meeresökosysteme vermutet werden, aus den Fischfanggebieten ausgeschlossen. Nachlesbar ist dies in unserem Blogbeitrag EU zieht ersten Schlussstrich unter Grundschleppnetzfischerei in der Tiefsee.
- 01.12.2020: Inzwischen diskutiert die EU, ob in weiteren Teilen der Gewässern der EU die Grundschleppnetzfischerei eingeschränkt werden soll.
Forscher:innen finden Leben in der ozeanischen Kruste
Forscher:innen haben tief in der ozeanischen Kruste Mikroorganismen nachgewiesen, nachdem sie in Proben, die eine Expedition 2004 vor der Küste des Bundesstaates Oregon genommen hatte, Gene identifizierten, die zur Verarbeitung von Methan und Sulfaten notwendig sind. Um dann auszuschließen, dass diese Gene von schon gestorbenen Mikroorganismen stammen, haben die Forscher:innen daraufhin versucht, diese Mikroorganismen zu kultivieren, da dafür lebende Mikroorganismen notwendig sind. Nach sieben Jahren konnte schließlich Methan – ein Stoffwechselprodukt der Mikroorganismen – nachgewiesen werden, sodass klar war, dass sich in den Proben lebende Mikroorganismen befinden.
Die Forscher:innen wollen nun untersuchen, wie viele verschiedene Arten von Bakterien sich in der Erdkruste befinden und welchen Einfluss diese Mikroorganismen auf den Kohlenstoff-Kreislauf haben. Es ist bereits bekannt, dass die ozeanische Kruste eine große Kohlenstoffsenke darstellt, während durch sie viele Schwefelverbindungen in den Ozean gelangen. Dadurch, dass diese Mikroorganismen scheinbar Sulfate verarbeiten, haben sie folglich einen Einfluss auf das Gleichgewicht im Ozean.
Den Artikel Forscher finden Leben tief unter dem Meer von Nina Weber vom 14.03. 2013 findet ihr bei Spiegel Online.
Auch in Bezug auf das Auftauen des Permafrostbodens spielen Bakterien eine große Rolle. Taut der Permafrostboden wegen der Erderwärmung auf, zersetzen Bakterien die im Permafrostboden enthaltenen organischen Materialien und stoßen das Treibhausgas Methan aus, wodurch sich die Erde weiter erwärmt. Daher wird das Schmelzen des Permafrostbodens als ein Kipppunkt bezeichnet.
Hüpft wie ein Frosch: Neuer Tiefseefisch entdeckt
Bei dem jetzt entdeckten Tiefseefisch
handelt es sich um eine neue Art, die der Art der Anglerfische und der Gattung der Histiophryne angehört. Psychedelica unterscheidet sich jedoch in vielen Merkmalen von anderen Anglerfischen, da er sich hüpfend fortbewegt: Er stößt sich mit den beinartig ausgeprägten Flossen vom Meeresboden ab und sinkt wieder zu Boden. Zudem besitzt er keine Angel oder einen anderen Köder, mit dem er seine Beute anlockt. Vielmehr ist er sehr scheu und tarnt sich mit seinem wild gemusterten Köper im Sediment. Allerdings ist Psychedelica – anders als andere Anglerfische – nicht in der Lage, seine Musterung an die Umgebung anzupassen. Auch sein weiteres Aussehen unterscheidet sich von anderen Arten: Seine gebogene Schwanzflosse und die Hautfalten lassen ihn wie einen Ball erscheinen und seine Augen sind – ähnlich wie unsere Augen – nach vorne gerichtet, sodass sich seine Sehbereiche überlappen.Den Artikel „Psychedelischer“ Anglerfisch hüpft wie ein Frosch vom 26.02.2009 findet ihr bei SCINEXX.
Ein weiterer Tiefseefisch, der jedoch auch als Speisefisch auf unseren Tellern landet, ist der Orange Roughy. Wie wir in unserem Blogbeitrag Tag des Artenschutzes: Tiefseefisch – Orange Roughy erklären, ist er ist aufgrund der rücksichtslosen Fangmethoden vom Aussterben bedroht.
In dem Blogbeitrag So tarnen sich Fische in der finsteren Tiefsee erfahrt ihr außerdem, was Tiefseefische mit Paradiesvögeln gemeinsam haben.
Kalte Quellen: Forscher:innen gehen auf Tauchstation
Forscher:innen haben die Biodiversität an Methanquellen in der afrikanischen Tiefsee untersucht. An sogenannten kalten Quellen existieren nur sehr angepasste Lebewesen, die ohne Licht, mit enorm hohem Druck und giftigen Verbindungen, die aus den kalten Quellen austreten, auskommen müssen. Trotzdem enthält der Meeresboden in der Nähe von kalten Quellen ein Drittel der weltweiten Biomasse: In einem Gramm Meeressediment können sich mehrere Milliarden Zellen von Bakterien und Archaeen befinden, da kalte Quellen – abgesehen von den genannten lebensfeindlichen Bedingungen – Methan und andere Kohlenwasserstoffe liefern, die lebenswichtig für anaerobe Bakterien sind. Indem die Bakterien durch ihre Aktivität eine gleichbleibende Konzentration der Kohlenwasserstoffe im Sediment sicherstellen, haben sie ebenfalls eine wichtige Rolle im Kohlenstoffgleichgewicht inne.
Den Artikel Forscher gehen auf Tauchstation von Christina Beck vom 27.02.2009 findet ihr bei SCINEXX. Dort ist auch der von den beteiligten Wissenschaftler:innen geführte Blog über die Expedition zu finden.
UPDATE: 2013 beweist eine internationale Forschungsgruppe, dass in der unter dem Sediment liegenden ozeanischen Erdkruste Leben existiert. Diese Erkenntnis stellen wir in dem Blogbeitrag Forscher:innen finden Leben in der ozeanischen Kruste vom 15.03.2013 dar.
Da die Bakterien in dem Tiefseeboden sehr unzureichend erforscht sind und gleichzeitig so einen großen Teil der Biomasse ausmachen, scheint es unverantwortlich, wirtschaftlichen Interessen wie dem Tiefseebergbau oder dem Fischfang in der Tiefsee nachzugehen. Wahrscheinlich würden wir Gleichgewichte zerstören, von denen wir nicht einmal ahnen, dass es sie gibt.
Kaltwasserkorallenriffe in Europa
Nicht nur in tropischen Gewässern existieren Korallenriffe. Auch im Atlantik sorgt ein Kaltwasserkorallenriffsystem, das von Spanien bis ins Nordmeer reicht, für den Artenreichtum im Ozean. Es wird zudem immer deutlicher, dass Kaltwasserkorallen keine Seltenheit sind: Nachdem Fischer:innen, die Überreste von Korallen in ihren Netzen fanden, lange Zeit kein Glauben geschenkt wurde, ging man den Berichten Mitte der 90er-Jahre nach und fand nahezu überall, wo man suchte, Kaltwasserkorallenriffe.
Kaltwasserkorallen scheinen einen festen Bestandteil im Ozean einzunehmen, da Proben nachwiesen, dass einige Korallen über 200.000 Jahre alt sind. Einige Fossilienfunde weisen sogar darauf hin, dass die Riffe bereits seit über 30 Millionen Jahren bestehen. Forscher:innen sehen zudem immer mehr Hinweise, dass die Kaltwasserkorallenriffe die Kinderstuben vieler Fischarten sind. Hier haben die Fische ihre Eigelege und hier wachsen die Jungfische im Schutz der Korallen heran.
Jedoch wird dieser Lebensraum bereits massiv durch die Tiefseefischerei zerstört, die mit ihren Grundschleppnetzen nach Garnelen und anderen Schalentieren, sowie einigen Tiefseefischen wie dem Orange Roughy fischt. Diese fußballfeldgroßen Grundschleppnetze walzen alles um, was ihnen in den Weg kommt – so auch die Kaltwasserkorallen. Wissenschaftler:innen schätzen, dass weltweit bereits ein Drittel der Kaltwasserkorallenriffe beschädigt ist. Hinzu kommt, dass Tiefseeorganismen und dadurch auch die Kaltwasserkorallen viel langsamer wachsen als die Lebewesen in flacheren Gebieten und somit auch länger brauchen, um sich von der Zerstörung wieder zu erholen. Die Fischerei schneidet sich also ins eigene Fleisch: Ohne Kinderstube keine Fische. Außerdem droht auch die Ozeanversauerung die Kaltwasserkorallenriffe zu zerstören.
Deshalb arbeiten die Wissenschaftler:innen mit Hochdruck daran, die Korallenriffe ausfindig zu machen und sie zu erforschen. Denn dadurch können sie Druck auf politische Institutionen aufbauen und sie dazu bewegen, Schutzgebiete einzurichten, in denen die Hochseefischerei mit Schleppnetzen verboten ist. Zudem sollten wir zumindest wissen, was wir verlieren.
Den Artikel Kaltwasserkorallen – Das Great Barrier Reef des Nordens von Andreas Heitkamp vom 07.07.2006 findet ihr bei Scinexx.
Der Artikel Geheimnisvolles Leben im arktischen Eismeer von Rüdiger Schacht vom 09.07.2007 in der Welt verdeutlicht, dass auch in den arktischen und antarktischen Gewässern Korallen zu finden sind.
Weiterführende Informationen erhaltet ihr in dem Artikel Kaltwasserkorallen – aus der Grundlagenforschung auf die politische Agenda, der auf Researchgate veröffentlicht wurde.
UPDATE: Inzwischen ist mehr über Kaltwasserkorallen bekannt. So zum Beispiel, dass sie sich von tierischem Plankton ernähren, da sie aufgrund des fehlenden Lichts keine Symbiose mit Photosynthese betreibenden Algen eingehen können. Mehr Informationen stellt unser Blogbeitrag Wissenschaftler:innen haben das erste mesophotische Korallenriff Italiens entdeckt bereit.
Greenpeace: Schutz der Tiefsee durch eine Handvoll von Fischerei-Nationen vereitelt
Pressemitteilung, 23.11.2006, Greenpeace
Nationale Interessen verhindern UN Moratorium auf Verbot der Tiefsee-Grundschleppnetze
Wien (OTS) – New York – Das Zustandekommen des dringend
notwendigen globalen Moratoriums zum Schutz der Tiefsee mit einem zeitweiligen Verbot von Tiefsee-Grundschleppnetzen auf Hoher See wurde heute Nacht von einer kleinen Gruppe von Fischerei-Nationen zunichte gemacht. Während die Mehrheit der internationalen Staatengemeinschaft, zusammen mit Meeresbiologen und Umweltschutzorganisationen, sich für dringend benötigte Maßnahmen zum globalen Schutz der Meere stark machte, stellte vor allem Island seine eigenen nationalen Fischerei-Interessen in den Vordergrund.
„Durch die Blockadehaltung Islands wurde jede wirklich greifende Maßnahme vereitelt, herausgekommen ist eine zahnlose Resolution, löchrig wie ein Fischernetz“, kritisiert Antje Helms, Meeresbiologin von Greenpeace. „Die jetzige Resolution ändert nichts am verantwortungslosen Fischerei-Management unserer Meere.“
Während große Fischereinationen wie Australien, die Pazifischen Inselstaaten, Neuseeland, die USA, Brasilien, Indien, Südafrika -Deutschland und Großbritannien an der Spitze der EU- weitreichende Maßnahmen bei den UN-Verhandlungen einforderten, endete das bei internationalen UN-Verhandlungen unerlässliche Streben nach einem Konsens auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner.
„Die Tiefsee ist eines der ältesten und facettenreichsten Ökosysteme unseres Planeten. Große Gebiete davon sind noch nicht einmal erforscht, da werden sie schon durch diese zerstörerischen Fangmethoden dem Erdboden gleichgemacht“, stellt Helms fest. „Unsere Meere sind keine unerschöpfliche Ressource, deren Ausbeutung so weiter gehen kann wie bisher.“
Erst kürzlich prognostizierte eine in der Wissenschaftszeitschrift ‚Science‘ veröffentlichte Studie einer Gruppe von Meeresbiologen den Kollaps der kommerziellen Fischerei bis zur Mitte des Jahrhunderts. Neuesten Berechnungen zufolge operieren die Grundschleppnetz-Flotten völlig unrentabel, gäbe es nicht massive öffentliche Subventionen, mit deren Hilfe sich sich über Wasser halten.
„Jetzt sind Regierungen und Einzelhandel in jenen Ländern, die für das Verbot der Grundschleppnetzfischerei in der Tiefsee eintraten, aufgerufen, andere Hebel in Bewegung zu setzen. Fische aus Grundschleppnetzfängen sollten nicht in den Handel gelangen und verkauft werden. Ebenso muss ein weltweites Netz an Meeresschutzgebieten eingefordert werden, um unsere Meere vor der Plünderung durch uneinsichtige Fischereiflotten zu schützen“, stellt Helms fest. Die Fischerei-Resolution der UN soll am 7. Dezember von der Generalversammlung der UN adoptiert werden.
Diese Pressemitteilung findet ihr bei Greenpeace.
Ein See flüssigen Kohlendioxids in 1300 Meter Tiefe
Pressemitteilung, 01.09.2006, idw – Informationsdienst Wissenschaft
Japanisch-deutsches Meeresforscherteam entdeckt ungewöhnliches Ökosystem vor der Ostküste Taiwans:
Kohlendioxid ist ein Treibhausgas, dessen Konzentration in der Atmosphäre sich in den letzten Jahrzehnten signifikant erhöht hat und das für das weltweite Ansteigen der Temperaturen verantwortlich zu sein scheint. Unter Atmosphärendruck und Temperaturen um die 20° Celsius ist Kohlendioxid gasförmig. Erhöht man den Druck und senkt die Temperatur, verflüssigt sich das Gas bis es schließlich fest als Eis (CO2-Hydrat) vorliegt.
Hoher Druck und niedrige Temperaturen sorgen dann dafür, dass das Kohlendioxid nicht mehr als freies Gas in die Atmosphäre aufsteigen kann. Diese Eigenschaft erscheint in den Augen mancher Politiker und Wirtschaftsvertreter als die Lösung, um mit den steigenden Kohlendioxidkonzentrationen in der Atmosphäre fertig zu werden. Es gibt daher Pläne, dieses Gas in den Tiefen der Ozeane zu versenken.
Jetzt hat ein internationales Forscherteam vor der Ostküste Taiwans in 1300 Metern Tiefe einen natürlichen See aus flüssigem Kohlendioxid entdeckt und darüber in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) berichtet. Mit dem japanischen Tauchboot Shinkai 6500 untersuchten die Wissenschaftler dieses exotische Habitat auf unbekannte Lebensformen. Kohlendioxid in flüssiger Form ist eine Chemikalie, die das Leben für Mikroorgansimen auf eine harte Probe stellt. Wegen seiner Eigenschaften als Lösemittel wird es auch in für die Trockenreinigung von Kleidung genutzt. Die Forscher um Dr. Fumio Inagaki von JAMSTEC (Japan Agency for Marine Earth Science and Technology) und seine Kollegen vom Bremer Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie fanden einen negativen Effekt auf die mikrobielle Biomasse bestätigt: in der Nähe der Grenzschicht zwischen Kohlendioxidsee und dem Umgebungswasser sank die mittlere Mikrobendichte um den Faktor 100 vom 1 Milliarde Zellen pro Milliliter auf 10 Millionen. Über die Auswirkungen von CO2-Ansammlungen auf größere Lebewesen ist bisher wenig bekannt, die Forscher bemerkten aber die Abwesenheit von Tieren auf dem Meeresboden über dem CO2 See. Dafür hatten sich dort mikrobielle Spezialisten angesiedelt, die diese Kohlenstoffquelle anzapfen konnten. Nicht nur autotrophe (CO2-fixierende) Mikroorganismen sondern auch Methanzehrer haben dort ihre Nische. Das Methan und das CO2 entstehen geothermisch in dem nahegelegenen Hydrothermalfeld. Die Gase bahnen sich dann ihren Weg bis kurz unter dem Meeresboden wo sie vermutlich im Kontakt mit dem kalten Meereswasser zu Eis werden, es bilden sich Gashydrate. Das Forscherteam sieht den Fund dieses extremen Habitats als Glücksfall an, denn jetzt können sie die Auswirkungen von flüssigem Kohlendioxid auf das Tiefseeökosystem genau studieren.
Max-Planck-Forscherin Antje Boetius ist begeistert “ Als Wissenschaftler denkt man immer, man hätte schon alles gesehen, und dann findet man durch Zufall dieses Wunder in der Tiefsee.“
Wie geht es weiter?
Die Forscher um Fumio Inagaki planen nun weitere Untersuchungen des CO2-Sees im Rahmen einer multidisziplinären Forschungsfahrt. Die Herausforderung wird dabei sein, die physikalischen, chemischen und biologischen Auswirkungen der CO2 Ansammlung in situ, d.h. direkt am Meeresboden zu untersuchen, da sich das Gas beim Bergen der Proben schnell verflüchtigt und das die chemische Zusammensetzung der Probe und auch die mikrobiellen Prozesse stark verändern könnte.
Diese Pressemitteilung findet ihr bei idw – Informationsdienst Wissenschaft.
Unsere Ozeane fungieren als große Kohlenstoffsenke, sie können große Mengen an CO2 aufnehmen und sind daher extrem wichtig für den globalen Klimahaushalt. Mehr darüber könnt ihr in unserem Klima- und Forschungsblog nachlesen.