Forschung

Was die Forschung untersucht und herausfindet, wird durch  Wissenstransfer greifbar und verständlich.
Und ermöglicht so sinnvolles und effektives Handeln für die Meere .

Flüssiggas klimaschädlicher als bisher gedacht

Pressemitteilung, NABU, 28.01.2020

Miller: Studie zu LNG muss Warnruf für Schifffahrt sein

Berlin/London – Laut einer neuen Studie des International Council on Clean Transportation (ICCT) führt Flüssigerdgas (LNG) als Schiffskraftstoff zu 70 bis 82 Prozent höheren Treibhausgasemissionen im Vergleich zu Marinediesel. Diese Zahlen sind alarmierend, da immer mehr Schiffsbetreiber auf LNG zurückgreifen.

Der ICCT-Bericht untersucht die Treibhausgasemissionen aus Schiffskraftstoffen über den gesamten Lebenszyklus, einschließlich der unbeabsichtigten Freisetzung von extrem klimaschädlichem Methan aus Schiffsmotoren, der sogenannte Methanschlupf. Die Autoren fanden heraus, dass die Verwendung von LNG die Klimawirkung der Schifffahrt im Vergleich zu Marinediesel tatsächlich verschlechtern kann, wenn man die Emissionen betrachtet, die über einen Zeitraum von 20 Jahren emittiert werden würden.

„Die Schifffahrtsbranche gehört bereits jetzt zu den weltweit größten Klimasündern. Der Wechsel von Schiffen zu LNG ist sogar klimaschädlicher als so weiter zu machen wie bisher“, so NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. „Die Studie muss ein Warnsignal für die Internationale Seeschifffahrtsorganisation sein. Sie muss jetzt handeln, um alle Treibhausgasemissionen in ihre Strategie zur Emissionsreduzierung einzubeziehen.“

Sönke Diesener, NABU-Schifffahrtsexperte: „Die Investitionen, die heute getätigt werden, müssen konsequent in klimafreundliche Antriebstechnologien fließen. Höherer Effizienz, Windunterstützung, Batterien, Brennstoffzellen und synthetischen Kraftstoffen aus erneuerbarem Strom gehört die Zukunft. LNG ist heute ein schädlicher Irrweg und taugt auch nicht als Brückentechnologie, wenn der Treibhausgasausstoß gegenüber dem Status Quo sogar ansteigt.“

Die Schifffahrtsbranche stößt jetzt schon mehr Treibhausgasemissionen aus als ganze Staaten – auch mehr als Deutschland. Verschiedene Szenarien zeigen, dass die Treibhausgasemissionen der internationalen Schifffahrt von derzeit drei Prozent auf 17 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen bis 2050 steigen könnten. Wenn Schiffe LNG als Schiffstreibstoff verwenden, könnten die Emissionen sogar noch höher ausfallen.

Von den 756 LNG-Schiffen, die derzeit im Einsatz oder bestellt sind, ist der mit Abstand beliebteste Motorentyp ein Dual-Fuel-Viertakter. Er hat die höchste Methanschlupfrate. Die Kreuzfahrtindustrie bewirbt diese LNG-Schiffe als besonders klimafreundlich. Die jüngsten Erkenntnisse des renommierten Forschungsinstituts ICCT, das auch schon den Dieselskandal aufdeckte, stellen nun jedoch die Zukunftsfähigkeit dieser milliardenschweren und langlebigen Investitionen in Frage.

Der IPCC-Report empfiehlt, dass die globalen Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 2017 nahezu halbiert werden müssen, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu vermeiden. Die Methanemissionen aus allen Quellen müssen bis 2050 gegenüber 2010 um mindestens 35 Prozent gesenkt werden. In Anbetracht dieses kurzen Zeitraums zur drastischen Reduzierung der Treibhausgasemissionen betrachten die Autoren des Berichts die Klimaauswirkungen von Schiffskraftstoffen anhand des 20-jährigen und des 100-jährigen Treibhauspotenzials. Methanemissionen zeigen sich als besonders problematisch, da Methan in einem Zeitraum von 20 Jahren 86-mal mehr erwärmt als die gleiche Menge CO2.

Diese Pressemitteilung sowie den Link zur Studie findet ihr beim NABU.

Weitere Informationen zum Flüssiggas LNG könnt ihr unter unserem Forschungsblog einsehen und die IPCC Reports findet ihr auf der IPCC Seite.

Klimafoscher warnen vor „planetarem Notfallzustand“

Das Bild zeigt viele Eisschollen die auf dem offenen Meer treiben. Bis zum Horizont sind nur die Eisschollen sowie ein paar Wolken zu sehen

© Alfred-Wegener-Institut / Sebastian Menze (CC-BY 4.0)

Dass bereits ein kritischer Punkt bezüglich des Klimawandels erreicht ist, lässt sich nicht mehr leugnen. Doch dass dieser schneller voranschreitet als gedacht, bereitet große Sorgen. Wissenschaftler:innen warnen vor sogenannten tipping points, zu deutsch Kipppunkten, welche irreversible Szenarien auslösen. Hierbei spielen Prozesse wie die positive Rückkopplung eine große Rolle, sprich sich selbst verstärkende Abläufe, die Potential zur Kettenreaktion und Kaskadeneffekten haben. Ein Beispiel hierfür ist der verstärkte Albedoeffekt. Die Temperatur steigt an, die Pole schmelzen. Weniger Eis resultiert in weniger Reflexion des Sonnenlichts und verstärkter Absorption der Wärmestrahlung. Die Temperatur steigt zusätzlich an und noch mehr Eis schmilzt. Der Albedoeffekt ist nur einer von vielen Prozessen, die zu Kipppunkten in Ökosystemen führen können. Bedrohte Systeme mit hohem Risiko sind unter anderem die auftauenden Permafrostböden, der von Dürren bedrohte Amazonas, von Bränden betroffene boreale Wälder, die ausbleichenden Korallenriffe und die großflächig abnehmende Eisdecke. Eine „globale Kaskade“ kann durch die voneinander abhängigen tipping points als Folge auftreten, denn der Eisrückgang hängt direkt mit der atlantischen Meeresströmung  sowie dem dadurch veränderten Monsunregen in Afrika zusammen.

Das in den Medien oft erwähnte restliche CO2 Budget von 500 Giga Tonnen ist schnell halbiert, wenn einige Kipppunkte wie das Schmelzen des Permafrosts, der als CO2 Speicher fungiert, ausgelöst werden. Angesichts dessen sprechen Klimaforscher bereits von einem „planetarem Notfallzustand“, der augenblickliches Handeln erfordert.

Den dazugehörigen Artikel findet ihr beim Tagesspiegel sowie beim nature Magazin.

Mehr Informationen zum Klimawandel findet ihr auch bei uns auf der Website.

Kegelrobben-Bestand in der Ostsee erholt sich

Glücklich lächelnde Kegelrobbe liegt auf Sand an der Ostsee. Ihr Rücken wird sanft von der Sonne beschienen.

© A different Perspective / Pixabay

Wer an die Ostsee denkt, hat wahrscheinlich ein Bild von Strandkörben, Möwen und durchwachsenem Wetter im Sinn. Kegelrobben jedoch gehören seit Jahren nicht mehr zur Vorstellung von der Ostsee. Ihre Zahlen gingen lange Zeit nicht nur wegen Giften im Meer, sondern vor allem aber wegen der Erlaubnis sie zu jagen zurück. Seit der Einführung eines Jagdverbots kehren die Meeressäuger langsam wieder zurück. Angaben der Meeresbiologin Linda Westphal zufolge wurden im Oktober vom Verein Jordsand auf der Insel Greifswalder Oie mehr als hundert Kegelrobben gezählt und im Greifswalder Bodden im Frühjahr rund 200 bis 300 Tiere. Insgesamt leben heute etwa 38.000 Kegelrobben in der Ostsee.

Obwohl Kegelrobben in die Ostsee zurückkehren, gelten sie immer noch als stark gefährdet. Deshalb sind sie nach wie vor Teil der Roten Liste. Auch Überfischung und Beifang bedrohen die Art. Da sich Ostsee-Kegelrobben vorrangig von Hering, Dorsch und Sprotten ernähren – Arten, die selbst als gefährdet gelten und überfischt werden – bleibt abzuwarten, ob und wie die Zahlen der Kegelrobben weiter wachsen werden.

Den zugehörigen Artikel „Mehr als 38.000 Kegelrobben in der Ostsee gezählt – Bestand erholt sich“ vom 28.12.2019 findet ihr bei Spiegel Online.

Wer mehr über Kegelrobben wissen möchte, findet ausführliche Informationen auf der Seite des Deutschen Meeresmuseums. Hier wird ebenfalls erläutert, wie man sich bei einer Kegelrobbenbegegnung verhalten sollte. Um zum Schutz der Meeressäuger beizutragen, sollten Sichtungen über die App „OstSee Tiere“ gemeldet werden.

Unter dem Eis

Dunkelblaues Meer mit großen Eisbergen, die sich in den Horizont erstrecken

© Willian Justen de Vasconcellos / Unsplash

Was ist eigentlich unter dem Eis in der Antarktis? Die neue Karte BedMachine Antarctica lüftet dieses Geheimnis und verbindet alte und neue Daten des Kontinents.

Welche Entdeckung dabei zu einem neuen Weltrekord geführt hat und welche Aussagen die Karte über den Klimawandel liefert, berichtet Leora Koch in einer neuen Folge des Podcast Forschungsquartett. Sie hat ein Interview mit Olaf Eisen geführt, einem Kooperationsprofessor für Glaziologie an der Universität Bremen und am Alfred-Wegener-Institut (AWI), der an der Karte mitgearbeitet hat.

Die Podcastfolge „Unter dem Eis“ vom 19.12.2019 und weitere Informationen zum Nachlesen findet ihr auf der Seite des Forschungsquartett.

Wieso Schnee nicht immer weiß ist und was das mit einem Mikroorganismus zu tun hat, erfahrt ihr in unserem Blogbeitrag Das rote Gewand des Schnees.

Neuer Report: Klimakrise bedroht Lebensraum Ozean

Pressemitteilung, Greenpeace, 04.12.2019

Greenpeace fordert globale Maßnahmen zur Rettung der Weltmeere

Große Teile der Ozeane könnten demnächst in ihren Funktionen als Ökosysteme und als CO2-Speicher versagen, wenn die Atmosphäre sich ungebremst weiter aufheizt.

Zu diesem Schluss kommt der neue Greenpeace-Report „In hot water“ (In heißem Wasser, Online: https://act.gp/2r9qy9I). Die Studie fasst den derzeitigen Stand der Forschung zusammen und warnt:  Schon heute zeigen die Weltmeere mit ihrer Versauerung, dem Anstieg des Meeresspiegels und Aufheizen der Oberflächentemperatur deutliche Symptome der Erderhitzung. Damit sie nicht kollabieren, müssen Regierungen weltweit Treibhausgase drastischer reduzieren und mindestens 30 Prozent der Ozeane bis 2030 unter Schutz stellen. „Die Meere sind überlebenswichtig für die Menschheit. Sie liefern den Sauerstoff für jeden zweiten Atemzug auf unserem blauen Planeten und ernähren Millionen von Menschen“, sagt Thilo Maack, Meeresexperte von Greenpeace. „Die Wissenschaft liefert alarmierende Fakten und fordert die Regierungen zum dringenden Handeln auf.“

Die aktuelle Weltklimakonferenz in Madrid hat ein zwölfmonatiges Zeitfenster globaler Verhandlungsrunden eröffnet, bei denen wichtige Beschlüsse für den Meeres- und Klimaschutz gefasst werden können. Unter anderem stehen auf den Klimagipfeln in Spanien und Großbritannien ambitioniertere Maßnahmen gegen die Klimakrise an. Um die Widerstandskraft der Ozeane gegen die Klimakrise zu erhalten und das Artensterben in den Meeren zu begrenzen, haben die Vereinten Nationen im kommenden Jahr die Chance, sich auf einen globalen Ozeanvertrag zu einigen. Dieser könnte die Grundlage für ein Netzwerk globaler Schutzgebiete legen. „Die Reduktion der CO2-Emissionen an Land und neue Schutzgebiete im Meer sollten Hand in Hand gehen“, sagt Maack. „Die Klimakrise ist auch eine Ozeankrise.“

OZEANE SPEICHERN EIN DRITTEL DER CO2-EMISSIONEN

Im Kampf gegen die Klimakrise sind die Ozeane einer der wichtigsten Verbündeten. Sie speichern rund ein Drittel aller an Land verursachten CO2-Emissionen. Doch die Konsequenzen sind dramatisch: Ein nie dagewesenes Artensterben – ausgelöst durch Klimakrise, Überfischung und Vermüllung – verändert zahlreiche marine Ökosysteme und gefährdet die Ernährungssicherheit all jener Menschen, die ihre Nahrung hauptsächlich aus dem Meer gewinnen. Durch den Anstieg des Meeresspiegels werden viele Küstenregionen unbewohnbar.

Greenpeace fordert die Regierungen nachdrücklich auf, die Erderhitzung, das Artensterben und den Schutz der Ozeane auf globaler Ebene anzugehen. Es muss schnell gehandelt werden: Viele Regionen stehen stark unter Druck und sind schon heute ernsthaft bedroht. Dazu gehören die Arktis und die Antarktis sowie Regionen mit großen Wal-Beständen, Korallenriffe, Mangroven, Seegraswiesen und die Sargasso-See im Atlantik. Die Tiefsee muss für die in den Startlöchern stehende Bergbauindustrie gesperrt bleiben, um die Gesundheit der Meere nicht noch weiter zu beschädigen.

Diese Pressemittelung findet ihr bei Greenpeace.

Mehr über die Klimakrise und die Auswirkungen auf unsere Ozeane könnt ihr hier nachlesen. Einen Bericht vom IPCC über die Folgen des Klimawandels auf Ozeane und Eisgebiete findet ihr in unserem Klima- und Forschungsblog. 

 

 

„Sea-Thru“- Die Farben der Unterwasserwelt ohne Wasser

Ein GIF (bewegtes Bild) vieler Korallen. Erst hat alles einen blauen Farbschimmer, wie man es unter Wasser beim Tauchen sehen würde, doch dann ändern sich die Farben, sodass alles viel bunter wird. So würden die Korallen ohne das Wasser aussehen. Am Meeresgrund liegt außerdem eine kleine Tafel, auf der verschiedene Farben abgedruckt sind.

© SCIENTIFIC AMERICAN

Mit dem Programm „Sea-Thru“ wird es möglich, die Farben der Unterwasserwelt so zu sehen, wie sie an Land aussehen würden. Zwei Wissenschaftlerinnen der University of Haifa, Derya Akkaynak und Tali Treibitz, haben das Programm entwickelt, welches mit Hilfe eines Algorithmus Farbkorrekturen bei Unterwasserbildern vornimmt. Bisher mussten Unterwasserfotograf:innen hierfür rote Objektivfilter verwenden oder die Fotografien nachträglich mit Photoshop o. Ä. bearbeiten, um den Blauschimmer des Wassers zu retouschieren. Diese Korrekturen standen jedoch in keiner exakten Korrelation zum eigentlichen Farbwert von Korallen, Fischen oder Anemonen u. a. Das neue Programm kann daher zukünftig auch der Meeresforschung nützlich sein.

In der Zusammenfassung ihres Papers erklären die beiden Wissenschaftlerinnen, dass Farben unter Wasser unterschiedlich durchdringen und reflektieren, weshalb ein einfacher Kamerafilter oder Bildbearbeitungsprogramme wie Photoshop nie ein korrektes Bild des Unterwasserlebens abzeichnen könnten. Vielmehr bestimmen der Abstand zum Objektiv und das Reflexionsvermögen des aufgenommenen Objekts, wie sich seine Farben widerspiegeln. So ist die Art und Weise, wie Sand erscheint, durch das Wasser anders moduliert als zum Beispiel die Schuppen eines Fisches.

Im folgenden Video erklärt Derya Akkaynak genauer, wie das Verfahren des „Sea-Thru“ funktioniert:

„This researcher created an algorithm that removes the water from underwater images“

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
Video-Link: https://www.youtube.com/watch?time_continue=35&v=ExOOElyZ2Hk&feature=emb_logo

Quelle: https://www.youtube.com/watch?time_continue=35&v=ExOOElyZ2Hk&feature=emb_logo

Das gesamte Paper des „Sea-Tru“ findet ihr hier.

Mehr Informationen gibt es bei The Computer Vision Foundation.

Zu geringe Recyclingkapazitäten für Rückbau von Windenergieanlagen

Pressemittelung, Umweltbundesamt, 01.11.2019

UBA-Studie betrachtet Umweltaspekte des Recyclings alter Windenergieanlagen

Mehr als 27.000 Onshore-Windenergieanlagen (WEA) stehen derzeit in Deutschland. Ende 2020 fallen erstmals Anlagen aus der 20-jährigen Förderung gemäß Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). In Abhängigkeit von den Bedingungen vor Ort können ältere Anlagen durch leistungsstärkere und effizientere Neuanlagen, die einen höheren Ertrag am Standort erlauben, ersetzt werden (sog. Repowering). Auch ein Weiterbetrieb von Anlagen kann in Frage kommen, wenn technisch und wirtschaftlich möglich. Voraussichtlich ist ab 2021 mit einem verstärkten Rückbau zu rechnen. Hierfür gibt es bislang wenig Erfahrung. Das Umweltbundesamt (UBA) hat deshalb in einem umfangreichen Forschungsprojekt den Stand der Technik untersucht, Recyclingmengen berechnet und die Finanzierung betrachtet. Dabei zeigt sich: Es drohen Engpässe, bei den Recyclingkapazitäten für die faserverstärkten Kunststoffe der Rotorblätter und Risiken für Mensch und Umwelt beim unsachgemäßen Rückbau. Zudem könnten die Rückstellungen der Betreiber für den Rückbau nicht ausreichen. Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes: „Bund und Länder sollten zügig Leitlinien für den Rückbau von Windenergieanlagen erarbeiten. Wir brauchen klare Vorgaben für Rückbauumfang und Rückbaumethoden, um Mensch und Umwelt zu schützen und die Materialien wertvoll zu recyceln.“

Die Rückbauprognose hat die zu erwartenden Abfallmengen beim Rückbau ab 2021 berechnet. Dabei wurde von einer durchschnittlichen Lebensdauer einer Anlage von 20 Jahren ausgegangen – und die Möglichkeit des Weiterbetriebs nicht berücksichtigt. Bei dieser Annahme werden vor allem Beton (maximal 5,5 Millionen Tonnen pro Jahr) und Stahl (knapp eine Millionen Tonnen pro Jahr) beim Rückbau anfallen, aber auch Kupfer und Aluminium. Diese Mengen sind durch die bestehende Recyclinginfrastruktur jedoch gut zu verarbeiten. Ungewissheit gibt es beim zukünftigen Recycling der Rotorblätter. Hier fallen laut Prognose vor allem ab 2024 relevante Mengen an (maximal gut 70.000 Tonnen pro Jahr). Sie sind bislang jedoch schwer zu verwerten. In Deutschland besteht bislang eine einzige Verwertungsanlage für GFK/CFK-Abfälle. Die Studie empfiehlt daher unter anderem auch zu prüfen, ob die Einführung spezifischer Elemente einer abfallwirtschaftlichen Produktverantwortung für Rotorblätter zur Schaffung zusätzlicher Verwertungskapazitäten sinnvoll sein könnte.

Betreiber von WEA müssen für den Rückbau Rücklagen bilden. Die Studie hat auch die zu erwartenden Kosten für den Rückbau berechnet. Dabei zeigt sich, dass vor allem ab Mitte der zwanziger Jahre erhebliche Finanzierungslücken bevorstehen: Für das Jahr 2038 wird eine Lücke von über 300 Millionen Euro prognostiziert. Die Studie empfiehlt daher, die Berechnungsgrundlage für die Rücklagen zu überprüfen und die Rücklagen regelmäßig von einem unabhängigen Sachverständigen prüfen zu lassen, ob sie noch dem Stand der Technik und den zu erwartenden Kosten entsprechen.

Die Studie untersucht auch, welche Regelungen beim Rückbau von Windenergieanlagen gelten sollten. Während eines Rückbaus haben Umwelt-, Arbeits- und Lärmschutz eine hohe Priorität. Bei der Außerbetriebnahme und der Entnahme von Betriebsflüssigkeiten und -gasen muss entsprechende Sachkunde vorliegen. Der Rückbau sollte grundsätzlich sequenziell erfolgen – Sprengungen oder Verfahren mittels Abrissbirne sind nur in Ausnahmefällen sinnvoll. Fundamente, Kabeltrassen und Wege sind möglichst vollständig rückzubauen. Bei Sägearbeiten vor Ort sollte die Staubelastung für Mensch und Umwelt durch Einhausungen sowie Auffangen von staubbelastetem Wasser minimiert werden.

Die Vielzahl der unterschiedlichen Anlagenmodelle und -standorte macht es nicht möglich, ein einziges und einheitliches Konzept für den Rückbau von WEA zu erarbeiten. Die Studie empfiehlt daher Maßnahmen, welche einerseits den hohen ökologischen Standard der Branche sichern und andererseits weitgehend technologieoffen Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Sie fasst somit Rahmenbedingungen zusammen und bietet Orientierung für die mit dem Rückbau und Recycling betrauten Betreiber, Unternehmen sowie die überwachenden Behörden.

Die zugehörige Pressemittelung findet ihr beim Umweltbundesamt.

Weitere Informationen findet ihr in der Studie vom NABU über Recycling in Deutschland und unsere Recyclingbroschüre gibt euch viele Tipps und Tricks für die richtige Müllentsorgung, den ersten Schritt für jedes Recycling.

Arktisflüsse nehmen CO2 besser auf als der Regenwald

Brücke über Fluss mit Eisbergen hinter der Brücke

© Gulfside Mike / Unsplash

Kürzlich fanden kanadische Forscher der University of British Columbia überraschend heraus, dass arktische Schmelzwasserflüsse Kohlendioxid in erstaunlichen Mengen speichern können. Dieses Phänomen ist aufgrund der weltweit schmelzenden Gletscher von enormer Relevanz und könnte die Grundlage innovativer Klimaschutzstrategien bieten. Grund für die enorme Aufnahmefähigkeit ist, dass arktische Schmelzwasserflüsse kein organisches Material mit sich führen, das beim Abbau Kohlenstoffdioxid in die Umwelt abgibt. Diese Flüsse führen jedoch Abrieb des Gletscherbetts mit sich, das Kohlenstoffdioxid gut binden kann. Das Gestein des Abriebs bindet das Kohlenstoffdioxid dauerhaft und entfernt es somit aus dem Kohlenstoff-Kreislauf.

Den Artikel Arktisflüsse nehmen CO2 besser auf als Regenwald vom 29.10.2019 findet ihr bei Spiegel Online.

IPCC-Sonderbericht: Folgen des Klimawandels auf Ozeane und Eisgebiete

Mehrere kleine Eisschollen schwimmen auf dem Wasser

© Andy Wang / Unsplash

Sonderbericht des Weltklimarates IPCC prognostiziert gravierende Folgen für die Ozeane und Eisgebiete

Wir alle wissen, dass es viele Bereiche gibt, die vom Klimawandel betroffen sein werden. Korallenriffe werden verschwinden, die Biodiversität schwinden und auch die Landwirtschaft und die Gesellschaft insgesamt wird die gravierenden Veränderungen zu spüren bekommen. Der neue Sonderbericht des Weltklimarates IPCC „Special Reports on the Ocean and Cryosphere in a Changing Climate (SROCC)“ („IPCC-Sonderbericht über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima.“), der am 25. September 2019 in Monaco veröffentlicht wurde, stellt die Auswirkungen des Klimawandels auf Ozeane und Kryosphäre (die gefrorenen Teile unserer Erde, wie z.B. Gletscher und Pole) dar; auch welche Auswirkungen das speziell auf die Menschen auf diesem Planeten innerhalb dieses Jahrhunderts haben wird. Leider macht dieser Bericht deutlich, dass es schlimmer kommen kann als bisher erwartet. Nicht nur für die Ozeane, sondern auch für uns Menschen, wenn nichts unternommen wird, um den Ausstoß von CO2 und anderer schädlicher Treibhausgase schnell und drastisch zu reduzieren.

Kurz und bündig lassen sich die Konsequenzen so zusammenfassen:

  • Weniger Permafrost, mehr Methan in der Atmosphäre
  • Weniger Frischwasser durch Schmelzen der Gletscher
  • Eis an den Polen schwindet
  • Der Meeresspiegel steigt immer schneller
  • Die Erde wird salziger durch den Meeresspiegelanstieg
  • Die Ozeanerwärmung und –versauerung wird weiter fortschreiten

Insgesamt wurden für den Bericht mehrere Tausend Studien von über 100 Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen ausgewertet. Zumeist wurden die Folgen für das sogenannte „Business-as-usual-Szenario“ und das „Best-case-Szenario“ dargestellt. Ersteres bedeutet, dass keine Maßnahmen zur CO2-Reduktion getroffen werden, was eine Erhöhung der mittleren globalen Temperatur von 4,3°C bis zum Ende dieses Jahrhunderts bedeuten würde. Nach dem „Best-case-Szenario“ würde es die Menschheit schaffen, den CO2 Ausstoß soweit zu senken, dass eine Erwärmung von weniger als 2°C noch zu erreichen ist.

Neben den Konsequenzen für Ozeane, die Kryosphäre und die Menschen werden aber auch die Herausforderungen dargestellt, diese abzumildern. So sind beispielsweise viele der Nationen von den Folgen am stärksten bedroht, die die wenigsten Kapazitäten haben, auf diese Folgen zu reagieren oder sie zu vermeiden. Aber noch gibt es Möglichkeiten, diese Folgen in Teilen einzudämmen, indem Maßnahmen getroffen werden, die zum einen das Klima und die Ozeane schützen als auch die Folgen des Klimawandels abmildern. So wird zum Beispiel aufgeführt, dass die Wiederaufforstung von Mangrovenwäldern sowohl CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen wird, zu einem Anstieg der Biodiversität führt und auch für verstärkten Küstenschutz sorgt. Der Bericht stellt heraus, dass alle Möglichkeiten, auch technische wie Frühwarnsysteme für Fluten oder ähnliches wichtige Hilfsmittel in der Anpassung an die Folgen des Klimawandels sind und dass die ökonomischen Folgen/Kosten weitaus höher sein werden, wenn jetzt nichts unternommen wird, als für Maßnahmen, die jetzt ergriffen werden können und müssen, um die Temperaturerhöhung einzudämmen.

Von unserer Seite möchten wir unseren großen Respekt ausdrücken für die Wissenschaftler*innen und alle, die es möglich gemacht haben, diesen Bericht zu veröffentlichen, für das unermüdliche Arbeiten und Forschen an den Folgen des Klimawandels und am Erarbeiten von Lösungsmöglichkeiten. Wir von DEEPWAVE tragen unser Möglichstes dazu bei, diese Botschaft weiter zu verbreiten und Bewusstsein für ein schnelles und effizientes Handeln zu schaffen.

Franziska Bils für DEEPWAVE

Quellen: IPCC „Special Reports on the Ocean and Cryosphere in a Changing Climate (SROCC)“„Summary for Policymakers“ und Zeit online (25.9.2019) Sonderbericht zum Klimawandel: Die Erde versinkt in Wasser und Salz

Ein Video über die Folgen einer Erwärmung um 4°C könnt ihr auf unserem blog anschauen.

 

IUCN Bericht: Die Zukunft des Tiefseebergbaus

Man schaut vom dunklen Meeresgrund auf nach oben an die helle Wasseroberfläche, ein paar Fische schwimmen herum

© PublicDomainPictures / Pixabay

Wenn wir an die Tiefsee denken, verbinden wir diesen einzigartigen Lebensraum häufig mit Kälte und Dunkelheit. Was zunächst trist und leer zu sein scheint, beherbergt aber eine erstaunliche Vielfalt von Arten. Auch der 2018 erschienene Bericht der IUCN bezeichnet die dort auffindbaren Ökosysteme als einzigartig und wertvoll. Die Autoren des Reports betonen, dass wir viele Arten und Lebensräume der Meere durch unseren rücksichtslosen Umgang mit unserer Umwelt an den Rand der Zerstörung geführt haben. Da das kommerzielle Interesse an den Rohstoffen der Tiefseeböden zunimmt, ist es dringend notwendig, die Ausbeutung und Zerstörung der Tiefsee zu verhindern.

Im Mittelpunkt des Berichts stehen daher die möglichen Folgen des Tiefseebergbaus, sowie Ansätze zur Überwachung eines nachhaltigen Tiefseebergbaus. Ein weiterer wichtiger Punkt sind die geografischen sowie geologischen Besonderheiten der potenziellen Abbaugebiete und die zugehörigen rechtlichen Richtlinien. Zudem werden unterschiedliche Abbautechnologien beschrieben, wobei auch Umweltparameter wie extremer Druck und enorme Tiefen eine Rolle spielen, da sie das Unterfangen erschweren könnten.

Die Autoren des Berichts betonen, dass die Folgen für die Ökosysteme zum Teil sehr schwer einzuschätzen sind und dringlichst Daten erhoben werden müssen. Studien zeigten bereits, wie verheerend eine Umschichtung der Sedimente im Meeresboden die Habitate und die Biodiversität beeinträchtigen. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass die Veränderungen der Artenstruktur im Abbaugebiet irreversibel sein könnten. Dabei handelt es sich allerdings nur um einen von vielen möglichen Störungen der sensiblen Habitate.

Verschiedene Interessensgruppen und Institutionen müssen Hand in Hand arbeiten, um die Herausforderungen zu lösen, die ein möglicher Tiefseebergbau birgt. Solange dies nicht gewährleistet ist im Sinne des Lebensraums Tiefsee, kann nicht von einem nachhaltigen und verantwortungsvollen Abbau gesprochen werden.

Den gesamten Bericht „Deep seabed mining“ könnt ihr bei IUCN herunterladen.

Warum Forscher mehr Schutzgebiete in der Tiefsee fordern, könnt ihr in unserem Tiefseeblog nachlesen. Auch bei unserer Kampagne DEEP SEA findet ihr weitere Informationen zum Tiefseebergbau.

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