Seegras wird mit einem Bagger aus dem Meer geholt

© seegrashandel.de

An den Küsten angespültes Seegras, das den Weg zum Meer versperrt: für die meisten Strandbesucher:innen ein Ärgernis, das sie beseitigt wissen wollen. Dabei verweist es auf etwas, das eine entscheidende Rolle im Klimageschehen spielt: intakte Seegraswiesen bilden einen hervorragenden CO2-Speicher.

Um die Strände sauber zu halten, wurde das angespülte Seegras bisher aufwendig entsorgt, doch dass es eigentlich eine wertvolle Ressource darstellt, die effektiv und ökologisch nachhaltig genutzt werden kann, rückt jetzt durch Initiativen wie den „Seegrashandel“ und die „Strand-Manufaktur“ an der Ostsee immer mehr ins Bewusstsein.

„Ökologisch dämmen mit Seegras aus der Ostsee“ – so lautet der Slogan des Unternehmens Seegrashandel von Jörn Hartje und Swantje Streich aus Lübeck. Die innovative Idee, die sich dahinter verbirgt, beruht auf dem Konzept, angespültes Seegras als Dämm- und Füllmaterial einzusetzen. Getrocknetes Seegras kann aufgrund der Schimmel- und Ungezieferresistenz sowie der Feuerfestigkeit als optimales Material zum Füllen – z. B. von Kissen, Polstern und Matratzen – und zum Dämmen von Gebäuden genutzt werden. Und es hat im Vergleich zu konventionellen Dämmstoffen eine kaum zu übertreffende Ökobilanz.

Konventionelle Produkte wie Glas-, Steinwolle, Polyurethan und Styropor haben eine sehr schlechte Ökobilanz. Sie benötigen zur Herstellung viel Energie und Ressourcen und sind stark abhängig vom knapper werdenden Erdöl. Außerdem sind sie bei der Verarbeitung teilweise gesundheitsschädlich, entwickeln bei Feuer giftige Gase, und es können neue Probleme wie Schimmelbildung entstehen, wenn man es mit einem Material zu tun hat, das nicht atmungsaktiv ist.  Seegrashandel, 2012

Auch Kristian Dittmann von der Strand-Manufaktur hat die Vorteile und Chancen erkannt, die Seegras bereithält. Während eines Strandspaziergangs vor nun mehr als sieben Jahren stellte er sich die Frage, inwiefern Seegras brauchbar gemacht werden kann. Schließlich wurde es schon damals in überwältigenden Mengen angespült. Kein Jahr später wusste er die Antwort darauf: nachdem er das Seegras geerntet und mittels mobiler Waschanlage gereinigt hatte, konnte er Kissenbezüge aus Baumwolle und Leinen damit füllen und verkaufen. Da Seegras das Dreifache seines Trockengewichts an Wasser aufnehmen und auch schnell wieder abgeben kann, werden die Kopfkissen weniger nass vom Schweiß. Außerdem schimmeln sie nicht und Allergikern kann Abhilfe geschaffen werden, weil Seegras von Milben gemieden wird. Er empfiehlt, das Seegras selber zu sammeln, zu trocknen und nicht nur als Dämmmaterial und Stopfwolle, sondern auch als Gartenerde und Mulch, für das Anlegen von Wällen und Knicks und sogar zur Hautreinigung und Wundheilung zu nutzen.

Indem wir Seegras verwenden, wird uns bewusst, dass etwas, was wir bisher als eine Art natürlichen Müll betrachtet haben, eine kostbare Ressource darstellt. Und besonders da konventionelles Bauen mit einem beträchtlichen Anteil zur Erderhitzung beiträgt, wird Seegras in Zukunft eine wichtige Rolle als Dämmmaterial spielen.

Getrocknetes Seegras wird als Dämmmaterial der Decke benutzt.

© seegrashandel.de

Eine Dokumentation zum Thema gibt es beim NDR.
Wer sehen möchte, wie lebendig und voller Leben Seegraswiesen unter Wasser aussehen, kann dies in der virtuellen Realität OstseeLIFE des Nabu.

[Und falls jemand auf die Idee kommt, dass wir hier Werbung machen, ja, aber unbezahlte, wir finden den Einsatz und die Ideen einfach klasse.]

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