Regentropfen auf einem blauen Untergrund bilden die Verbindung zum Meer

© Anna Mandel / DEEPWAVE

Es regnet. Den ganzen Tag, seit heute früh. Dass dieses Geräusch, dieser Geruch, diese feuchte Kühle der Luft einmal so eine Erleichterung sein würden …
Wenn ich in den letzten Wochen barfuß über die völlig verdörrten Wiesen lief, waren meine Fußsohlen irritiert: Südspanien? Poebene? Norddeutschland? Die harte, staubige Fläche in unserem Garten, in die sich der Rasen verwandelt hat, ist übersät mit kleinen Äpfeln, die eigentlich im Oktober zu nach Zimt duftenden Boskops heranreifen sollten und die der Baum nun abwirft, um sich zu retten.
Wir haben es aufgegeben zu gießen.

Und so sitze ich und lausche dem Geräusch des Regens, das sich anhört wie ein leises Kinderlied: Alles wird wieder gut.

Aber das ist es nicht, was mich so beruhigt, es ist etwas anderes: die Verbindung zum Meer ist wieder da.

In den ersten Jahren lag das DEEPWAVE Büro an einem kleinen Kanal, wovon wir in Hamburg viele haben. Nur ein Kanal, kein Fleet, aber egal, Wasser.
Die Fleete sind das, was uns mit Venedig verbindet. So werden hier die tideabhängigen, innerstädtischen Kanäle genannt. Und tideabhängig heißt nicht nur, dass sie sich mit Ebbe und Flut mitbewegen, wie die Kanäle und Rii genannten, kleineren Kanäle in Venedig, sondern dass sie auch über die Elbe das Salz der Nordsee mitbekommen. Minimal, aber doch. Besonders wenn Sturmfluten in die Stadt drücken oder wenn die Obstbauern, die ihre Bäume in den letzten trockenen Sommern mit Elbwasser besprengen, plötzlich Salzkrusten auf den Äpfeln entdecken…

In unserem Büro am Kanal hörten wir die Möven und die Rufe der Haubentaucher in ihren Nestern an der Böschung, am frühen Morgen das gleichmäßige Eintauchen der Ruderblätter, wenn die Ruderer ihre stillen Runden absolvierten, es roch nach Wasser und Tang, und wenn die Sonne schien, tanzten an der Decke die Reflexe. Wenn wir auf dem kleinen Balkon standen, der direkt über dem Wasser hing, konnten wir den Jungs von der Müllabfuhr zuwinken, die auf ihrem Lastkahn die herausgefischten Trophäen zur Schau stellten: Fahrräder und Einkaufswagen.

Und unser Kanal floss in die Alster und die fließt in die Elbe und die in die Nordsee, die ein Randmeer des Atlantiks ist…

Und jetzt hier der Regen: irgendwann mussten wir umziehen aufs Trockene, das Haus, in dem unser Büro war, wurde Spekulanten zum Fraß vorgeworfen (jedes Kind in der Gegend kennt den Spekulantenfresser, einen riesigen Dino aus Pappmaché, der im Vorgarten eines ehemals besetzten Hauses steht, aber der half nix) und wir fragten uns: geht das? Das DEEPWAVE Büro auf dem Trockenen?

Es geht, weil es regnet.

Hier im Sodenkamp, der so heißt, weil hier einst Moor war und Soden gestochen wurden, gibt es vor der Tür Entwässerungsgräben und man muss über eine kleine Holzbrücke laufen, wenn man zu uns will, und wenn es so regnet wie heute, dann füllen sich die Gräben und fließen in die Alster, die hier noch ein Bach ist, und der fließt in die Außenalster und die in die Elbe und die in die Nordsee, die ein Randmeer des Atlantiks ist…

Dieser Beitrag und unsere anderen Reflexionen stammen ursprünglich von unserem Instagram Kanal @deepwave_ocean_org.

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