Verschiedene Foraminifera unter dem Mikroskop

Foraminifera unter dem Mikroskop © Doc. RNDr. Josef Reischig, CSc. / Wikimedia Commons

Pressemitteilung, 05.12.2023, MARUM

War­um re­gio­na­le Un­ter­schie­de der Erd­er­wär­mung ent­schei­dend sind

Neue Da­ten­ana­ly­se er­mög­licht es, Kli­ma­mo­del­le bes­ser zu be­wer­ten

Win­zi­ge Fos­si­li­en in Mee­res­se­di­men­ten zei­gen, dass Kli­ma­mo­del­le die durch­schnitt­li­che Tem­pe­ra­tur der Ozea­ne im letz­ten Hoch­gla­zi­al vor etwa 20.000 Jah­ren rich­tig be­rech­nen, die si­mu­lier­te räum­li­che Ver­tei­lung aber zu gleich­mä­ßig ist und sie da­her nur be­dingt für künf­ti­ge Kli­ma­aus­sa­gen gilt. Ein neu­er An­satz zeigt nun, wie Kli­ma­mo­dell­rech­nun­gen bes­ser über­prüft wer­den kön­nen. Das Team um Dr. Lu­kas Jon­kers vom MARUM – Zen­trum für Ma­ri­ne Um­welt­wis­sen­schaf­ten und dem Fach­be­reich Geo­wis­sen­schaf­ten der Uni­ver­si­tät Bre­men hat die Er­geb­nis­se jetzt im Fach­jour­nal Nature Geoscience ver­öf­fent­licht.

Mit Kli­ma­mo­del­len bil­den For­schen­de das Kli­ma der Ver­gan­gen­heit nach, um zu ent­schlüs­seln, wie und war­um es sich ver­än­dert hat. Durch den men­schen­ge­mach­ten Kli­ma­wan­del ist es nicht mög­lich, Mo­del­le eins zu eins auf die Zu­kunft zu über­tra­gen, da sich die Rand­be­din­gun­gen ver­än­dert ha­ben. „Wir müs­sen also die Ver­gan­gen­heit si­mu­lie­ren, um die Mo­del­le zu tes­ten. Die Si­mu­la­ti­on des Kli­mas vom so ge­nann­ten Last Gla­ci­al Ma­xi­mum, kurz LGM, ist da­her wich­tig, um Kli­ma­mo­del­le zu be­wer­ten“, sagt Er­st­au­tor Lu­kas Jon­kers, das Hoch­gla­zi­al sei da­bei ein gu­tes Test­sze­na­rio. „Denn wie sich die Erde seit­dem er­wärmt hat, könn­te etwa dem ent­spre­chen, was wir künf­tig er­war­ten kön­nen.“

Bis­he­ri­ge Stu­di­en ha­ben zwar über­ein­stim­mend ge­zeigt, dass die Ge­samt­ver­än­de­rung des glo­ba­len Kli­mas zwi­schen dem LGM und der Ge­gen­wart zwi­schen den Mo­del­len und den Pa­läo­kli­ma-Re­kon­struk­tio­nen kon­sis­tent ist. Nicht aus­rei­chend be­rück­sich­tigt wur­den da­bei aber das räum­li­che Tem­pe­ra­tur­mus­ter, das Öko­sys­te­me und Le­bens­räu­me be­ein­flusst. Dazu ge­hört auch, wie sich Le­bens­räu­me auf den ver­schie­de­nen Brei­ten­ge­ra­den ver­tei­len.

Neuer Ansatz basiert auf einem grundlegenden makroökologischen Prinzip

Um zu prü­fen, ob die Si­mu­la­tio­nen ein ge­nau­es Bild des ver­gan­ge­nen Kli­mas lie­fern, ver­glei­chen die For­schen­den sie mit auf Da­ten ba­sie­ren­den Re­kon­struk­tio­nen. Bei­de Ver­fah­ren ber­gen ei­nen ge­wis­sen Grad an Un­si­cher­heit. Wenn bei­de von­ein­an­der ab­wei­chen – liegt es dann an der Si­mu­la­ti­on oder der Re­kon­struk­ti­on? Da­mit Kli­ma­mo­del­le bes­ser über­prüft und be­wer­tet wer­den kön­nen, ha­ben Dr. Lu­kas Jon­kers vom MARUM und sei­ne Co-Au­tor:in­nen ei­nen neu­en An­satz ver­folgt, den sie jetzt im Fach­jour­nal Nature Geoscience vor­stel­len. Da­für um­ge­hen sie Un­si­cher­hei­ten der tra­di­tio­nel­len Re­kon­struk­ti­ons­me­tho­den und ver­wen­den ein grund­le­gen­des ma­kro­öko­lo­gi­sches Prin­zip. Das be­sagt, dass sich Ar­ten­ge­mein­schaf­ten umso mehr un­ter­schei­den, je wei­ter sie von­ein­an­der ent­fernt sind. Ein Bei­spiel da­für sind etwa die Ve­ge­ta­tio­nen in der Tal­soh­le im Ver­gleich zur Berg­spit­ze.

„Im ma­ri­nen Be­reich se­hen wir ei­nen grö­ße­ren Rah­men des­sen, näm­lich wenn wir Spe­zi­es vom Äqua­tor an­schau­en. Je wei­ter wir dann in Rich­tung Pol ge­hen, umso mehr ver­än­dern sich die Ar­ten“, sagt Jon­kers. „Im Oze­an hängt die­se ab­neh­men­de Ähn­lich­keit stark mit der Tem­pe­ra­tur zu­sam­men. Wür­den die Kli­ma­mo­del­le also die Tem­pe­ra­tu­ren der Ver­gan­gen­heit kor­rekt si­mu­lie­ren, müss­ten wir beim Ver­gleich der si­mu­lier­ten Tem­pe­ra­tu­ren mit den fos­si­len Ar­ten­ge­mein­schaf­ten das­sel­be Mus­ter fest­stel­len.“ For­schen­de kön­nen also Da­ten zu Ar­ten­ge­mein­schaf­ten im Hoch­gla­zi­al nut­zen, um zu be­ur­tei­len, ob die si­mu­lier­te Tem­pe­ra­tur aus dem LGM das glei­che Mus­ter ab­neh­men­der Ähn­lich­keit der Ge­mein­schaf­ten re­pro­du­zie­ren kann, wie wir es heu­te se­hen.

Für ihre Stu­die hat das in­ter­na­tio­na­le Team über 2.000 Ar­ten­ge­mein­schaf­ten plank­to­ni­scher Fo­ra­mi­ni­fe­ren von 647 Stand­or­ten un­ter­sucht. Plank­to­ni­sche Fo­ra­mi­ni­fe­ren le­ben in den obers­ten Was­ser­schich­ten al­ler Ozea­ne. Ster­ben sie, sin­ken ihre klei­nen Kalk­ge­häu­se auf den Mee­res­grund und blei­ben dort als Mi­kro­fos­si­li­en im Se­di­ment er­hal­ten.

Bei der Ana­ly­se der Da­ten für das LGM ist das Team auf sich un­ter­schei­den­de Mus­ter bei der Ar­ten­zu­sam­men­stel­lung ge­sto­ßen. Das wer­te­ten sie als Hin­weis dar­auf, dass die si­mu­lier­ten Tem­pe­ra­tu­ren nicht mit den tat­säch­li­chen Eis­zeit-Tem­pe­ra­tu­ren über­ein­stim­men.

„Un­se­re Ana­ly­se deu­tet dar­auf hin, dass die si­mu­lier­ten Tem­pe­ra­tu­ren im Nord­at­lan­tik zu warm und glo­bal zu gleich­mä­ßig wa­ren. Neue Si­mu­la­tio­nen mit schwä­che­rer Oze­an­zir­ku­la­ti­on, die we­ni­ger Wär­me in den Nor­den trans­por­tiert, und dar­aus re­sul­tie­rend ei­nem küh­le­ren Nord­at­lan­tik pass­te bes­ser in das Mus­ter“, er­klärt Lu­kas Jon­kers. Hin­ter­grund da­für ist die Stär­ke der at­lan­ti­schen me­r­idio­na­len Um­wälz­zir­ku­la­ti­on und Eis-Oze­an-Wech­sel­wir­kun­gen. Die For­schen­den kom­men zu dem Er­geb­nis, dass die neue Me­tho­de Mo­dell­ver­glei­che si­che­rer macht. Die neu­en Si­mu­la­tio­nen zei­gen, dass die Mo­del­le das Tem­pe­ra­tur­mus­ter wäh­rend des letz­ten Hoch­gla­zi­als kor­rekt be­rech­nen kön­nen. Laut Au­tor:in­nen­team deu­te das dar­auf hin, dass eine kor­rek­te Vor­her­sa­ge des räum­li­chen Tem­pe­ra­tur­mus­ters – wenn die rich­ti­gen Pro­zes­se be­rück­sich­tigt wer­den – auch für die Zu­kunft mög­lich ist.

Mehr Gewicht für räumliche Auswirkungen des Klimawandels

„Der glo­ba­le Kli­ma­wan­del wird auch re­gio­nal un­ter­schied­li­che Aus­wir­kun­gen ha­ben. Un­se­re Ge­sell­schaft und die Öko­sys­te­me hän­gen letzt­lich da­von ab, was auf klei­ne­ren räum­li­chen Ska­len, näm­lich um uns her­um ge­schieht“, schluss­fol­gert Jon­kers. „Un­se­re Stu­die un­ter­streicht die Not­wen­dig­keit, die räum­li­chen Aus­wir­kun­gen des Kli­ma­wan­dels zu un­ter­su­chen. Dies ist wich­tig, wenn wir über die Be­gren­zung der glo­ba­len Er­wär­mung auf 1,5 Grad spre­chen, denn die­ser Wert be­zieht sich le­dig­lich auf ein glo­ba­les Mit­tel.“

Die Pu­bli­ka­ti­on er­scheint im Rah­men der vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Bil­dung und For­schung (BMBF) fi­nan­zier­ten Kli­ma­mo­del­lie­rungs­in­itia­ti­ve Pal­Mod. Hier ar­bei­ten For­schen­de dar­an, das Kli­ma der ver­gan­ge­nen 130.000 Jah­re auf klei­ne­ren Zeits­ka­len zu ent­schlüs­seln, um Aus­sa­gen für ein Kli­ma der Zu­kunft tref­fen zu kön­nen. Ihr Ziel ist es, die Spann­brei­te der Mo­del­le und der ih­nen zu­grun­de­lie­gen­den Pa­ra­me­ter zu ver­ste­hen und bes­se­re Aus­sa­gen für die Zu­kunft zu tref­fen.

Die Stu­die ist das Er­geb­nis ei­ner Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen For­schen­den der Uni­ver­si­tät Bre­men und der Uni­ver­si­tät Ol­den­burg im Rah­men des Ex­zel­lenz­clus­ters „Der Oze­an­bo­den – un­er­forsch­te Schnitt­stel­le der Erde“. Be­tei­ligt sind au­ßer­dem Wis­sen­schaft­ler:in­nen des Al­fred-We­ge­ner-In­sti­tuts Helm­holtz-Zen­trum für Po­lar und Mee­res­for­schung Pots­dam und Bre­mer­ha­ven so­wie des Sou­thern Ma­ri­ne Sci­ence and En­gi­nee­ring Guang­dong La­bo­ra­to­ry Zu­hai (Chi­na) und der Ore­gon Sta­te Uni­ver­si­ty (USA).

Diese Pressemitteilung findet ihr beim MARUM.

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