Forschung

Was die Forschung untersucht und herausfindet, wird durch  Wissenstransfer greifbar und verständlich.
Und ermöglicht so sinnvolles und effektives Handeln für die Meere .

Marine Senke für menschgemachtes CO2 bestimmt

Ein dunkles Meer mit vielen kleinen Wellen, der Horizont ist bewölkt

© Ant Rozetsky / Unsplash

Die ETH Zürich hat ein internationales Forschungsprojekt geleitet, das über 13 Jahre die Menge der menschengemachten CO2-Emissionen, die die Meere aus der Atmosphäre aufgenommen haben, gemessen hat. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass je höher die CO2-Konzentration in der Luft ist, desto mehr CO2 absorbieren auch die Meere. Zwar leistet die ozeanische Kohlenstoffsenke für das Klima einen wichtigen Dienst, aber gleichzeitig versauern die Ozeane durch die steigende CO2-Aufnahme, sodass lebensnotwendige Meeresökosysteme zerstört werden.

 

Den zugehörigen Artikel „Marine Senke für menschgemachtes CO2 bestimmt“ von Michael Keller vom 14.03.2019 findet ihr bei ETH Zürich.

Wissenschaftler:innen haben das erste mesophotische Korallenriff Italiens entdeckt

graues korallenriff mit lila-pinken und orangenen Sprenkeln

© Corriero G., Pierri C., Mercurio M. et al. / Wikimedia Commons (CC-BY-4.0)

Obwohl es in der Vergangenheit viele Korallenriffe im mediterranen Raum gab, existieren dort heute nur noch wenige. Vor Italiens Küste gibt es nun 30 – 50 Meter unter der Wasseroberfläche wieder ein Korallenriff. Italienische Wissenschaftler:innen berichten im Magazin Nature, dass es sich bei dem mindestens zweieinhalb Kilometer langen Korallenriff um das einzige mesophotische Korallenriff im Mittelmeer handelt. Dieses Korallenriff befindet sich in der unteren Schicht der durchlichteten Zone, in der nur noch Restlicht durchdringt.

Kaltwasserkorallen sind weitgehend unerforscht. Lange Zeit wusste man nichts von ihnen und hielt sie für eine Mär. Es war einfach unvorstellbar, dass Korallen auch ohne Licht und Zooxanthellen, die Photosynthese betreiben, überleben können. Dabei ist das größte zusammenhängende Korallenriff der Welt ein Kaltwasserkorallenriff, das von Marokko bis nach Spitzbergen reicht. In letzter Zeit werden immer mehr Kaltwasserkorallenriffe entdeckt, sodass nun klar ist, dass diese kein Randphänomen darstellen.

Forscher:innen sehen in mesophotischen Korallen-Ökosystemen, die zu den Kaltwasserkorallen gehören, zudem das Potenzial, dass Korallen trotz steigender Meerestemperatur Bestand haben werden. Da Kaltwasserkorallen nicht auf Sonnenlicht angewiesen sind, können sie in großer Tiefe leben – anders als die in flachen und lichtdurchfluteten Bereichen lebenden tropischen Korallen. In größerer Tiefe wird jedoch noch nicht der Toleranzbereich der Korallen bezüglich der Wassertemperatur überschritten. Dies lässt Forscher hoffen, dass zumindest Kaltwasserkorallen überleben können, wenn wir den Temperaturanstieg begrenzen.

Den Artikel Wissenschaftler:innen haben das erste mesophotische Korallenriff Italiens entdeckt von Seyda Kurt vom 12.03.2019 findet ihr bei Ze.tt.
Ausführlicher ist der Artikel Erstes mesophotische Korallenriff in der Adria entdeckt von Tobias Möser vom 15.03.2019 auf der Internetseite des Netzwerks für Kryptozoologie.
Den Originalartikel findet ihr bei Nature.
Zur Temperaturtoleranz informiert der Artikel Korallen passen sich dem Klimawandel an von Spektrum von Kerstin Viering vom 24.10.2016.

Anhand der Kaltwasserkorallen lassen sich auch die Auswirkungen des Klimawandels auf die Ozeane gut erkennen. Wie, erfahrt ihr in dem Blogbeitrag Kaltwasserkorallen dokumentieren Umweltveränderungen.

Wie Treibhausgase wieder aus der Luft verschwinden

Ein Glas steht auf einem Holztisch. Es wird sprudeliges Mineralwasser eingeschenkt

© ExplorerBob / Pixabay

Die Schweizer Firma „Climeworks AG“ bietet Getränkefirmen aus der Luft gefiltertes CO2 an. Durch die speziellen Anlagen von Climeworks sollen die Treibhausgase aus der Luft eingefangen und dann in einem separaten Behälter gespeichert werden. Die Methode von Climeworks ist sehr kostenspielig: eine Tonne CO2 kostet aktuell etwa 500 Euro, im Vergleich dazu kostet im Europäischen Emissionshandel das Recht, eine Tonne Treibhausgase in die Atmosphäre zu blasen aktuell ca. 20 Euro – allerdings mit steigender Tendenz. Diese sogenannten negativen Emissionen, also die Entfernung von Treibhausgasen aus der Atmosphäre, stehen schon seit einigen Jahren im Fokus der Klimawissenschaftler:innen. Das 1,5-Grad Ziel des Pariser Klimaabkommens einzuhalten, ist laut diversen Klimamodellen auch nur durch Maßnahmen wie diese möglich. Trotzdem dürfen natürliche Maßnahmen, wie die Aufforstung von Wäldern, Mangroven und Seegraswiesen und ein Stopp der (Regen)Waldrodung, nicht zu kurz kommen.

Den Artikel „Wie Treibhausgase wieder aus der Luft verschwinden“ von Georg Ehring vom 13.12.2018 findet ihr beim Deutschlandfunk.

Eine andere, auch umstrittene Möglichkeit um Treibhausgase zu speichern, ist eine unterirdische Speicherung, zum Beispiel unter der Nordsee. Mehr darüber könnt ihr in unserem Klima- und Forschungsblog nachlesen.

Eisberg, doppelt so groß wie Berlin, droht abzubrechen

Zwei große Eisberge treiben auf dem Wasser in der Antarktis

© Long Ma / Unsplash

Auch am kältesten Ort der Erde wird die Erderwärmung immer mehr sichtbar. Im östlichen Bereich der Antarktis liegt das Brunt-Schelfeis, und seit Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich dort nur wenig verändert. Doch in den letzten Jahren haben Forscher:innen der NASA einen deutlichen Rückgang der Eiskante festgestellt. Hinzu kommen neue Risse, die das Eis durchziehen. Wenn die Furche größer wird, ist es möglich, dass sich ein Teil des Schelfeises selbstständig macht. Der entstehende Eisberg würde etwa doppelt so groß wie Berlin sein. Je nachdem, wie sich die Risse entwickeln, könnte auch die Forschungsstation „Halley VIa“ gefährdet sein. Sie musste schon mehrfach wegen der unsicheren Eis-Bedingungen geschlossen werden und ist bereits einmal umgezogen.

Den zugehörigen Artikel „Eisberg, doppelt so groß wie Berlin, droht abzubrechen“ vom 26.02.2019 findet ihr bei Spiegel Online.

Was es mit dem gigantischen Hohlraum in einem Antarktis-Gletscher auf sich hat, könnt ihr in unserem Klima- und Forschungsblog nachlesen.

Neuer IPCC Sonderbericht: Vor uns die Sintflut

Bäume stehen wegen Überschwemmungen im Wasser

© Peggychoucair / Pixabay

Laut einem geleakten Entwurf des Sonderberichts, den der Weltklimarat im September vorlegen will, gehen die Wissenschaftler:innen des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change, landläufig Weltklimarat genannt) davon aus, dass der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 um mehr als 1,3 m ansteigen könnte. Dabei sprach der IPCC in seinem Fünften Sachstandsbericht von 2014 noch von 98 cm im Worst Case Szenario. Grund für die Korrektur ist, dass sich die Annahme, das Eis der Antarktis sei stabil, als falsch herausgestellt hat. Inzwischen weiß man, dass sich der Eisverlust in den letzten 40 Jahren versechsfacht hat.

Doch nicht nur das Abschmelzen der Polkappen sollte uns zu denken geben, sondern auch Hitzeereignisse in den Meeren, die dem IPCC Bericht nach immer häufiger auftreten werden. Durch diese Hitzewellen wird der Toleranzbereich maritimer Lebewesen  überschritten, die weder fliehen noch sich anpassen können. Wärmere Ozeane führen zu mehr Extremwetterereignissen, mehr Regen, stärkeren Stürmen und höheren Wellen. Überschwemmungen werden unsere zukünftige Realität prägen.

Und als wären das nicht genug Hiobsbotschaften: Der IPCC erinnert auch daran, dass die Versauerung der Ozeane stetig zunimmt und dass es immer mehr Bereiche in den Meeren gibt, in denen zu wenig Sauerstoff im Wasser enthalten ist – sogenannte Todeszonen.

Den Artikel Vor uns die Sintflut von Verena Kern vom 10.02.2019 findet ihr beim Klimareporter°.

UPDATE: Den vollständigen Bericht Special Report on the Ocean and Cryosphere in a Changing Climate findet ihr auf der Internetseite des IPCC.
In unserem Blogbeitrag IPCC-Sonderbericht: Folgen des Klimawandels auf Ozeane und Eisgebiete haben wir ihn zusammengefasst und erläutert.

 

Forscher finden gigantischen Hohlraum in Thwaites-Gletscher

Auf einer Eisfläche im Wasser ist eine Pinguingruppe

© Jodeng / Pixabay

Amerikanische Forscher:innen haben im Thwaites-Gletscher einen gewaltigen Hohlraum entdeckt, der einst 14 Milliarden Tonnen Eis fasste. Zwar schmilzt das Eis im westlichen Teil der Antarktis wesentlich schneller als im östlichen Teil, jedoch ist diese Entdeckung höchst besorgniserregend, da der Hohlraum größtenteils in den letzten drei Jahren entstanden ist.

Der Thwaites-Gletscher spielt eine große Rolle bei der Vorhersage des künftigen Anstieges des Meeresspiegels. Der Gletscher, der ungefähr die Größe von Florida misst, ist zurzeit für vier Prozent des globalen Meeresspiegelanstieg verantwortlich. Schmilzt der Thwaites-Gletscher vollständig ab, würde das allein zu einem Anstieg von 65 Zentimetern führen. Allerdings ist aufgrund des Albedo-Effekts zu erwarten, dass das Eis immer schneller schmelzen wird, je mehr Eis verschwindet: Das Eis verschwindet nicht nur, weil es wärmer wird, sondern auch, weil die Wärme Strömungen und die Fauna auch in der Antarktis beeinflusst.

Den Artikel Antarktis: Forscher finden gigantischen Hohlraum in Antarktis-Gletscher vom 31.01.2019 findet ihr bei Spiegel online.

Haiforscherin filmt sich mit womöglich größtem Hai

großer weißer Hai mit kleinen Fischen von schräg unten fotografiert

© Gerald Schömbs / Unsplash

Die Haiforscherin und Umweltschützerin Ocean Ramsey hatte vor der Küste von Hawaii ein hautnahes Erlebnis mit dem wohl größten jemals verzeichneten Weißen Hai. Haie ziehen leider aufgrund der Medienberichterstattung, die sie als gefährliche Monster darstellt, keine Sympathie auf sich. Dabei sind sie enorm wichtig, um das Ökosystem Ozean in seiner Balance zu halten. Sie halten nämlich die Fischbestände auf einem gleich hohen Niveau und fressen insbesondere alte, schwache und dadurch langsame Fische.

Ramsey freut sich insbesondere über die Größe des Hais. Denn diese zeige, dass der Hai besonders alt ist und daher die vielen Todesfallen, die ihm die Menschen stellen, bislang überlebt hat. Zu diesen Todesfallen gehören Langleinen, Kiemennetze  – und Fischer, die die Tiere nur bejagen, weil sie sie für Monster halten. Hauptsächlich werden Haie bejagt, weil ihre Flossen als Delikatesse gelten: beim Haifinning werden den Haien bei lebendigem Leib die Flossen abgetrennt, dann wirft man sie zurück ins Meer wirft, wo sie qualvoll verenden.

Für Ramsey zeigen die veröffentlichten Filmaufnahmen, die sie mit dem Hai zeigen, dass Menschen nicht ins Beuteschema der Haie fallen. Haie sind also keine wahllos tötenden Räuber.

Den Artikel Diver filmed with huge great white: sharks must be ‚protected not feared‘ der Associated Press in Haleiwa (Hawaii) vom 19.01.2019 findet ihr bei The Guardian.

UPDATE: In der Corona-Pandemie erhöht sich zunehmend der Druck auf Haie, da diese aufgrund der Inhaltsstoffe in der Leber bejagt werden. Squalen ist nämlich auch in einigen Impfstoffen gegen das Corona-Virus enthalten. Diesem Thema geht der Blogeintrag Squalen in Covid-19 Impfung erhöht Druck auf Haie nach.

Ozeane erwärmen sich schneller als erwartet

Man blickt direkt an der Meeresoberfläche entlang, die Sonne scheint auf das Wasser und es gibt leichte Wellen

© Anastasia Taioglou / Unsplash

Eine neue Veröffentlichung im Wissenschaftsmagazin “Science“ aktualisiert – leider – die letzten Ergebnisse des Weltklimarates IPCC: Die Erwärmung der Ozeane geht noch schneller voran als bisher gedacht. Außerdem wird in den Meeren ca. 93 Prozent der Energie, die durch den anthropogenen Treibhauseffekt freigesetzt wird, aus der Atmosphäre aufgenommen und gespeichert. Die Ozeane sind ein extrem träges Speichermedium und selbst bei einer sofortigen und drastischen Reduzierung der Emissionen würden sie sich erst einmal weiter erwärmen. Das Jahr 2018 gilt bis jetzt als das heißeste Meeresjahr seit Beginn der Aufzeichnungen, ähnliche Spitzenwerte gab es aber auch in den drei Jahren davor. Wenn diesem Erwärmungstrend nicht entgegengesteuert wird, werden Auswirkungen wie der weitere Anstieg des Meeresspiegels, Korallenbleichen- und sterben, Strömungsänderungen und tropische Wirbelstürme mehr und mehr zu einer neuen Normalität.

Den zugehörigen Artikel Ozeane erwärmen sich schneller als erwartet von Joachim Müller-Jung vom 13.01.2019 findet ihr bei der FAZ.

Kaffeesatz statt Wissenschaft: WWF kritisiert „staatlich legitimierte Überfischung“

Pressemitteilung, 19.12.2018, WWF

EU einigt sich auf Fischfangmengen für 2019 / WWF kritisiert „staatlich legitimierte Überfischung“

Die EU Fischereiminister haben in der Nacht festgelegt, wie hoch die Fangmengen für das kommende Jahr für 89 Fischbestände in der Nordsee und dem Nordostatlantik sein dürfen. In der Nordsee dürfen im Jahr 2019 mehr Schollen und Seelachs, aber weniger Kabeljau und Heringe gefangen werden. Die Naturschutzorganisation WWF kritisiert in einer Stellungnahme die fortgesetzte „staatlich legitimierte Überfischung“ und fordert ein Umdenken in der EU-Fischereipolitik.

„Noch immer ist jeder zweite Fischbestand im Nordostatlantik überfischt. Doch anstatt auf wissenschaftliche Fakten und Empfehlungen zu bauen, betreiben die Fischereiminister willkürliche Kaffeesatzleserei, um die Quoten festzulegen. Europa wollte bis 2020 die Überfischung abschaffen. Mit den getroffenen Entscheidungen wird die Politik diese Selbstverpflichtung verfehlen und bedient die Interessen der Fischereiindustrie“, kritisiert Heike Vesper, Direktorin des WWF Meeresschutzprogramms. „Für die Erholung der Fischbestände muss zwingend weniger gefangen werden. Das ist doch kein Hexenwerk, sondern politische, ökologische und ökonomische Vernunft.

„Die Höchstfangmangen oder TACs (engl. Total Allowable Catch) sind eigentlich das zentrale Werkzeug des Fischereimanagements, um die Bestände gesund zu erhalten. Doch im Jahr 2017 lagen 44 Prozent der politischen Beschlüsse zu TACs teilweise deutlich oberhalb der wissenschaftlich ermittelten Grenzen. Darunter litt auch der Nordsee-Kabeljau. Für das kommende Jahr reduzierten die Minister dessen Fangmenge in der Nordsee um ein Drittel auf rund 29.400 Tonnen. Das ist allerdings immer noch mehr als nachhaltig wäre.

Die Europäische Union hat sich mit ihrer aktuellen Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) zu dem Ziel verpflichtet, bis 2020 alle eigenen Bestände auf ein nachhaltiges Niveau zu bringen. Nach WWF-Ansicht bleibt unklar, wie dieses zentrale Ziel in nur noch einem verbleibenden Jahr erreicht werden soll. Ebenso unklar ist, weshalb die zuständigen Minister die Entsorgung des „Beifangs“ auf offenem Meer nicht endlich angehen. „Vor fünf Jahren hat die Politik uns allen und dem Meer versprochen, mit dem neuen Gesetz gegen Rückwürfe die Fischverschwendung zu beenden. Doch heute sind wir kaum vom Startblock weg. Die Fischereilobby sperrt sich weiterhin und noch immer funktioniert die amtliche Kontrolle des Rückwurfverbotes nicht richtig“, kritisiert Vesper auch die deutsche Umsetzung der Fischereireform durch das zuständige Bundesministerium. Ab dem 01. Januar 2019 gilt das neue Gesetz in allen EU-Meeresgewässern. Der in großem Umfang praktizierte Rückwurf von Fischen, die zu klein sind, nicht der Zielart entsprechen oder über die Quote hinaus ins Netz gehen, sollte dann der Vergangenheit angehören. Doch dieses Versprechen haben die Minister mit ihrer Entscheidung nicht eingelöst.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.

Weiter Informationen zur Überfischung unsere Ozeane findet ihr hier.

Die Forderung von einer Beendung der Überfischung zum Welttag der Meere, von der Deutsche Umwelthilfe, Our Fish und Deepwave, könnt ihr in unserem Politikblog nachlesen.

 

 

 

Prof. Antje Boetius erhält den Deutschen Umweltpreis 2018

© Alfred-Wegener-Institut / Kerstin Rolfes (CC-BY 4.0)

Bereits zum 26. Mal wurde der Deutsche Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) vergeben, die Meeresbiologin Prof. Dr. Antje Boetius ist eine der Gewinnerinnen. Der mit 500.000 Euro dotierte Preis ist der größte unabhängige Umweltpreis Europas. Durch die Vergabe betont die DBU die große Bedeutung der Weltmeere für Klima, Lebensvielfalt und Nahrungsversorgung und warnt gleichzeitig vor dem Klimawandel, der Umweltverschmutzung und Überfischung.

Ein Leben für die Ozeane

Mit unterschiedlichen Schwerpunkten erforscht Antje Boetius die Biodiversität der Tiefsee, betreibt Wissenschaftskommunikation und setzt Projekte zwischen Wissenschaft, Kunst und Kultur um – die Ozeane und ihre Vielfalt sind die Themen der wohl bekanntesten Meeresforscherin Deutschlands. Ihren Anspruch an das Meer sieht sie dabei sogar durchaus romantisch: „Es geht darum, ein Paradies zu erhalten.“

Ende der 1980er begann Antje Boetius‘ Reise in die unbekannten Weiten der Tiefsee. Sie studierte Biologie an der Universität Hamburg und setzte Anfang der 90er mit einem Studium der Biologischen Ozeanographie an der Scripps Institution of Oceanography in den USA nach. Der Startschuss für eine beeindruckende Laufbahn war gefallen. Für ihre Diplomarbeit über Tiefseebakterien verbrachte Boetius einige Monate auf diversen Forschungsschiffen im Pazifik und Atlantik. Ihre Dissertation schrieb die heute 51-Jährige an der Universität Bremen dann im Jahr 1996 über „mikrobielle Stoffumsätze in der Tiefsee der Arktis“, bevor sie 2001 zunächst Assistenz-Professorin an der Jacobs University Bremen und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Alfred-Wegener-Institut im Fachbereich Geologie wurde. Seit 2009 ist sie Professorin für Geomikrobiologie an der Universität Bremen.

Die international hoch geschätzte Wissenschaftlerin, die seit November 2017 außerdem Direktorin am Alfred-Wegener-Institut (AWI) ist, dem Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven, wurde mit verschiedensten Preisen ausgezeichnet. Unter anderem erhielt sie für ihre Arbeit den Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis sowie den Communicator-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft, den Advanced Grand des Europäischen Forschungsrates und nun vor wenigen Tagen den Deutschen Umweltpreis.

Mit Begeisterung und ganzheitlicher Sicht gegen die Bedrohungen des Meeres

Plastikmüll, Klimawandel, Tiefseebergbau oder Überfischung – die Liste der Bedrohungen für das Meer ist lang. Während in der Bevölkerung insbesondere das Thema Plastikmüll aktuell große Beachtung findet, sieht Boetius die Themen für gleichermaßen bedeutsam und gefährlich an. Langfristig gedacht ist jedoch immer noch der Klimawandel die größte Bedrohung, denn schon jetzt gibt es laut Boetius keine Region mehr in den Ozeanen, die nicht von ihm betroffen ist. Algen und Mikroorganismen machen die oberen Zonen des Meeres produktiv, verändern sich allerdings durch den Klimawandel und haben somit eine direkte Wirkung auf die fernsten Tiefseetiere. Das Konzept „unberührte Natur“ wird es dadurch für zukünftige Generationen gar nicht mehr geben, so die Wissenschaftlerin.

Zum Verständnis der komplexen klimatischen Zusammenhänge hat Boetius mit dem Kerngebiet ihrer Forschung schon viel beitragen können. Beispielsweise wurde die Symbiose von Archaeen (Urbakterien) und Bakterien, die vom starken Treibhausgas Methan leben, erstmals von ihr entdeckt – eine wichtige Funktion in unserem Kohlenstoffkreislauf. Alle paar Jahre widmet sich die Forscherin allerdings wieder neuen Themen der Meeresbiologie, um das große Ganze zu sehen. Kein Wunder, denn auf ihren bald 50 mehrmonatigen Meeresexpeditionen weltweit kommt sie immer wieder mit neuen Phänomenen in Berührung – eine für sie unendliche Inspirationsquelle für Projekte und Forschung. Woher ihr unersättlicher Forschungswille stammt? Aus Neugierde auf das Unbekannte und der Faszination darüber, wie vieles wir noch immer nicht über unsere Welt wissen. Und natürlich daraus, wirklich etwas zu bewirken zu wollen.

»Mir ist wichtig, dass wir verstehen, dass das Wissen, Forschen und Entdecken ein Teil der Frage ist: Wer sind wir Menschen, wo wollen wir hin, wie wollen wir in Zukunft mit der Erde und den Meeren leben.«

Wissen und Kommunikation als Brücke

Schon kleinste Veränderungen in unserer Lebensweise haben Konsequenzen für die Ozeane – der Bedarf an Wissen darüber ist groß, ebenso wie der Bedarf daran, mehr über die Rolle der Ozeane in globalen Zusammenhängen zu erfahren. Es geht immer wieder darum, andere Arten des Umgangs mit der Natur herauszufinden, dafür ist Wissen ein bedeutender Schritt. Und genau dieses Wissen will die Meeresbiologin an möglichst viele Menschen weitergeben.

Es geht um Information, aber auch um Überzeugungen und das Bewirken von Veränderungen. Die Kommunikation mit den unterschiedlichsten Gruppen – ob Politiker, Medienschaffende oder Kinder – ist ein Schlüssel hierfür. Dafür geht Boetius gerne auch unkonventionelle Wege in Richtungen, in denen Wissenschaft sonst eher selten vorkommt. Beispielsweise in Kindersendungen und Unterhaltungsshows, in Lesungen mit Autoren oder Kulturveranstaltungen mit Musikern und Künstlern. Wer sich traut, neue Wege zu gehen, schafft es, unterschiedlichste Menschen zu erreichen und bisher unbeantwortete Fragen zu thematisieren – und genau das gelingt Boetius ausgezeichnet.

Luisa Münch für DEEPWAVE

Mehr darüber erfahrt in der Pressemitteilung vom AWI und in diesem Videobeitrag der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.

 

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